Lucius Cavelti
The diminishing safeguard function of the withholding tax
Editorial on the focus issue "Withholding Tax" of zsis).
06/2021
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<article class="rz"><p>Das aktuelle Verrechnungssteuergesetz trat 1965 in Kraft.<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a></sup> Damals wollte der Gesetzgeber die Bevölkerung nicht mit einer zusätzlichen Steuer belasten, sondern im Vordergrund stand die Sicherung der Veranlagung der Einkommens- und Vermögenssteuern und damit die Bekämpfung der Steuerhinterziehung beim Bund, den Kantonen und den Gemeinden.<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> Die Kombination aus Quellensteuer und Rückerstattung schafft ein Anreizsystem, mit dem die Steuerbehörden auf eine vollständige Steuerdeklaration der Steuerpflichtigen vertrauen können. Im Steuerrechtsverhältnis zwischen dem Staat und den Steuerpflichtigen nimmt die Verrechnungssteuer damit eine zentrale Stellung ein und bildet einen Ausgleich zum steuerlichen Bankgeheimnis. Traditionell steht deshalb bei der Verrechnungssteuer die Sicherungsfunktion im Vordergrund, obwohl der Bundesrat schon beim Inkrafttreten feststellte, dass die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer stetig anstiegen. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Fiskalzwecks seit Jahren massiv zugenommen hat: Betrugen die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer nach Rückerstattung Ende der 1960er Jahren noch zwischen CHF 550 Mio. und CHF 580 Mio., stiegen diese bis 2019 auf fast CHF 8.3 Mrd. an.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup> Gleichzeitig gibt es dank der Digitalisierung zunehmend neue technische Möglichkeiten, um die richtige Deklaration sicherzustellen und die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Das Gleichgewicht zwischen den Steuerbehörden und den Steuerpflichtigen hängt deshalb immer weniger vom Anreizsystem der Verrechnungssteuer ab. Die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer, die seit 1965 nicht mehr grundlegend überarbeitet wurde, bedarf deshalb einer Aktualisierung.</p>
<p>Aus diesem Grund wäre die Einführung einer Zahlstellensteuer zu begrüssen. Die Zahlstellensteuer würde das Anreizsystem der Verrechnungssteuer an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen. Dieser Versuch scheiterte aber am befürchteten Verwaltungsaufwand – vor allem aber auch an den weiterhin bestehenden Vorstellungen des steuerlichen Bankgeheimnisses im Inland, die sich seit dem Inkrafttreten der Verrechnungssteuer nur unwesentlich verändert zu haben scheinen. Zu begrüssen ist deshalb, dass der Bundesrat seine Strategie anpasst und zuerst die negativen wirtschaftlichen Folgen des veralteten Anreizsystems korrigiert. Im Kern möchte der Bundesrat die Verrechnungssteuer auf Obligationszinsen abschaffen und damit den inländischen Markt für Fremdkapital stärken. Dadurch erhofft sich der Bundesrat positive volkswirtschaftliche Effekte.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup> Gleichzeitig geht dies jedoch nicht ohne eine weitere Schwächung der Sicherungsfunktion, da damit Zinsanlagen – anders als bspw. Dividendenanlagen – nicht mehr der Verrechnungssteuer unterliegen. Mit Blick auf das verfassungsmässige Gebot der rechtsgleichen Besteuerung (Art. 127 Abs. 2 BV) ist die unterschiedliche Behandlung verschiedener Anlagekategorien jedoch kritisch zu sehen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat sich zu dieser Frage ebenfalls bereits geäussert: Es entschied, dass das Prinzip der Rechtsgleichheit verletzt sei, wenn das Steuererhebungsverfahren zu einer rechtlichen und tatsächlichen ungleichen Steuerbelastung führe.<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> Eine Sicherungssteuer auf inländischen Kapitalerträgen, die einzig Zinsanlagen von der Sicherungsfunktion ausnimmt, verletzt deshalb nach dieser Auffassung das Rechtsgleichheitsgebot. Es wäre deshalb wünschenswert, würde sich der Gesetzgeber de lege ferenda nochmals vertieft mit der Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer befassen. Eine Verbesserung der Sicherungsfunktion ist auch für das Gleichgewicht zwischen Steuerbehörden und Steuerpflichtigen entscheidend.</p>
