<article class="rz"><h2>1. Einordnung des DBA mit Italien</h2>
<p>Über Jahrzehnte hinweg wurde Liechtenstein von Italien als nicht-kooperativer Staat in Steuersachen bzw. als Niedrigsteuerstaat betrachtet und auf mehreren nationalen «schwarzen Listen» geführt, was die Anwendung besonderer Anti-Missbrauchsbestimmungen zur Folge hatte.</p>
<p>Die italienischen Vorschriften, die auf verschiedene nationale «schwarze Listen» Bezug nahmen, wurden vom Gesetzgeber in den letzten Jahren mehrfach geändert, auch aufgrund der Erfolge der OECD bei der Einführung der internationalen Steuertransparenzstandards und insbesondere des internationalen Steuerinformationsaustauschs. Im Kontext dieser Entwicklungen wurde Liechtenstein am 26. Februar 2015 aufgrund des Abschlusses eines Abkommens über den Informationsaustausch in Steuersachen auf Ersuchen, das auf dem Modell des OECD-Abkommens über den Austausch von Steuerinformationen (TIEA) basiert, bereits von der entsprechenden italienischen «schwarzen Liste» der nicht kooperativen Staaten gestrichen.</p>
<p>Die einzige «schwarze Liste», die in Italien in Kraft geblieben ist, ist die des Ministerialerlasses vom 4. Mai 1999, in der die Staaten mit einem privilegierten Steuersystem aufgeführt sind, d.h. ein Steuersystem, dessen Hauptmerkmal eine sehr niedrige oder Nullbesteuerung ist. Diese «schwarze Liste» gilt nur für die italienische Einkommensteuer und sieht die Umkehr der Beweislast für die tatsächliche Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes italienischer Bürger vor, die in einen dieser Staaten ausgewandert sind. Dazu gehört nach wie vor das Fürstentum Liechtenstein. Das heisst, wenn ein italienischer Staatsbürger beschliesst, seinen steuerlichen Wohnsitz nach Liechtenstein zu verlegen, gehen die italienischen Steuerbehörden von Rechts wegen davon aus, dass er seinen Wohnsitz in Italien beibehalten hat. Es obliegt dem Steuerpflichtigen, den Behörden mit geeigneten Unterlagen nachzuweisen und sie davon zu überzeugen, dass die Verlegung seines Wohnsitzes nach Liechtenstein tatsächlich und wirksam ist.</p>
<p>In der Vergangenheit wurde Liechtenstein auch von Spanien auf einer nationalen «schwarzen Liste» geführt und zum 10. Februar 2023 von dieser gestrichen. In jüngster Vergangenheit waren ebenfalls positive Signale vernommen worden, dass auch Portugal als letzter EU-Mitgliedsstaat Liechtenstein von seiner nationalen Liste streichen wird. Dies wäre in jeder Hinsicht gerechtfertigt, da Liechtenstein nie auf der «schwarzen Liste» des Europäischen Rates geführt wurde und höchste internationale Steuerstandards erfüllt.</p>
<h2>2. Ausgewählte Regelungen des DBA</h2>
<h3><strong>2.1 </strong>Anwendungsbereich</h3>
<h4>2.1.1 Persönlicher Anwendungsbereich</h4>
<p>Art. 1 des DBA Liechtenstein/Italien<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a></sup> besteht aus einem einzigen Absatz, der in Übereinstimmung mit der in Art. 1 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens 2017 (OECD-MA 2017) enthaltenen Bestimmung festlegt, dass das Abkommen auf natürliche und juristische Personen Anwendung findet, die in einem oder beiden Vertragsstaaten ansässig sind.</p>
<p>Die beiden neuen Absätze 2 und 3, die mit den Änderungen vom 21. November 2017 in Art. 1 des OECD-MA 2017 auf der Grundlage des BEPS-Projekts und insbesondere der Schlussfolgerungen des Berichts «Neutralising the Effect of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 - Final Report» bzw. des Berichts «Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6 - Final Report» eingefügt wurden, sind dagegen nicht vorgesehen.</p>
<h5>2.1.1.1 Personen im Sinne des DBA</h5>
<p>In Liechtenstein umfasst der Begriff «Person» neben natürlichen Personen auch Gesellschaften sowie alle anderen Personenvereinigungen (z.B. Personengesellschaften) sowie juristische Personen, wie Kapitalgesellschaften (z.B. AG, GmbH) oder auch andere juristische Personen (z.B. Stiftungen oder Treuunternehmen mit Persönlichkeit), die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden. Ansässig sind juristische Personen, wenn sie aufgrund des Ortes ihrer Gründung, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals in Liechtenstein steuerpflichtig sind.</p>
<p>In Italien umfasst der Begriff «Person» neben natürlichen Personen auch Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Europäische Gesellschaften im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001, Europäische Genossenschaften im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003, öffentliche und private Einrichtungen, die keine Gesellschaften sind (nicht anerkannte Vereinigungen, Konsortien und andere Organisationen), Organismen für gemeinsame Anlagen und opake Trusts.</p>
<p>Nach der Praxis der italienischen Steuerverwaltung handelt es sich bei intransparenten bzw. «opaken» Trusts um solche, deren Begünstigte nicht identifizierbar sind und deren Erträge direkt dem Trust zugerechnet werden. Dies ist der Fall bei unwiderruflichen und diskretionären Trusts. Intransparente Trusts werden daher von transparenten Trusts unterschieden, bei denen stattdessen Begünstigte identifiziert werden können und deren Einkünfte infolge der transparenten Behandlung den Begünstigten unabhängig von der tatsächlichen Vereinnahmung oder Ausschüttung zugerechnet und in deren Händen besteuert werden. Transparente Trusts fallen nicht unter die Definition einer Person für die Zwecke des DBA.</p>
<p>Zur steuerlichen Einordnung von Trust besteht in Italien mittlerweile eine umfangreiche Rechtsprechung, die auch auf Stiftungen und stiftungsähnliche Anstalten übertragbar ist und von der italienischen Steuerverwaltung analog angewendet wird.<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup></p>
<p>Für die liechtensteinische Anstalt ist zu berücksichtigen, dass sie sowohl in Bezug auf Ihre Zwecksetzung als auch in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht sehr flexibel ausgestaltet werden kann. Sie ist nach liechtensteinischem Recht eine juristische Person. Ihre Tätigkeit kann sich sowohl auf die Verwaltung und Anlage von Vermögenswerten, Beteiligungen an Gesellschaften und anderen Rechten (eine Tätigkeit, die im Allgemeinen nicht als unternehmerische Tätigkeit angesehen wird) als auch auf eine reine unternehmerische Tätigkeit jeglicher Art, aber auch die Verfolgung gemeinnütziger Ziele ausgerichtet sein.</p>
<p>Obwohl es in Italien keine vergleichbare juristische Person gibt, ist die Anstalt eine in Italien zivilrechtlich anerkannte juristische Person.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup> Die steuerliche Einordnung einer liechtensteinischen Anstalt variiert aus der Sicht Italiens jedoch in Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung der Anstalt.</p>
<p>Die italienischen Steuerbehörden haben sich in zwei Praxisdokumenten<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup> mit der steuerlichen Behandlung stiftungsähnlich ausgestalteter Anstalten befasst. Diese stellen klar, dass anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilen ist, ob es sich um ein fiktiv zwischengeschaltetes (transparentes) Vehikel oder ob es sich stattdessen um eine andere juristische (intransparente) Person handelt.</p>
<p>Eine stiftungsähnliche Anstalt wird jedenfalls dann nicht als intransparente juristische Person anerkannt, wenn die Kontrolle und die Verfügungsmacht über das Vermögen tatsächlich weiter den Begünstigten oder Stiftern zustehen, ohne dass es zu einer Trennung der Vermögenswerte kommt. Für körperschaftsähnliche Anstalten, die bspw. vergleichbar einer GmbH über ein in Anteile zerlegtes Kapital und keine Begünstigungen verfügen, dürfte hingegen die Abkommensberechtigung unzweifelhaft akzeptiert werden.</p>
<h5>2.1.1.2 Ansässigkeit</h5>
<p>Der Begriff der Ansässigkeit<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> ist mit Art. 4 Abs. 1 Halbsatz 1 OECD-Musterabkommen 2017 identisch, wonach eine in einem Vertragsstaat ansässige Person eine Person ist, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.</p>
<p>Liechtensteinische juristische Personen, einschliesslich Stiftungen, Anstalten und Treuunternehmen mit Persönlichkeit, die in Liechtenstein einer unbeschränkten Steuerpflicht bzw. ordentlichen Ertragsbesteuerung (nach Art. 44 ff. des liechtensteinischen Steuergesetzes; SteG) unterliegen, sind als ansässige Personen im Sinne des Abkommens berechtigt, sich auf die Vorteile des Abkommens zu berufen.</p>
<p>Personen (einschliesslich Anstalten), die in Liechtenstein ausschliesslich der Mindestertragssteuer (CHF 1.800) unterliegen (einschliesslich Privatvermögensstrukturen (PVS)) sind von der Abkommensberechtigung ausgeschlossen.<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup> Nur für die Anwendung des Art. 16 DBA (Besteuerung von Verwaltungs- bzw. Stiftungsratsvergütungen) gelten diese Personen jedoch als abkommensberechtigt, wodurch Liechtenstein sein nationales Besteuerungsrecht (12% Quellensteuerabzug) aufrechterhalten kann.</p>
<p>Gemeinnützige Rechtsträger oder Organisationen, die ausschliesslich zu karitativen, religiösen, humanitären, wissenschaftlichen, kulturellen oder ähnlichen Zwecken bestehen oder gegründet werden, sind hingegen abkommensberechtigt,<sup><a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a></sup> auch dann, wenn alle ihre Einkünfte steuerbefreit sind (abstrakte Steuerpflicht). Anerkannte Pensionsfonds (darunter auch die liechtensteinische AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) sowie die betrieblichen Pensionskassen) sind ebenfalls ausdrücklich zur Inanspruchnahme der Abkommensvorteile berechtigt.</p>
<p>Für Investmentfonds (OGAW<sup><a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a></sup> und AIF<sup><a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a></sup>), die in Liechtenstein in vergleichbarer Weise persönlich ertragssteuerpflichtig sind, aber von einer vollumfänglichen sachlichen Steuerbefreiung profitieren, fehlt jedoch eine entsprechende Klarstellung.</p>
<p>Gesellschaften ohne Persönlichkeit (Personengesellschaften) werden weder in Liechtenstein noch in Italien als Steuersubjekte behandelt, sodass die Abkommensberechtigung auf Ebene der Gesellschafter zu prüfen ist. Dies gilt auch für Investmentfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft. Ähnlich verhält es sich auch mit den besonderen Vermögenswidmungen ohne Rechtspersönlichkeit (Trusts), die aus liechtensteinischer Perspektive nicht abkommensberechtigt sind. Opake Trust, die in Italien ansässig sind, unterliegen als eigenes Steuersubjekt mit ihren Erträgen der Körperschaftssteuer und sind daher grundsätzlich abkommensberechtigt.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/2N9SWJ5UtXjCaNS3ByvL8j/38d01b93930c4c61ebff1b490d53cca2/2024_Grafik_A5_Tab1.png" alt="Tabelle zur Abkommensberechtigung vergleicht Liechtenstein und Italien im steuerrechtlichen Artikel von Florian Kloster und Sebastiano Garufi" width="900" height="329" /></p>
<h4>2.1.2 Sachlicher Anwendungsbereich</h4>
<p>Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich auf alle Steuern, die vom Einkommen (nicht aber vom Vermögen) erhoben werden. In Liechtenstein sind das die Erwerbssteuer (für natürliche Personen), die Ertragssteuer (für juristische Personen) sowie die Grundstücksgewinnsteuer (für natürliche und juristische Personen). Liechtenstein besteuert zwar auch das Vermögen, aber nur mit einem Sollertrag im Rahmen der Erwerbssteuer. Vor diesem Hintergrund stellt das Abkommen klar, dass der liechtensteinische Sollertrag ausdrücklich als Erwerbssteuer anzusehen ist, was insbesondere für Zwecke der Steueranrechnung von Relevanz ist.<sup><a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a></sup> Nicht erfasst sind hingegen Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie indirekte Steuern (z.B. Mehrwertsteuer).</p>
<p>In Italien gehören die Einkommensteuer («Imposta sul Reddito delle Persone Fisiche», IRPEF), die Unternehmensgewinnsteuer («Imposta sul Reddito delle Società», IRES) und die regionale Steuer auf Produktionstätigkeiten («Imposta Regionale sulle Attività Produttive», IRAP) zu den Steuern, die in den Anwendungsbereich der DBA fallen, auch wenn sie durch Quellensteuer erhoben werden. In Italien gibt es keine Vermögenssteuern im eigentlichen Sinne, und Steuerabgaben mit einigen ähnlichen Merkmalen werden nicht in den Anwendungsbereich der DBA einbezogen.</p>
<p>Für die Erlangung der Abkommensvorteile ist nicht allein die Abkommensberechtigung der jeweiligen ansässigen Person und die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen der Verteilungsnormen entscheidend, sondern der Anspruch auf Abkommensvorteile wird regelmässig nur vorbehaltlich des Eingreifens der Anti-Missbrauchsbestimmungen, insb. Art. 28 DBA,<sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup> gewährt.</p>
<h3><strong>2.2 </strong>Verteilungsnormen</h3>
<h4>2.2.1 Betriebsstätten- und Unternehmensbesteuerung</h4>
<p>In Übereinstimmung mit dem OECD-MA 2017, wird die Besteuerung von Unternehmenseinkünften durch die Bestimmungen in Art. 5 und Art. 7 DBA geregelt, die bekanntlich die Definition einer Betriebsstätte bzw. die Regeln für die Besteuerung von Unternehmensgewinnen enthalten.</p>
<p>Im Besonderen ist anzumerken, dass der Wortlaut von Art. 5 DBA mit dem des OECD-MA 2017 vollständig übereinstimmt. Die Bestimmungen zur Besteuerung von Betriebsstätten und Unternehmen setzen (Art. 7 DBA), beruhend auf dem OECD-MA 2010, den Grundsatz des Authorized OECD Approach (AOA) um. Entsprechend ist die sog. «Selbständigkeitsfiktion» der Betriebsstätte festgehalten, wonach diese als eine weitgehend selbstständige Einheit betrachtet wird und ihr die Gewinne zugerechnet werden, die sie als ein eigenständiges Unternehmen voraussichtlich erzielen würde. Die Gewinnabgrenzung von Gewinnen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte erfolgt, wie auch bei verbundenen Unternehmen, unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Im Unterschied zum DBA zwischen Liechtenstein und den Niederlanden, das ab dem 01.01.2022 anwendbar ist, ist zu beachten, dass die korrespondierende Gegenkorrektur im jeweils anderen Vertragsstaat nicht unter einem Zustimmungsvorbehalt steht.</p>
<p>In Übereinstimmung mit dem OECD-MA 2017 sind im DBA auch die Bestimmungen zur Vertreterbetriebsstätte enthalten. Zur Begründung einer solchen Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat kann es ausreichen, wenn der Vertreter eines Unternehmens einen wesentlichen Beitrag zum Abschluss von Verträgen leistet, sodass die Gesellschaft den Vertrag ohne wesentliche Änderungen mit den vom Vertreter ausgehandelten Bedingungen abschliessen kann. Der Vertreter muss demnach den Vertrag nicht selbst unterzeichnen, sondern es ist ausreichend, wenn er lediglich eine wesentliche Rolle («principal role») beim Abschluss von Verträgen spielt bzw. einen wesentlichen Beitrag zum Abschluss von Verträgen leistet. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es sich um einen unabhängigen Vertreter handelt.</p>
<p>Zu beachten ist, dass sofern die nationale Betriebsstättendefinition (bspw. im Fall von Italien, das den Betriebsstättenbegriff eher weit fasst) über die Definition des Abkommens hinausgeht, die Unternehmensgewinne nur im Rahmen des enger gefassten abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriffs (in Italien) besteuert werden dürfen. Besteht aber nach nationalem Recht kein Besteuerungsrecht (bspw. mangels der Regelung einer Vertreterbetriebsstätte; vgl. Art. 2 SteG), kann dieses nicht durch die Regelung des DBA begründet werden.</p>
<p>Entsprechend dem OECD-MA 2017 enthält Art. 5 DBA auch die neue sog. «Anti-fragmentation-rule», die in Abs. 4.1. des Art. 5 OECD-MA 2017 vorgesehen ist und wonach bestimmte vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten, die an sich nicht zur Begründung einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte genügen, eine solche aber dennoch begründen, wenn die Gesamttätigkeit in einem Vertragsstaat nur deshalb keine Betriebstätte zu begründen vermag, weil die Gesamttätigkeit in eine Vielzahl an sich unbedeutender Teiltätigkeiten aufgespalten wurde. Dieser Absatz wurde auf der Grundlage des Berichts «Preventing the Artificial Avoidance of Permanent Establishment Status, Action 7 - Final Report» in das OECD-MA 2017 aufgenommen.</p>
<h4>2.2.2 Unselbstständige Arbeit</h4>
<p>Die Verteilungsnorm des Art. 15 DBA entspricht dem OECD-MA 2017 und weist das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat zu, sofern die Tätigkeit nicht im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Darüber hinaus wurde auch die 183-Tage-Regelung des Art. 15 Abs. 2 OECD-MA 2017 übernommen, die im Verhältnis zu Art. 15 Abs. 1 DBA vorrangig ist.</p>
<p>Danach wird beispielsweise ein in Liechtenstein ansässiger Arbeitnehmer, der zwei oder drei Monate in Italien tätig wird (Tätigkeitsort), aber weiterhin von seinem in Liechtenstein ansässigen Arbeitgeber - welcher in Italien weder eine Betriebsstätte noch eine feste Einrichtung begründet - sein Gehalt bezieht, gemäss der 183-Tage-Regelung ausschliesslich in seinem Ansässigkeitsstaat in Liechtenstein der Besteuerung unterliegen (abschliessendes Besteuerungsrecht aufgrund des Vorrangs der 183-Tage-Regelung). Greift die 183-Tageregelung nicht, kann auch der andere Staat (in diesem Beispiel Italien) taggenau besteuern. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt jeweils im Wege der Anrechnungsmethode.</p>
<p>Zu beachten ist, dass analog zu Art. 14 DBA für die Berechnung 183-Tage-Frist nicht das Steuerjahr oder Kalenderjahr massgeblich ist, sondern auf einen Zeitraum von zwölf Monaten abzustellen ist, der während des betreffenden Steuerjahres beginnen oder enden kann. Dies stellt einen wesentlichen Unterscheid zu vielen Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz dar.<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup></p>
<h4>2.2.3 Selbstständige Arbeit</h4>
<p>Das DBA enthält im Gegensatz zum OECD-MA 2017 eine eigenständige Verteilungsnorm für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die an die Regelung des Art. 14 Abs. 1 des Musterabkommens der United Nations (UN-MA) angelehnt ist. Als selbstständige Tätigkeiten gelten freiberufliche Tätigkeiten sowie sonstige selbstständige Tätigkeiten. Die Definition der freiberuflichen Tätigkeit ist im Sinne des Art. 14 UN-MA bzw. auch des Art. 14 Abs. 2 OECD-MA vor 2000 zu verstehen. Dies betrifft insbesondere selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische oder unterrichtende Tätigkeiten sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Zahnärzte und Buchsachverständigen.</p>
<p>Entsprechende Einkünfte können grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat der Person besteuert werden, es sei denn, ihr steht im anderen Vertragsstaat für die Ausübung der Tätigkeit für gewöhnlich eine feste Einrichtung (im Sinne des Art. 5 DBA) zur Verfügung. Darüber hinaus können Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aber auch dann im anderen Staat besteuert werden, wenn sich der Steuerpflichtige in diesem Staat insgesamt länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, aufhält. Relevant ist damit jeder 12-Monatszeitraum, auch wenn er über das Kalender- oder Steuerjahr hinausgeht. Die Fristberechnung richtet sich nach denselben Grundsätzen wie sie für die 183-Tage-Regel nach Art. 15 Abs. 2 DBA zur Anwendung gelangen.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/6gNQ4G27e1b1Ki6LkRj1iW/91916514e5b158315d43f3cb634c3005/2024_Grafik_A5_Abb1.png" alt="Abbildung 1 zur 183-Tage-Regeleung bei selbständiger Tätigkeit und der Frage des Wechsels des Besteuerungsrechts zwischen Italien und Liechtenstein" width="900" height="351" /></p>
<h4>2.2.4 Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren sowie Veräusserungsgewinne</h4>
<p>In Bezug auf die Quellenbesteuerung von qualifizierten Dividenden im Konzernverhältnis (25% unmittelbare Beteiligung während einer Haltedauer von 365 Tagen einschliesslich des Dividendenstichtags) wurde ein Steuersatz von 0% und in allen anderen Fällen von 10% vereinbart.</p>
<p>Veräusserungsgewinne aus der Veräusserung von Anteilen oder vergleichbaren Rechten, wie Rechten an einer Personengesellschaft oder einem Trust, können nur im Staat besteuert werden, in dem der Veräusserer ansässig ist (Art. 13 Abs. 5 DBA (abschliessendes Besteuerungsrecht)).</p>
<p>Eigenkapitalinvestition in italienische Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person werden damit in Anbetracht der Höhe der nationalen italienischen Quellensteuer auf Dividenden von 26% deutlich attraktiver, wie die nachfolgenden Beispiele für die Investition durch natürliche Personen (Abb. 2) bzw. juristische Personen (Abb. 3) verdeutlichen.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/5QaQ62Kfc8XDHzjvlZNYnh/3e96afe10f368c99f248aebae077c8ab/2024_Grafik_A5_Abb2.png" alt="Abbildung 2 zu den Eigenkapitalinvestitionen durch natürliche Personen aus Liechtenstein in Unternehmen in Italien" width="900" height="360" /></p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/3k73MTkcsljcJngu6AXeCI/f0d24a32b43826c61d6e7819bc472504/2024_Grafik_A5_Abb3.png" alt="Abbildung 3 zu den Eigen- und Fremdkapitalinvestition im Konzernverhältnis zwischen Liechtenstein und Italien" width="900" height="585" /></p>
<p>Gewinne aus der Veräusserung von Liegenschaften und von Anteilen an Immobiliengesellschaften (Grundbesitz > 50% der Aktiva zu irgendeinem Zeitpunkt, während der der Veräusserung vorangehenden 365 Tage) können in Übereinstimmung mit dem OECD-MA 2017 auch im Belegenheitsstaat des unbeweglichen Vermögens besteuert werden. Der Ansässigkeitsstaat muss die Doppelbesteuerung im Wege der Anrechnungsmethode vermeiden (Abb. 4).</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/43TKBYyfLpjAuDtNKHvYTj/b266b48bc5a96a65bd151657473a8bb2/2024_Grafik_A5_Abb4.png" alt="Abbildung 4 zur Veräusserung einer Immobiliengesellschaft zwischen Liechtenstein und Italien" width="900" height="495" /></p>
<p>Für Zinsen und Lizenzen wurde ebenfalls ein Steuersatz von 10% vereinbart, wobei die Vermeidung der Doppelbesteuerung gemäss dem Methodenartikel mittels Steueranrechnung erfolgt (kein abschliessendes Besteuerungsrecht).</p>
<p>Für Zinseneinkünfte im öffentlichen Bereich enthält das Abkommen eine besondere Bestimmung, wonach keine Quellensteuer einzubehalten ist, wenn der Schuldner der Zinsen die Regierung eines Vertragsstaates oder eine seiner Gebietskörperschaften ist.</p>
<p>Das Besteuerungsrecht des Quellenstaates entfällt ebenfalls, wenn die Zinsen an die Regierung des anderen Vertragsstaates, eine seiner Gebietskörperschaften, die Zentralbank des anderen Vertragsstaates oder einen anerkannten Pensionsfonds gezahlt werden. Bestimmte liechtensteinische öffentliche Einrichtungen und anerkannte Pensionsfonds (darunter auch die liechtensteinische AHV sowie die betrieblichen Pensionskassen) profitieren ebenfalls vom Nullsatz auf Zinsen. Die betroffenen Einrichtungen auf italienischer Seite werden in Ziff. 6 des Protokolls zum DBA genannt. Fremdkapitalinvestitionen in italienische Unternehmen und bestimmte staatliche Einrichtungen gewinnen ebenso wie Eigenkapitalinvestitionen deutlich an Attraktivität.</p>
<p>In Anbetracht der Höhe der italienischen Quellensteuer auf Zinsen von 26% gegenüber juristischen Personen und auf Lizenzgebühren von 22.5% (30% auf 75% der Brutto-Lizenzgebühren) stellen die abkommensrechtlichen Beschränkungen der nationalen Quellensteuer aus liechtensteinischer Perspektive eine deutliche Entlastung bzw. Förderung grenzüberschreitender Investitionen dar. Die abkommensrechtliche Definition von Zinsen und Lizenzgebühren entsprechen dem OECD-MA 2017.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/7e22qI1AiRNlooAeJICi8k/1e638505659237bb7987b1c834d4aed3/2024_Grafik_A5_Tab2.png" alt="Tabelle zu den Quellensteuern nach DBA im Artikel von Florian Kloster und Sebastiano Garufi" width="900" height="236" /></p>
<p>In grenzüberschreitenden Fällen sind neben abkommensrechtlichen Fragen (einschliesslich der abkommensrechtlichen Anti-Missbrauchsregelungen) auch nationale Vorschriften, insbesondere nationale Anti-Missbrauchsregelungen, zu beachten. Dies gilt im Besonderen für die italienische CFC-Besteuerung (Hinzurechnungsbesteuerung). Liechtenstein kennt hingegen keine CFC-Besteuerung.</p>
<h4>2.2.5 Aufsichtsrat- und Verwaltungsratsvergütungen</h4>
<p>Vergütungen an Mitglieder des Aufsichts-, Stiftungs- oder Verwaltungsrats oder eines ähnlichen Organs, die sie für ihre Organfunktion erhalten (Sitzungsgelder, feste Entschädigungen, Tantiemen und andere Vergütungen), können nach Art. 16 DBA auch im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Die von liechtensteinischen Gesellschaften (einschliesslich solcher Rechtsträger, die für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt werden) einzubehaltende Quellensteuer beträgt 12% der Bruttoentschädigung (Art. 24 Abs. 2 Bst. b SteG). Das Recht zum nationalen Quellensteuerabzug bleibt Liechtenstein durch die Anwendung des Abkommens erhalten. Dies gilt auch dann, wenn die in Liechtenstein ansässige Gesellschaft ausschliesslich der Mindestertragssteuer unterliegt.<sup><a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a></sup> Der Ansässigkeitsstaat (im Beispiel in Abb. 5 Italien) vermeidet die Doppelbesteuerung durch die Anwendung der Anrechnungsmethode.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/3euIgo5kHlemiPGLAhaP8C/e8099d607a176800c21c01982f88f980/2024_Grafik_A5_Abb5.png" alt="Abbildung 5 zu Stiftungsratsvergütungen im internationalen Verhältnis zwischen Liechtenstein und Italien" width="900" height="414" /></p>
<h4>2.2.6 Ruhegehälter, Renten und Sozialversicherungsleistungen</h4>
<p>Ruhegehälter oder ähnliche Vergütungen werden in Art. 18 DBA geregelt und können im Quellenstaat besteuert werden. Dies gilt sowohl für Ruhegehälter als auch für ähnliche Vergütungen, die in regelmässigen Abständen oder als Einmalzahlung gezahlt werden. Aus liechtensteinischer Perspektive betrifft dies sowohl Zahlungen aus der 1. Säule (AHV/IV/FAK) als auch aus der 2. Säule (berufliche Vorsorge (Pensionskassen)).</p>
<h4>2.2.7 Künstler und Sportler</h4>
<p>Die Einkünfte von Künstlern und Sportlern werden in Art. 17 DBA geregelt und können vorbehaltlich der Art. 14 und 15 DBA in dem Staat besteuert werden, in dem die Tätigkeit persönlich ausgeübt wird, auch wenn die Vergütung nicht dem Künstler oder Sportler selbst zufliesst. Die Doppelbesteuerung hat in diesen Fällen der Ansässigkeitsstaat durch die Anwendung der Anrechnungsmethode zu vermeiden. Abweichend vom OECD-MA 2017 enthält Art. 17 Abs. 3 DBA eine Besonderheit. Das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates mit der Anrechnung im Ansässigkeitsstaat wechselt zur ausschliesslichen Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Künstlers oder Sportlers, wenn dessen Auftritt vollständig oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln des Ansässigkeitsstaates finanziert wird.</p>
<h3><strong>2.3 </strong>Vermeidung der Doppelbesteuerung</h3>
<p>Italien wendet für Einkünfte, die nach diesem Abkommen in Liechtenstein besteuert werden können, die Anrechnungsmethode an. Die Anrechnung ist jedoch begrenzt, auf jenen Teil der italienischen Steuern, der nach dem Verhältnis der genannten Einkünfte zum Gesamteinkommen auf diese Einkünfte entfällt.</p>
<p>Ist hingegen Liechtenstein der Ansässigkeitsstaat und darf Italien die betreffenden Einkünfte besteuern, vermeidet Liechtenstein die Doppelbesteuerung im Grundsatz durch die Anwendung der Freistellungsmethode, wobei hiervon zahlreiche Ausnahmen bestehen.</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/77gD9ImMJlymSc0C1rFHuu/fc86480100689886f7603312fc88875b/2024_Grafik_A5_Tab3.png" alt="Tabelle zu den Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Liechtenstein und in Italien" width="900" height="410" /></p>
<p>Wie in vielen anderen liechtensteinischen DBA (bspw. im DBA Liechtenstein/Deutschland in Nr. 1 des Protokolls zur Art. 2) wurde auch mit Italien vereinbart, dass die Besteuerung des Sollertrags für Zwecke des Abkommens als eine Steuer vom Einkommen gilt, womit eine Anrechnung auf die aus dem Sollertrag resultierende Erwerbssteuer sichergestellt wird. Da weder Liechtenstein noch Italien über originäre Vermögenssteuern im abkommensrechtlichen Sinn verfügen, wurde auf Verteilungsnormen oder sonstige Bestimmungen über eine Vermögenssteuer verzichtet.</p>
<h3><strong>2.4 </strong>Besondere Bestimmungen</h3>
<h4>2.4.1 Missbrauchsvermeidung</h4>
<p>Die Abkommensvorteile sind nach Art. 28 DBA zu verweigern, wenn einer der Hauptzwecke der gewählten Transaktion bzw. Struktur die Erlangung von Abkommensvorteilen ist. Dabei sind sämtliche massgeblichen Tatsachen und Umstände zu berücksichtigen. Diese Anti-Missbrauchsbestimmung entspricht dem «principal purpose test, PPT» nach dem OECD-MA 2017 und setzt den im bekannten «OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project» vorgesehenen Mindeststandard um.</p>
<p>Genauer gesagt besteht Art. 28 DBA nur aus einem Absatz und setzt in seinem Wortlaut die Bestimmungen von Art. 29 Abs. 9 des OECD-MA 2017 vollständig um, der auf der Grundlage des von der G20 am 15. und 16. November 2015 angenommenen Berichts «Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6 - Final Report» in das OECD-MA 2017 eingefügt wurde.</p>
<h4>2.4.2 Verständigungs- und Schiedsverfahren</h4>
<p>Nachdem DBA-Konflikte hinsichtlich der Ansässigkeit von Gesellschaften und anderen Personenvereinigungen (Art. 4 Abs. 3 DBA) nur durch ein Verständigungsverfahren (Art. 24 DBA) beseitigt werden können, kommt diesem Verfahren eine immer grössere Bedeutung zu. Hiernach werden sich die zuständigen Behörden bemühen durch Verständigung Fälle so zu regeln, sodass eine dem DBA nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird. Art. 24 DBA entspricht der gängigen Abkommenspraxis Liechtensteins.</p>
<p>Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens muss binnen drei Jahren nach der ersten Besteuerungsmassnahme eines Vertragsstaates gestellt werden. Auf Wunsch Italiens muss der Antrag bei der zuständigen Behörde des Ansässigkeitsstaates der Steuerpflichtigen eingebracht werden oder im Falle einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes betreffend die Staatsangehörigkeit (Art. 23 Abs. 1 DBA) bei der Behörde seines Heimatstaates. Falls die zuständige Behörde, bei der der Antrag unterbreitet wurde, die Einwendung des Steuerpflichtigen nicht für begründet hält, soll sie gemäss dem OECD-Kommentar zu Art. 25 OECD-MA (Rz. 17-19) dennoch den anderen Vertragsstaat verständigen, sodass eine angemessene Würdigung auch aus der Perspektive des anderen Vertragsstaats gewährleistet ist.</p>
<p>Für schwierige Doppelbesteuerungsfälle (bspw. betreffend Verrechnungspreisfragen), in denen sich die zuständigen Behörden nicht innerhalb des Verständigungsverfahrens binnen zwei Jahren einigen können, wurde ein Schiedsverfahren (Zusatzprotokoll) vereinbart. Das Schiedsverfahren ist antragsgebunden und sieht im Unterschied zum Verständigungsverfahren einen Einigungszwang vor.</p>
<h4>2.4.3 Informationsaustausch</h4>
<p>Die Regelung zum Informationsaustausch entspricht inhaltlich dem internationalen Standard (Art. 26 OECD-MA 2017) und schliesst eine Vollstreckungsamtshilfe mit ein. Art. 26 DBA verpflichtet die Vertragsstaaten zu einem Informationsaustausch für Zwecke der Durchführung des Abkommens sowie der Anwendung oder Durchsetzung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts und umfasst Informationen für Steuern jeder Art und Bezeichnung der beiden Vertragsstaaten. Es handelt sich jedoch keineswegs um die erstmalige Vereinbarung eines Informationsaustausches zwischen beiden Staaten.</p>
<p>Die ersten Meldungen über den Automatischen Informationsaustausch (AIA) zwischen Liechtenstein und Italien erfolgten bereits im Jahr 2017 für die Meldeperiode 2016 und werden heute über AIA-Abkommen zwischen Liechtenstein und der EU abgewickelt.<sup><a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a></sup></p>
<h4>2.4.4 Inkrafttreten und Anwendung</h4>
<p>Das DBA tritt nach Abschluss der innerstaatlichen Gesetzgebungsverfahren in Kraft. Zu welchem Zeitpunkt das DBA anwendbar sein wird, ist noch nicht absehbar. Es ist frühestens auf die Steuern anzuwenden, welche am oder ab dem 1. Januar des auf das Jahr des Inkrafttretens folgenden Kalenderjahres erhoben werden. Frühestens kann somit mit einer Anwendung ab dem 1.1.2025 gerechnet werden.</p>
<h2>3. Fazit und Bedeutung für Liechtenstein</h2>
<p>Das DBA mit Italien orientiert sich klar am internationalen Standard des OECD-MA 2017. Die wesentlichen Abweichungen bestehen in der Vereinbarung des Nullsatzes für qualifizierte Dividenden und für bestimmte Zinsen an öffentliche Einrichtungen, der Besteuerung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit nach dem Prinzip der festen Einrichtung und der 183-Tageregelung, der ausschliesslichen Besteuerung von Künstlern und Sportlern im Ansässigkeitsstaat bei einer Förderung aus öffentlichen Mitteln dieses Staates und des Besteuerungsrechts des Quellenstaats für Ruhegehälter, unabhängig davon, ob es sich um regelmässige Zahlungen oder Einmalzahlungen handelt.</p>
<p>Das DBA mit Italien ist für Liechtenstein ein weiterer wesentlicher Schritt zur Erweiterung des DBA-Netzwerkes und belegt den langfristigen Erfolg der liechtensteinischen Finanzplatzstrategie. Es wird die umfangreichen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Liechtenstein und Italien weiter stärken und schafft darüber hinaus ein neues Mass an Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen. Der Verhandlungserfolg könnte wegweisend für die Verhandlung und den Abschluss weiterer DBA sein, bspw. mit Spanien und Portugal.</p></article>
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