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<article class="rz"><h2>1. Einleitung</h2>
<p>Die <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">Europäische Kommission («EU-Kommision»)</a> hat am <a href="https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_7028" target="_blank" rel="noopener">22. Dezember 2021 einen Legislativvorschlag für eine Richtlinie zur Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung von Briefkastengesellschaften (engl. «Shell Companies») für Steuerzwecke</a> veröffentlicht. Kern der vorgeschlagenen Richtlinie ist die Einführung von Substanzkriterien zur Anerkennung der steuerlichen Ansässigkeit innerhalb der EU. Der veröffentlichte <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">Richtlinienentwurf («RL-E»)</a> ist eine weitere Massnahme der <a href="https://european-union.europa.eu/index_de" target="_blank" rel="noopener">Europäischen Union («EU»)</a> im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung. Ziel der Initiative ist es, den betroffenen Gesellschaften innerhalb der EU Meldepflichten aufzuerlegen und Steuervorteile abzuerkennen, wenn diese nicht eine angemessene Geschäftstätigkeit ausüben.<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1"><sup>01</sup></a></p>
<p>Aktuell befindet sich der <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> in der Verhandlungsphase der EU-Mitgliedstaaten und wird in Kürze dem <a href="https://www.consilium.europa.eu/de/european-council/" target="_blank" rel="noopener">Europäischen Rat («EU-Rat»)</a> zur Annahme vorgelegt.<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2"><sup>02</sup></a> Die <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> sieht im <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> vor, dass sie bis zum 30. Juni 2023 in nationales Recht der EU-Mitgliedstaaten umzusetzen und ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden sei.<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3"><sup>03</sup></a></p>
<p>Im Laufe des Jahres 2022 hat die <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> zudem bereits eine weitere Initiative angekündigt, wie der Behandlung substanzschwacher Unternehmen ausserhalb der EU zu begegnen ist.<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4"><sup>04</sup></a></p>
<h2>2. Definition «Briefkastenfirma»</h2>
<p>Unabhängig vom aktuellen <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> wurde der Begriff der Briefkastenfirma schon verschiedentlich definiert. Die <a href="https://www.oecd.org/ueber-uns/" target="_blank" rel="noopener">OECD</a> umschreibt den Begriff der Briefkastenfirma bspw. als Mantelgesellschaft, welche lediglich mit minimaler Organisation und dem Notwendigsten für einen Registereintrag in der jeweiligen Jurisdiktion ausgestattet ist. Die eigentliche wirtschaftliche Tätigkeit, falls eine solche denn vorliegt, wird in einer anderen Jurisdiktion ausgeübt.<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5"><sup>05</sup></a> Die <a href="https://www.fatf-gafi.org/" target="_blank" rel="noopener">Financial Action Task Force (FATF)</a> aus Sicht der Geldwäscherei sowie das <a href="https://www.ibfd.org/" target="_blank" rel="noopener">International Bureau of Fiscal Documentation (IBFD)</a> aus steuerlicher Optik definieren eine Briefkastenfirma annähernd deckungsgleich als Gesellschaft, der es an unabhängigen Geschäftstätigkeiten, wesentlichen Vermögenswerten oder Mitarbeitenden mangelt.<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6"><sup>06</sup></a> Die <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> selbst umschreibt in einem Communiqué von 2013 Briefkastenfirmen als Firmen, die mit dem Zweck eingerichtet wurden, von rechtlichen Schlupflöchern zu profitieren, ohne selbst Kunden Dienste zu leisten, sondern vielmehr eine Fassade darstellen für Dienstleistungen, die von ihren Inhabern erbracht werden.<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7"><sup>07</sup></a> Allen Definitionen liegt eine geringe Substanz für die Ausübung allfällig vorhandener Tätigkeiten zu Grunde.</p>
<p>Der <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> der <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> umschreibt Briefkastenfirmen als substanzschwache Gesellschaften, die keine oder nur minimale Geschäftstätigkeiten unterhalten. Dabei wurde der Begriff der Briefkastenfirma bewusst sehr weit gefasst und zielt darauf ab, alle Unternehmen zu erfassen, die aufgrund der geltenden Steuergesetzgebungen als in einem Mitgliedstaat steuerlich ansässig gelten. Es werden explizit auch Rechtsvereinbarungen wie Personengesellschaften vom <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> erfasst.<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8"><sup>08</sup></a></p>
<h2>3. Der Richtlinienentwurf</h2>
<h3>3.1 Beweggründe</h3>
<p>Die voraussichtliche Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von 15% per Ende 2023 wird die missbräuchliche Nutzung von Briefkastengesellschaften weiter eindämmen, aber aus Sicht der EU nicht vollständig beseitigen. Die globale Mindestbesteuerung betrifft multinationale Unternehmen, welche die Umsatzschwelle von EUR 750 Millionen überschreiten. Eine Vielzahl von Unternehmen, welche diesen Schwellenwert nicht erreichen, könnten weiterhin substanzschwache Gesellschaften zur Steuervermeidung oder Steuerhinterziehung verwenden.<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9"><sup>09</sup></a> Die <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> erkennt daher zusätzlichen Bedarf zur Bekämpfung von Briefkastengesellschaften. Die Notwendigkeit zeige sich insbesondere aus den Veröffentlichungen der letzten Jahre im Rahmen der <a href="https://www.srf.ch/news/wirtschaft/eu-belgische-gesetze-bevorteilten-multinationale-firmen" target="_blank" rel="noopener">«LuxLeaks» 2014</a>, <a href="https://www.srf.ch/news/international/panama-papers-fakten-und-folgen" target="_blank" rel="noopener">«Panama Papers» 2016</a> und <a href="https://www.srf.ch/news/international/pandora-papers-riesiges-datenleck-enthuellt-offshore-geschaefte-von-amtstraegern" target="_blank" rel="noopener">«Pandora Papers» 2021</a>.</p>
<p>Es ist zu begrüssen, dass die <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> im Rahmen des veröffentlichten <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> bejaht, dass es Gründe für die Nutzung von Unternehmen ohne tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeiten gibt. Aus der Konsultation mit den Interessengruppen kann zudem entnommen werden, dass die Beurteilung der notwendigen Substanz von der individuellen Situation abhängt und auf Basis der spezifischen Umstände zu beurteilen ist. Aus diesem Grund unterliegen die mit den sog. Gateway-Kriterien (s. weiter unten Abschnitt 3.c.) identifizierten Gesellschaften in erster Linie einer Meldepflicht. Es ist anschliessend durch die zuständigen Steuerbehörden zu beurteilen, ob es sich um eine schädliche Briefkastengesellschaft im Sinne der neuen Richtlinie handelt.</p>
<h3>3.2 Ziele</h3>
<p>Bis anhin gibt es innerhalb der EU keine steuerlich harmonisierten Mindestanforderungen zur Substanz. Es wurden zwar im Rahmen der <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/anti-tax-avoidance-directive_en" target="_blank" rel="noopener">«Anti-Tax-Avoidance Direktiven I – III»</a> sowie der <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/en/ALL/?uri=CELEX%3A32011L0016" target="_blank" rel="noopener">«Directive on Administrative Cooperation»</a> gemeinsame EU-Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung eingeführt, aber die Durchsetzung dieser Vorschriften ist innerhalb der EU-Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene nicht harmonisiert. Zudem können nationale Gerichte die bestehenden EU- und nationalen Vorschriften zur Bekämpfung unlauterer Steuerzwecke im Zusammenhang mit substanzschwachen Gesellschaften unterschiedlich anwenden. Die vorgeschlagene Richtlinie soll eine harmonisierte Rechtsanwendung anhand einheitlicher Substanzkriterien sicherstellen.<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10"><sup>10</sup></a></p>
<p>Mit dem <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> werden zudem Überwachungs- und Meldepflichten für Briefkastengesellschaften eingeführt. Durch die erhöhte Transparenz soll es den nationalen Behörden vereinfacht werden, die missbräuchliche Nutzung von Briefkastengesellschaften aufzudecken.<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11"><sup>11</sup></a></p>
<h3>3.3 Anwendung der Substanzrichtlinie – 7 Schritte</h3>
<p>Der <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> sieht einen Substanztest in 7 Schritten vor, der den Mitgliedstaaten helfen soll, betroffene Unternehmen zu identifizieren. Insbesondere sollen Unternehmen erfasst werden, die zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, aber nicht die dafür notwendige Substanz vorweisen und lediglich zur Erlangung von Steuervorteilen missbraucht werden. Im Folgenden werden die sieben Schritte dargelegt, mittels derer der <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> Briefkastengesellschaften identifizieren will.<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12"><sup>12</sup></a></p>
<h4>3.3.1 Schritt 1: Kriterien zur Identifizierung von Briefkastengesellschaften (sog. «Gateway-Kriterien»)<a href="#_ftn13" name="_ftnref13"><sup>13</sup></a></h4>
<p>In einem ersten Schritt werden anhand kumulativ zu erfüllender Gateway-Kriterien diejenigen Gesellschaften identifiziert, die von den Massnahmen der neuen Richtlinie betroffen sind. Der Fokus liegt dabei auf Gesellschaften, die grenzüberschreitende Tätigkeiten ausüben, mobil und für ihre eigene Verwaltung auf professionnelle Dienstleisterinnen angewiesen sind:</p>
<p>1. Gateway («Einkünfte»):<br />Mehr als 75% der in den vorangegangenen beiden Steuerperioden erzielten Einkünfte einer Gesellschaft sind sog. «relevante Einkünfte» (d.h. insb. passive Einkünfte wie Zinsen, Lizenzgebühren, Dividenden oder Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Aktien, Erträge aus Krypto-Assets oder unbeweglichem Vermögen) <u>oder</u> mehr als 75% der Vermögenswerte (zu Buchwerten) einer Gesellschaft bestehen aus Immobilien-vermögen oder nicht-betrieblichen Zwecken dienendem beweglichen Privatvermögen (wie bspw. Yachten, Privatjets, Kunst oder Eigenmittel).</p>
<p>2. Gateway («Grenzüberschreitung»):<br />Mind. 60% der relevanten Einkünfte werden durch grenzüberschreitende Transaktionen erzielt oder weitergeleitet oder mehr als 60% des Buchwerts der Vermögenswerte der Gesellschaft waren in den vorangegangenen beiden Steuerperioden ausserhalb des Mitgliedstaats der Gesellschaft belegen.</p>
<p>3. Gateway («Auslagerung»):<br />Die Gesellschaft hat in den vorangegangenen beiden Steuerperioden die Verwaltung des Tagesgeschäfts und die Entscheidfindung in wesentlichen Funktionen ausgelagert.</p>
<p>Gemäss <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> sind bestimmte Gesellschaften vom Substanztest ausgenommen, da das Risiko ihres Einsatzes für missbräuchliche Zwecke als gering eingestuft wird. Das sind insb. börsennotierte Gesellschaften, regulierte Finanzinstitute, Gesellschaften mit mind. 5 Vollzeitangestellten und Gesellschaften, die im Mitgliedstaat ihrer Muttergesellschaft ansässig sind.</p>
<p>Erfüllt eine Gesellschaft alle drei Gateway-Kriterien, unterliegt sie Meldepflichten gegenüber den lokalen Steuerbehörden.</p>
<h4>3.3.2 Schritt 2: Meldepflichten</h4>
<p>Erfüllen Gesellschaften die drei Gateway-Kriterien unterliegen sie in ihren Mitgliedstaaten bestimmten Meldepflichten. Mitunter werden sie in ihrer jährlich einzureichenden Steuererklärung detaillierte Informationen und Belege zu folgenden Substanz-Indikatoren einreichen müssen, um eine Qualifikation als Briefkastengesellschaft zu vermeiden:</p>
<ul>
<li>eigene Büroräumlichkeiten im Mitgliedstaat oder Büroräumlichkeiten, welche ausschliesslich der Gesellschaft zur Verfügung stehen;</li>
<li>mind. ein eigenes, aktives Bankkonto in einem EU-Mitgliedstaat;</li>
<li>mind. ein Geschäftsführer, der im Mitgliedstaat oder in unmittelbarer Nähe der Gesellschaft steuerlich ansässig ist, über eine angemessene Qualifikation und Autorisierung Entscheidungen zu treffen verfügt und diese auch regelmässig ausübt; oder alternativ die Mehrheit der Mitarbeitenden obgenannte Kriterien erfüllt. Der Geschäftsführer und die Mitarbeitenden müssen zudem durch ihre Tätigkeiten zu einem wesentlichen Teil der Einkünfte beitragen.</li>
</ul>
<h4>3.3.3 Schritt 3: Qualifikation als Briefkasten-gesellschaft</h4>
<p>Gelingt es der betroffenen Gesellschaft, überzeugende Belege für eine Minimalsubstanz zu erbringen, wird für die betroffene Steuerperiode von einer Qualifikation als Briefkastengesellschaft abgesehen. Kommt die zuständige Steuerbehörde zum Schluss, dass kein Mindestmass an Substanz gegeben ist, liegt eine Briefkastengesellschaft im Sinne des <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> vor.<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14"><sup>14</sup></a></p>
<h4>3.3.4 Schritt 4: Befreiung von der Meldepflicht aufgrund Erbringen des Gegenbeweises</h4>
<p>Liegt eine Qualifikation als Briefkastengesellschaft durch die zuständigen Steuerbehörden vor, steht es der betroffenen Gesellschaft offen, einen Gegenbeweis zu erbringen.</p>
<p>Im <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> ist explizit vorgesehen, dass Gesellschaften zusätzliche Informationen und Belege beibringen können, um Geschäftsaktivitäten und wirtschaftliche Gründe für die Errichtung und Führung der Gesellschaften im jeweiligen Mitgliedstaat zu erklären. Dies beinhaltet insb. auch Informationen zu Mitarbeiterprofilen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozessen innerhalb der Organisation sowie Dokumente, die beweisen, dass die Entscheidungen betreffend die Erzielung der wesentlichen Einkünfte effektiv im Mitgliedstaat stattgefunden haben.</p>
<p>Gelingt der Gegenbeweis, kann die Steuerbehörde die Gültigkeit der Befreiung von der Meldepflicht für eine Periode von 5 Jahren verlängern unter dem Vorbehalt, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht verändern.</p>
<h4>3.3.5 Schritt 5: Befreiung von der Meldepflicht aufgrund fehlender Steuervorteile</h4>
<p>Gelingt der Gegenbeweis nicht, kann die Gesellschaft unter Nachweis fehlender Steuervorteile eine Befreiung von den Meldepflichten erwirken.</p>
<p>Die Gesellschaft hat Informationen und Belege bereitzustellen, wonach durch die Gesellschaft weder den wirtschaftlich berechtigten Personen, noch einer allfälligen Unternehmensgruppe selbst Steuervorteile zukommen. Hierzu sind belegbare Daten aufzubereiten, die den Vergleich der Gesamtsteuerbelastung der wirtschaftlich berechtigten Personen bzw. der Unternehmensgruppe mit und ohne Zwischenschaltung der betroffenen Gesellschaft ermöglichen.</p>
<p>Die Steuerbehörde kann die Gültigkeit der Befreiung von der Meldepflicht für eine Periode von fünf Jahren unter dem Vorbehalt verlängern, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht verändern.<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15"><sup>15</sup></a></p>
<h4>3.3.6 Schritt 6: Steuerliche Konsequenzen</h4>
<p>Gelingt weder der Gegenbeweis noch die Befreiung aufgrund fehlender Steuervorteile, ergeben sich die folgenden steuerlichen Konsequenzen:</p>
<ul>
<li>Der Mitglied- bzw. Ansässigkeitsstaat verweigert die Ausstellung einer Ansässigkeitsbescheinigung oder versieht diese mit einem Warnhinweis, damit keine Abkommensvorteile erlangt werden können.<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16"><sup>16</sup></a></li>
<li>Erlangte Steuervorteile wie bspw. Quellensteuerrückerstattungen werden der Gesellschaft aberkannt oder nicht gewährt.</li>
<li>Die Einkünfte der Gesellschaft werden auf Ebene ihrer Anteilseigner durch den jeweiligen Mitglied- bzw. Ansässigkeitsstaat besteuert.<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17"><sup>17</sup></a> Dadurch können faktisch erhebliche Doppelbelastungen resultieren.</li>
</ul>
<p>Die Mitgliedstaaten sind zudem angehalten effektive, verhältnismässige und abschreckende Strafen vorzusehen. Gemäss Art. 14 <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> sind Verwaltungsstrafen in Form von Geldbussen in Höhe von mind. 5% des in der betreffenden Steuerperiode erzielten Umsatzes vorzusehen. Wohlverstanden werden die Strafen zusätzlich zu den allfällig resultierenden Doppelbelastungen und -besteuerungen erhoben.</p>
<h4>3.3.7 Schritt 7: Automatischer Informationsaustausch<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18"><sup>18</sup></a></h4>
<p>Die Mitgliedstaaten tauschen die erhaltenen Informationen zu Briefkastengesellschaften automatisch mit sämtlichen EU-Mitgliedstaaten und deren Verwaltungsbehörden aus.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/2DKY1b7HdTcdjAQTucL56Q/21198bb201c710fdf5e3d0d2f5a26180/_Band_2-2022_A7_Grafik1.png" alt="Grafik zu den 7 Schritten des Substanztests des RL-E im Artikel von Martin Meyer und Stefan Quaderer auf der zsis-Plattform zur Bekämpfung der missbräuchlichen Nutzung von Briefkastenfirmen." width="940" height="522" /></p>
<h3> 3.4 Anwendbarkeit der Richtlinie in der Schweiz und Liechtenstein</h3>
<p>Der <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> sieht in einem ersten Schritt eine Anwendung innerhalb der EU vor. Somit wird die Richtlinie in Liechtenstein als <a href="https://www.eda.admin.ch/dea/de/home/eu/europaeische-union/mitgliedstaaten-eu.html" target="_blank" rel="noopener">EWR-Mitgliedstaat</a> vorerst nicht umgesetzt.</p>
<p>In der <a href="https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_7028" target="_blank" rel="noopener">Pressemitteilung der EU-Kommission vom 22. Dezember 2021</a> wurde allerdings bereits darauf hingewiesen, dass im Laufe des Jahres 2022 eine Erweiterung der Initiative vorgelegt werden soll, um den Umgang mit Briefkastengesellschaften ausserhalb der EU zu regeln.<a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19"><sup>19</sup></a></p>
<h3>3.5 Nächste Schritte und Umsetzung des Vorschlags</h3>
<p>Der vorgeschlagene <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> erfordert von den <a href="https://www.eda.admin.ch/dea/de/home/eu/europaeische-union/mitgliedstaaten-eu.html" target="_blank" rel="noopener">27 EU-Mitgliedstaaten</a> zur Annahme Einstimmigkeit. Sofern die Annahme erfolgt, soll die Richtlinie bis zum 30. Juni 2023 in nationales Recht umgesetzt werden. In Kraft treten soll die Richtlinie am 1. Januar 2024.</p>
<h2>4. Fazit</h2>
<p>Die neue <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">Richtlinie</a> ist eine weitere Initiative der <a href="https://ec.europa.eu/info/index_de" target="_blank" rel="noopener">EU-Kommission</a> zur Bekämpfung missbräuchlicher Steuerpraktiken. Es ist kein Zufall, dass fast gleichzeitig zur Veröffentlichung des Vorschlags zur globalen Mindeststeuer eine Initiative zur Bekämpfung von Briefkastengesellschaften veröffentlicht wurde. Zielt die Mindeststeuer auf Konzerne und Gruppen mit einem Umsatz von mehr als EUR 750 Mio., soll die vorliegende Richtlinie kleinere Gesellschaften und Gruppen bekämpfen, die Steuervermeidungspraktiken anwenden. Die administrative Bewältigung, welche die Umsetzung der vorgesehenen Richtlinie mit sich bringt, stellt für KMU eine grosse Herausforderung dar.</p>
<p>Während die Richtlinie in einem ersten Schritt die Transparenz innerhalb der EU erhöht, ist bereits in diesem Jahr mit einem Vorschlag zur Erweiterung der Regelungen auf Briefkastenfirmen ausserhalb der EU zu rechnen. Somit werden auch Liechtenstein und die Schweiz sich mit den neuen Regelungen auseinandersetzen müssen.</p>
<p>Durch die Umsetzung der <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32015L0849" target="_blank" rel="noopener">4.</a> und <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex:32018L0843" target="_blank" rel="noopener">5. Geldwäschereirichtlinie</a> hat Liechtenstein bereits seit einigen Jahren in der lokalen Gesetzgebung Massnahmen verankert, die einerseits eine angemessene Substanz verlangen und andererseits verhindern, dass Gesellschaften lediglich zur Erlangung von Steuervorteilen aufgesetzt werden. Die bestehenden Regelungen sind indessen nicht deckungsgleich mit den im <a href="https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2021-12/COM_2021_565_1_EN_ACT_part1_v7.pdf" target="_blank" rel="noopener">RL-E</a> vorgesehenen Kriterien. Es ist daher zu erwarten, dass die Substanz von bestehenden Strukturen und Gesellschaften überprüft werden muss.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/ucKP5EjUCKJfCBUDMldfk/2acb481886056afad9b9d2b546f98bcc/_Band_2-2022_A7_Grafik2.png" alt="Grafik zur Zeitachse der Umsetzung der Richtlinie RL-E im Artikel von Martin Meyer und Stefan Quaderer auf der zsis-Plattform zur Bekämpfung der missbräuchlichen Nutzung von Briefkastenfirmen." width="940" height="522" /></p></article>
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