<p>Wir freuen uns sehr, dass wir für die aktuelle Schwerpunktausgabe zur Verrechnungssteuer wieder ausgewiesene Expertinnen und Experten aus der Steuerverwaltung und der Praxis gewinnen konnten. Nicole Krenger und Peter Schwarz erklären die Hintergründe des aktuellen Reformvorschlags und legen die Sicht der ESTV dar. Thomas Jaussi und Marian Inäbnit erläutern die aktuelle Regelung zur Besteuerung von Fremdkapital und geben eine aufschlussreiche Beurteilung der Reformvorschläge aus Sicht der Praxis. Hans-Joachim Jäger, Petrit Ismajli und Katharina Manz beleuchten wichtige Umsetzungsfragen des aktuellen Reformvorschlags, insbesondere bei der Konzernfinanzierung, bei strukturierten Produkten sowie bei der Behandlung von Ersatzzahlungen im Falle von Securities Lending. Elga Tozzi gibt einen ausgezeichneten Überblick über die Praxis der ESTV zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer im internationalen Verhältnis. Tobias Rohner und Selina Many befassen sich mit der Altreservenpraxis und nehmen eine umfassende Einordnung der aktuellen bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor. Thomas Schwab und Daniel Holenstein greifen verschiedene verfahrensrechtliche Fragen auf, wobei Daniel Holenstein zentrale Fragen des Verrechnungssteuerstrafrechts erörtert.</p></article>
Footnotes / further notes
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<p><sup><a title="" href="#_ftnref1" name="_ftn1">01</a></sup> Zur Vorgeschichte der Verrechnungssteuer Maja Bauer-Balmelli/Markus Reich, in: Zweifel/Beusch/Bauer-Balmelli, N. 1ff. der Vorbemerkungen m.w.H.</p>
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<p><sup><a title="" href="#_ftnref2" name="_ftn2">02</a></sup> <a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/fga/1963/2_953_937_1541" target="_blank" rel="noopener">Botschaft des Bundesrates betreffend Entwurf zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, BBl. 1963 II 953, 955.</a></p>
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<div id="ftn3">
<p><sup><a title="" href="#_ftnref3" name="_ftn3">03</a></sup> Aufgrund der Corona-Pandemie sanken diese Einnahmen 2020 jedoch auf ca. CHF 5.2 Mrd., was aber immer noch höher ist als Fiskaleinnahmen des Bundes 2020, online abgerufen am 10. Juni 2021 unter: <a href="https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/allgemein/steuerstatistiken/fachinformationen/fiskaleinnahmen/fiskaleinnahmen-des-bundes.html." target="_blank" rel="noopener">https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/allgemein/steuerstatistiken/fachinformationen/fiskaleinnahmen/fiskaleinnahmen-des-bundes.html.</a></p>
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<div id="ftn4">
<p><sup><a title="" href="#_ftnref4" name="_ftn4">04</a></sup> <a href="https://www.zsis.ch/artikel/schwerpunkt-vst-reform-der-verrechnungssteuer-kann-der-gordische-knoten" target="_blank" rel="noopener">Nicole Krenger, Peter Schwarz, Reform der Verrechnungssteuer – kann der gordische Knoten entwirrt werden?, in zsis) 2/2021, A5, N. 24ff. (abrufbar unter: publ.zsis.ch/A5-2021).</a></p>
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<div id="ftn5">
<p><sup><a title="" href="#_ftnref5" name="_ftn5">05</a></sup> <a href="https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv084239.html" target="_blank" rel="noopener">BVerfGE 84, 239 N. 104</a>; vgl. auch <a href="https://assets-global.website-files.com/5e1edb7e0263e78076aab928/609bbc455b3228b65160a7d0_Pra%CC%88sentationen%20Tax%20Talks%202021.pdf" target="_blank" rel="noopener">die Ausführungen von René Matteotti anlässlich des Tax Talks vom 11. Mai 2021, S. 38 ff.</a></p>
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Footnotes / further notes: