Practical experience in the taxation of blockchain projects.

<article class="rz"><h2>1.&nbsp;Einleitung</h2> <h3>1.1&nbsp;Allgemein</h3> <p>Gem&auml;ss dem CV VC 50 Report^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn1" name="_ftnref1">01</a>}&nbsp;waren im Crypto Valley im Jahr 2022 ungef&auml;hr 1&rsquo;135 Blockchain-Gesellschaften ans&auml;ssig, die rund 5'800 Mitarbeitende besch&auml;ftigten. Die Marktkapitalisierung dieser Gesellschaften betrug gem&auml;ss diesem Report USD 185 Mrd. Die Grossbank UBS lancierte im November 2022 die weltweit erste digitale Anleihe, die sowohl an Blockchain-basierten als auch an traditionellen B&ouml;rsen &ouml;ffentlich gehandelt und abgewickelt wird.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn2" name="_ftnref2">02</a>}Weltweit investieren vermehrt renommierte Gesellschaften in die Blockchain-Technologie. So hat gem&auml;ss Cointelegraph&nbsp;das Technologie-Unternehmen Google vom September 2021 bis Juni 2022 USD 1.5 Mrd. in verschiedene Blockchain-Gesellschaften und -Projekte investiert.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn3" name="_ftnref3">03</a>}&nbsp;Auch US-Grossbanken wie Morgan Stanley oder Goldman Sachs haben substanzielle Betr&auml;ge in die Kryptobranche investiert, mit dem Ziel, die weitere Entwicklung dieser Technologie aktiv mitzugestalten.&nbsp;Diese Beispiele zeigen, dass es sich bei der Blockchain-Technologie nicht mehr um eine Nischenanwendung handelt, sondern um einen signifikanten weltweiten Wachstumsmarkt.</p> <p>Mit der Weiterentwicklung dieser Technologie ergeben sich zunehmend auch steuerliche Herausforderungen. Nachfolgend werden einerseits die theoretischen Grundlagen in Bezug auf die Besteuerung von Blockchain-Projekten er&ouml;rtert und anderseits wird aufgezeigt, welche Fragestellungen sich in den verschiedenen Phasen eines entsprechenden Projektes sowie im Bereich der Bewertung der Token in der Praxis ergeben.</p> <h3>1.2&nbsp;Begriffserkl&auml;rungen</h3> <h4>1.2.1&nbsp;Blockchain</h4> <p>Eine Blockchain (englisch f&uuml;r &laquo;Blockkette&raquo;) ist eine von vielen Teilnehmern gemeinsam genutzte, dezentrale Datenbank zur Speicherung von Daten, Informationen und Dokumenten. Diese Datenbank ist &uuml;ber ein Netzwerk von Computern verteilt, was bedeutet, dass kein Teilnehmer die Kontrolle &uuml;ber die Daten besitzt. Stattdessen werden Transaktionen von allen Teilnehmern des Netzwerks best&auml;tigt und validiert, wodurch eine hohe Sicherheit und Integrit&auml;t der Daten gew&auml;hrleistet wird. Informationen, die einmal validiert und dadurch auf der Blockchain gespeichert wurden, sind unver&auml;nderlich und unanfechtbar. Die zentrale Idee der Blockchain ist das sichere &Uuml;bertragen von digitalen Verm&ouml;genswerten zwischen verschiedenen Parteien.&nbsp;</p> <p>Blockchains werden oft in Verbindung mit Kryptow&auml;hrungen verwendet, haben sich aber in der Zwischenzeit signifikant weiterentwickelt, unter anderem aufgrund der M&ouml;glichkeit, Smart Contracts^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn4" name="_ftnref4">04</a>}&nbsp;zu programmieren und automatisiert ausf&uuml;hren zu lassen.</p> <h4>1.2.2&nbsp;Kryptow&auml;hrungen</h4> <p>Eine Kryptow&auml;hrung ist definitionsgem&auml;ss ein digitales Zahlungsmittel. Anfangs 2023 waren &uuml;ber 23'000 verschiedene Kryptow&auml;hrungen auf Coinmarketcap verzeichnet.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn5" name="_ftnref5">05</a>}&nbsp;Viele dieser Kryptow&auml;hrungen repr&auml;sentieren neben ihrer allf&auml;lligen Funktion als digitales Zahlungsmittel auch Verm&ouml;genswerte, die ein Recht oder einen Anspruch an einen Wertgegenstand begr&uuml;nden. Theoretisch kann es sich um einen Anspruch an einen beliebigen Verm&ouml;genswert handeln, wie zum Beispiel einer digitalen Aktie, einem Diamanten oder einem Kunstgem&auml;lde. Entsprechend wird in der Folge der weiter gefasste Begriff &laquo;Token&raquo; verwendet, der als Synonym f&uuml;r einen digitalen Verm&ouml;genswert dient.&nbsp;</p> <p>W&auml;hrend die Blockchain die zugrunde liegende Basistechnologie darstellt, basieren Token auf dieser Technologie. Kryptow&auml;hrungen sind schlussendlich lediglich eine, wenn auch wichtige Anwendungsm&ouml;glichkeit einer Blockchain.&nbsp;</p> <h3>1.3&nbsp;Historie</h3> <p>Im Rahmen der Steuerfachtagung der International Fiscal Association (IFA) vom 08.02.2018 wurde erstmals verl&auml;sslich f&uuml;r die ganze Schweiz festgelegt, welche Steuerfolgen ein ICO (Initial Coin Offering) resp. TGE (Token Generating Event) f&uuml;r die verschiedenen Beteiligten (ICO-Entit&auml;t, Investoren, Gr&uuml;nder, K&auml;ufer und Verk&auml;ufer von Token etc.) nach sich ziehen. In die Festsetzung der entsprechenden Praxis waren neben der Eidg. Steuerverwaltung, und zwar sowohl die Abteilungen der direkten wie auch der indirekten Steuern, auch verschiedene kantonale Steuerverwaltungen und Berater involviert. Die IFA-Fachempfehlungen bilden die Grundlage f&uuml;r die steuerliche Beurteilung (Steuervorbescheide, Veranlagungen etc.) von Blockchain-Projekten.</p> <p>Bereits am 16.02.2018 hat sich auch die Eidg. Finanzmarktaufsicht mit ihrer &laquo;Wegleitung f&uuml;r Unterstellungsfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICOs)&raquo;^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn6" name="_ftnref6">06</a>}&nbsp;zur rechtlichen und regulatorischen Situation ge&auml;ussert. In dieser Wegleitung wurde u.a. auch eine Klassifizierung der zu diesem Zeitpunkt bekannten Token vorgenommen. Die daraus resultierende Einordnung wird auch zur steuerlichen Beurteilung der verschiedenen Token herangezogen.</p> <p>In Bezug auf handelsrechtliche Fragestellungen &auml;usserte sich die Kommission f&uuml;r Rechnungslegung der EXPERTsuisse in der Publikation &laquo;Ausgew&auml;hlte Fragen und Antworten zum OR-Rechnungslegungsrecht&raquo; (Erstpublikation vom 03.12.2018) ausf&uuml;hrlich zu verschiedenen Aspekten der Rechnungslegung in Bezug auf die Blockchain-Technologie. Eine Analyse m&ouml;glicher steuerlicher Konsequenzen der vorgeschlagenen Verbuchungsmethode erfolgte nicht.</p> <p>Am 27.08.2019 hat die Eidg. Steuerverwaltung mit ihrem Arbeitspapier &laquo;Kryptow&auml;hrungen und Initial Coin/Token Offerings (ICOs/ITOs) als Gegenstand der Verm&ouml;gens-, Einkommens- und Gewinnsteuer, der Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben&raquo; (Arbeitspapier ESTV) auf der Grundlage der bestehenden steuerrechtlichen Bestimmungen ihre entwickelte Praxis dargelegt. Mit Datum vom 14.12.2021 erschien eine erweiterte und aktualisierte Version dieses Arbeitspapiers.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn7" name="_ftnref7">07</a>}</p> <p>Der &laquo;Bericht zu einem allf&auml;lligen Anpassungsbedarf des Steuerrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT/Blockchain)&raquo; des Eidg. Finanzdepartements vom 19.06.2020 kommt letztlich zum Schluss, dass sich bei den direkten Steuern die geltende Steuerrechtsordnung bew&auml;hrt hat und sich somit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf in diesem Bereich ergibt.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn8" name="_ftnref8">08</a>}</p> <h2>2.&nbsp;Beurteilungskriterien f&uuml;r Blockchain-Projekte&nbsp;</h2> <h3>2.1&nbsp;Allgemein</h3> <p>Um ein Blockchain-Projekt steuerlich beurteilen zu k&ouml;nnen, ist es notwendig, das entsprechende Gesch&auml;ftsmodell zu verstehen. Als Basis dazu eignen sich vor allem das Whitepaper sowie das Projektbudget, welches n&auml;here Informationen zur finanziellen Ausgestaltung des Projektes wie auch der budgetierten Kosten gibt. Ein Whitepaper beinhaltet detaillierte Informationen &uuml;ber ein Blockchain-Projekt. Neben Informationen zur Token-&Ouml;konomie sind darin u.a. auch Angaben zum Gesch&auml;ftsmodell, Informationen zur technischen Architektur und Funktionsweise der Plattform sowie zum dahinterstehenden Team offengelegt. Das Whitepaper wird sp&auml;testens anl&auml;sslich der ICO-Finanzierungsrunde ver&ouml;ffentlicht und bildet die Hauptinformationsquelle f&uuml;r angesprochene Investoren.&nbsp;</p> <p>Bei der Beurteilung von Blockchain-Projekten im Rahmen eines Steuervorbescheides oder der Veranlagung hat sich in der Praxis eine grunds&auml;tzliche Unterteilung in zwei Kategorien etabliert, und zwar in die sogenannten &laquo;nicht-kommerziellen&raquo; resp. &laquo;kommerziellen&raquo; Projekte.&nbsp;Im Folgenden wird auf die grunds&auml;tzlichen Unterschiede dieser Kategorien eingegangen.&nbsp;</p> <h3>2.2&nbsp;Nicht-kommerzielle Projekte</h3> <p>Bei nicht-kommerziellen Projekten handelt es sich um Projekte mit dem Ziel, das der Blockchain zugrunde liegende dezentrale Transaktionsprotokoll zu entwickeln (sogenannte Layer-1) und den Nutzern unentgeltlich &laquo;Open Source&raquo;^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn9" name="_ftnref9">09</a>}&nbsp;zur Verf&uuml;gung zu stellen. Die entsprechenden Entit&auml;ten werden grunds&auml;tzlich keine Ertr&auml;ge resp. Gewinne aus dem Projekt generieren (Non-Profit). S&auml;mtliche Mittel aus dem ICO, aber auch andere Ertr&auml;ge (z.B. Kursgewinne aus der Ver&auml;usserung von Token) fliessen wieder vollumf&auml;nglich in die Entwicklung des Protokolls resp. der Blockchain.&nbsp;Obwohl eine Blockchain auf einem dezentralen Netzwerk basiert, bedarf es einer stabilen Rechtseinheit, um die Entwicklungsarbeiten zu organisieren und koordinieren sowie das Protokoll allf&auml;llig langfristig zu halten und zu verwalten.&nbsp;Meistens handelt es sich dabei um eine Stiftung oder einen Verein.</p> <p>Im Rahmen der IFA-Tagung vom 08.02.2018 wurde f&uuml;r nicht-kommerzielle Projekte eine Mindestbesteuerung in Form einer Cost-plus-Besteuerung der Entit&auml;t (Kostenbasis zuz&uuml;glich eines Aufschlags von 5-10%) vorgeschlagen.</p> <p>Diese vorgeschlagene Mindestbesteuerung rechtfertigt sich aufgrund der Funktionen der Entit&auml;t. Diese ist gegen&uuml;ber den Tokenhaltern eine faktische Leistungsverpflichtung zur Realisierung des im Whitepaper ver&ouml;ffentlichten Projekts eingegangen. Neben der Durchf&uuml;hrung des ICO inklusive Vereinnahmung der Erl&ouml;se aus dem Token-Verkauf, welches die Grundlage der Finanzierung des Projektes darstellt, ist die Hauptaufgabe der Entit&auml;t das Vorantreiben und die Koordination der Entwicklungs- und Vermarktungsaktivit&auml;ten.</p> <p>Die Kostenbasis f&uuml;r die Berechnung des Kostenaufschlags umfasst alle Aufwendungen, d.h. auch allf&auml;llige Finanzaufwendungen, Verwaltungsaufwendungen sowie Steuern. Es m&uuml;ssen s&auml;mtliche Aufwendungen f&uuml;r die Berechnung ber&uuml;cksichtigt werden, weil aufgrund des Zwecks der Entit&auml;t s&auml;mtliche Mittel in das Projekt investiert werden m&uuml;ssen und entsprechend alle Aufwendungen unmittelbar der Erf&uuml;llung des Zweckes dienen und damit als operative Ausgaben gelten.&nbsp;</p> <p>Die von der IFA-Tagung vorgeschlagene Praxis der Besteuerung mittels Kostenaufschlag auf s&auml;mtlichen Aufwendungen hat sich in der Praxis etabliert und wird auch im Arbeitspapier der ESTV als Besteuerungsprinzip propagiert.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn10" name="_ftnref10">10</a>}&nbsp;Entsprechend ergeben sich im Veranlagungsprozess grunds&auml;tzlich keine nennenswerten Fragestellungen. Zus&auml;tzlich ist festzuhalten, dass solche &laquo;Protokoll-Gesellschaften&raquo; schweizweit auf wenige Kantone verteilt sind. Deshalb wird in der Folge nur partiell auf diese nicht-kommerziellen Projekte eingegangen.&nbsp;</p> <h3>2.3&nbsp;Kommerzielle Projekte</h3> <p>Der Zweck und das Ziel von kommerziellen Projekten ist die Realisation einer kommerziellen Anwendung auf einer bestehenden Blockchain, die f&uuml;r die Gesellschaft zuk&uuml;nftige Ertr&auml;ge und entsprechend Gewinnpotential erm&ouml;glicht. Solche Projekte sind &uuml;blicherweise als juristische Personen (AG oder GmbH) organisiert. Auf die Praxis und die Besteuerungsmodalit&auml;ten wird in den folgenden Abschnitten eingegangen.</p> <h2>3.&nbsp;Praktische Erfahrungen bei der Besteuerung von Blockchain-Projekten</h2> <p>In der Schweiz gibt es bisher weder steuerliche Spezialnormen noch Leitentscheide vom Bundesgericht, so dass grunds&auml;tzlich die allgemeinen Besteuerungsgrunds&auml;tze zur Anwendung kommen. Die oben erw&auml;hnten Publikationen, vor allem das aktualisierte Arbeitspapier der ESTV, bieten jedoch auf der Basis der bestehenden steuerrechtlichen Bestimmungen eine gute praktische Grundlage hinsichtlich der Besteuerung von Blockchain-Projekten. Trotzdem ergeben sich in der praktischen Umsetzung immer wieder neue oder einzelfallbezogene Fragestellungen in verschiedenen Themenbereichen, auf welche nachfolgend eingegangen werden soll.&nbsp;</p> <h3>3.1&nbsp;Phasen im Lebenszyklus einer Blockchain-Gesellschaft&nbsp;</h3> <p>Der Lebenszyklus einer Blockchain-Gesellschaft wird aufgrund des anl&auml;sslich der IFA-Tagung propagierten Modells in drei Phasen unterteilt. Diese umfassen die Finanzierung, die Entwicklungsphase sowie die Marktreife. Das Phasenmodell wurde indirekt auch durch die EXPERTsuisse in der erw&auml;hnten Publikation best&auml;tigt.</p> <h4>3.1.1&nbsp;Finanzierung (ICO)&nbsp;</h4> <p>Am Anfang fast jedes Projektes steht ein sogenanntes ICO, welches eine Art Crowdfunding f&uuml;r die Finanzierung eines Blockchain-Projekts darstellt. Dabei werden neu geschaffene Token meistens gegen Bezahlung von bereits etablierten Kryptow&auml;hrungen wie Bitcoin oder Ether ausgegeben.</p> <p>Vor der Herausgabe neuer Token wird basierend auf dem Whitepaper ein Smart Contract aufgesetzt, der die Token generiert und den Investoren gem&auml;ss dem Umfang ihrer Partizipation am Projekt zuweist.&nbsp;</p> <p>Die Zahlungen der Investoren f&uuml;r den Erhalt der Token werden handels- und steuerrechtlich als Ertrag verbucht. Da jedoch die Gesellschaft eine vertragliche Verpflichtung eingeht, die Mittel aus dem ICO zur Umsetzung des Projekts im Sinne des Whitepapers zu nutzen, rechtfertigt sich eine aufwandwirksame Buchung einer R&uuml;ckstellung.</p> <p>F&uuml;r die Festsetzung der H&ouml;he der R&uuml;ckstellung sind die Angaben im Whitepaper resp. einem separaten Projektbudget massgebend. Sollten die durch das ICO oder andere Finanzierungsrunden vereinnahmten Mittel den im Projektbudget ausgewiesenen Finanzierungsbedarf &uuml;bersteigen, ist bereits in diesem Zeitpunkt der &uuml;berschiessende Teil der R&uuml;ckstellung nicht gesch&auml;ftsm&auml;ssig begr&uuml;ndet und wird steuerlich entsprechend als versteuerte stille Reserve aufgerechnet.&nbsp;</p> <h4>3.1.2&nbsp;Entwicklungsphase</h4> <p>W&auml;hrend der Entwicklungsphase, die &uuml;blicherweise zwischen drei und f&uuml;nf Jahre dauert (entsprechende Angaben sind &uuml;blicherweise aus dem Projektbeschrieb im Whitepaper zu entnehmen), sind die verbuchten Aufwendungen durch die sukzessive Aufl&ouml;sung der R&uuml;ckstellung, die in der Finanzierungsphase gebildet wurde, zu neutralisieren. Grunds&auml;tzlich erzielt die Gesellschaft in dieser Phase keinen Gewinn oder Verlust (Vorbehalt: Ertr&auml;ge eigene Token / Konvertierungsdifferenzen &ndash; siehe Ziffern 3.2 und 3.3 nachfolgend).</p> <p>In dieser Phase hat die Gesellschaft j&auml;hrlich in Zusammenhang mit der Steuerdeklaration aufzuzeigen, dass das Projekt weitergef&uuml;hrt wird. Eine allf&auml;llige Abweichung vom urspr&uuml;nglichen Budget ist nachzuweisen und bedingt allf&auml;llig sogar eine Anpassung des anf&auml;nglichen Whitepapers inkl. &Auml;nderung der urspr&uuml;nglichen faktischen Leistungsverpflichtung gegen&uuml;ber den Tokenhaltern. Eine aufgrund dieser Unterlagen &uuml;berh&ouml;hte R&uuml;ckstellung ist gesch&auml;ftsm&auml;ssig nicht begr&uuml;ndet und steuerlich aufzul&ouml;sen.&nbsp;</p> <p>In der Praxis ist es in dieser Phase f&uuml;r Steuerverwaltungen jedoch herausfordernd, die gesch&auml;ftsm&auml;ssige Begr&uuml;ndetheit der verbuchten Projektr&uuml;ckstellungen zu beurteilen, insbesondere weil die technologischen H&uuml;rden, vor denen die verschiedenen Projekte stehen, schwierig abzusch&auml;tzen sind. Basis f&uuml;r die Beurteilung bilden, neben dem Projektbudget, die Angaben im Whitepaper und der Projektfortschritt.</p> <p>Ist die Projektentwicklung gem&auml;ss Whitepaper abgeschlossen und liegt allf&auml;llig sogar eine rechtliche Pr&uuml;fung vor, die best&auml;tigt, dass die Verpflichtung gegen&uuml;ber den Investoren erf&uuml;llt wurde, sind noch verbleibende R&uuml;ckstellungen gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_63" target="_blank" rel="noopener">Art. 63 Abs. 2 Bundesgesetz &uuml;ber die direkte Bundessteuer (DBG)</a> aufzul&ouml;sen. Das Gleiche gilt auch, wenn die Entwicklung vorzeitig abgebrochen wird. Ein Indiz daf&uuml;r, dass ein Projekt abgebrochen oder zumindest nicht weiterverfolgt wird, ist die Analyse der eingereichten Jahresrechnung. Fehlen u.a. substanzielle Entwicklungs- oder auch Marketingkosten, um das Projekt voranzutreiben, ist zumindest eine vertiefte Abkl&auml;rung bez&uuml;glich Projektfortschritt vorzunehmen.&nbsp;</p> <h4>3.1.3&nbsp;Marktreife</h4> <p>In der Phase der Marktreife ist die Entwicklung abgeschlossen und das Produkt wird aktiv vermarktet. Die in der Finanzierungsphase gebildete R&uuml;ckstellung ist zu diesem Zeitpunkt aufgel&ouml;st oder steuerlich nicht mehr gesch&auml;ftsm&auml;ssig begr&uuml;ndet. Ab dieser Phase wird die Gesellschaft wie eine normale Betriebsgesellschaft besteuert.&nbsp;</p> <p>F&uuml;r zuk&uuml;nftig anfallende Unterhaltskosten oder Aufwendungen f&uuml;r die Weiterentwicklung oder Anpassungen des Projekts d&uuml;rfen keine R&uuml;ckstellungen mehr gebildet werden. Diese periodischen oder aperiodischen Aufwendungen sind in der Folge durch die laufenden Ertr&auml;ge zu decken.&nbsp;</p> <p>Wurde bei Projekten im Whitepaper eine Gewinnbeteiligung der Tokenhalter an den Ertr&auml;gen des Projekts festgehalten, so qualifizieren diese Zahlungen bei der Gesellschaft als&nbsp;gesch&auml;ftsm&auml;ssig begr&uuml;ndeter und somit steuerlich abzugsf&auml;higer Aufwand. Andererseits stellen die Zahlungen bei den Tokenhaltern steuerbaren Verm&ouml;gensertrag dar.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn11" name="_ftnref11">11</a>}&nbsp;&nbsp;</p> <h3>3.2&nbsp;Token im Eigenbesitz und Token-Bewertung</h3> <p>&Uuml;blicherweise werden anl&auml;sslich des ICO mehr Token generiert, als an Investoren abgegeben werden. Diese nicht emittierten, sogenannten &laquo;eigenen&raquo; Token verbleiben bei der Gesellschaft und werden im Zeitpunkt des ICO zu historischen Herstellkosten in die eigene Bilanz eingebucht (normalerweise zu CHF 1 resp. p.m.). Abh&auml;ngig vom Erfolg eines Projekts weisen diese Token signifikante stille Reserven und entsprechend potentielles Steuersubstrat auf.</p> <p>Bei Verwendung dieser Token, zum Beispiel durch Verkauf an Dritte oder Ausgabe an Mitarbeitende im Rahmen von Anreizsystemen (sogenannte Mitarbeitenden-Token), sind diese erfolgswirksam auf den aktuellen Verkehrswert aufzuwerten und anschliessend gem&auml;ss Verwendung zu verbuchen, womit buchhalterisch in den beiden erw&auml;hnten F&auml;llen bei Verkauf ein realisierter Kursgewinn und bei der Abgabe an die Mitarbeitenden Personalaufwand resultiert. Jede Transaktion hat dabei zum aktuellen Verkehrswert zu erfolgen.&nbsp;</p> <p>Die Bestimmung des Marktwertes von Token, die nicht an einer Handelsplattform kotiert sind oder einen geringen Handelsumsatz aufweisen, stellt in der Praxis eine Herausforderung dar. In der Publikation &laquo;Bericht zu einem allf&auml;lligen Anpassungsbedarf des Steuerrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT/Blockchain)&raquo; vom 19.06.2020 ist allerdings festgehalten, dass auch bei grosser Volatilit&auml;t der Tokenpreise ein Einschlag auf dem Marktwert nicht anwendbar ist.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn12" name="_ftnref12">12</a>}&nbsp;Zwar bezieht sich die Aussage auf sogenannte Mitarbeitenden-Token, kann aber aufgrund des Kontexts auch auf Token im Allgemeinen ausgeweitet werden.</p> <p>Bei nicht gelisteten oder gehandelten Token wird in der Praxis als massgebender Wert der letzte durch einen unabh&auml;ngigen Investor bezahlte Preis herangezogen.&nbsp;Wurden bisher keine Token ver&auml;ussert, entspricht der Marktwert den historischen Anschaffungs- oder Herstellkosten.&nbsp;Diese Beurteilung wird auch bei Mitarbeitenden-Token angewandt.&nbsp;</p> <p>Werden Lohnzahlungen in Form von Token an Arbeitnehmende ausgerichtet, handelt es sich dabei bei der Gesellschaft um gesch&auml;ftsm&auml;ssig begr&uuml;ndeten Personalaufwand (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_58" target="_blank" rel="noopener">Art. 58 DBG</a>) und bei den Mitarbeitenden um steuerbares Erwerbseinkommen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_17" target="_blank" rel="noopener">Art. 17 Abs. 1 DBG</a>), welches zum Wert im Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen ist. Da es sich bei den Mitarbeitenden-Token weder um echte noch um unechte Mitarbeiterbeteiligungen handelt (mit Ausnahme von Anlagetoken mit Beteiligungsrechten), kommen auch die gesetzlichen Bestimmungen nach den <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_17_b" target="_blank" rel="noopener">Art. 17b DBG</a> resp.<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_17_c" target="_blank" rel="noopener">17c DBG</a> nicht zur Anwendung, die einen Diskont von 6 Prozent pro Sperrjahr bei Mitarbeiterbeteiligungen vorsehen.&nbsp;&nbsp;</p> <h3>3.3&nbsp;Konvertierungsdifferenzen</h3> <p>Konvertierungsdifferenzen entstehen aus dem Wechsel von Kryptow&auml;hrungen in FIAT-Geld^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn13" name="_ftnref13">13</a>}&nbsp;oder in andere Kryptow&auml;hrungen. Solche Differenzen sind erfolgswirksam zu verbuchen und bilden Teil des steuerbaren Gewinnes (Konvertierungsgewinne) resp. qualifizieren als gesch&auml;ftsm&auml;ssig begr&uuml;ndeter Aufwand (Konvertierungsverluste). Entsprechende Gewinne oder Verluste auf eigene Token sind ebenfalls erfolgswirksam zu verbuchen.</p> <p>Grunds&auml;tzlich muss die Gesellschaft nach Abschluss des ICO die gesammelten Mittel in die W&auml;hrung umwandeln, in welcher der &uuml;berwiegende Teil der Aufwendungen f&uuml;r die Entwicklung des Projektes voraussichtlich anfallen wird, denn sie hat sich im Whitepaper dazu verpflichtet, die durch das ICO vereinnahmten Mittel f&uuml;r das Projekt einzusetzen. Um sicher zu stellen, dass die eingegangene Verpflichtung gegen&uuml;ber den Tokenhaltern erf&uuml;llt werden kann, ist eine unmittelbare Konvertierung dieser Mittel in FIAT-Geld grunds&auml;tzlich angezeigt.&nbsp;</p> <p>Wird auf eine sofortige Konvertierung verzichtet, setzt sich die Gesellschaft willentlich spekulativen W&auml;hrungsschwankungen aus (d.h. die Gesellschaft betreibt W&auml;hrungsspekulationen). Erzielt die Gesellschaft aus diesen Spekulationsgesch&auml;ften Gewinne, dann sind diese ordentlich zu besteuern. Allf&auml;llige Verluste k&ouml;nnten dementsprechend jedoch auch als Aufwand geltend gemacht&nbsp;werden.&nbsp;</p> <p>Gelegentlich wird argumentiert, dass die oben erw&auml;hnten Konvertierungsgewinne mit einer Erh&ouml;hung der Projekt-R&uuml;ckstellung neutralisiert werden sollen. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass sich die Gesellschaft auf das publizierte Projektbudget behaften lassen muss, welches in der Regel keine entsprechenden Gewinne ber&uuml;cksichtigt.</p> <h3>3.4&nbsp;R&uuml;ckstellung / Vorauszahlung ohne R&uuml;ckerstattungsverpflichtung</h3> <p>Die steuerlich zul&auml;ssige H&ouml;he der Projektr&uuml;ckstellung ist in der Praxis einer der Hauptdiskussionspunkte. Wie bereits erw&auml;hnt, ist eine n&auml;here Beurteilung der gesch&auml;ftsm&auml;ssigen Begr&uuml;ndetheit sicherlich bereits bei den verschiedenen Finanzierungsrunden aber auch grunds&auml;tzlich j&auml;hrlich in der sogenannten Entwicklungsphase angebracht. Ebenfalls kritisch zu w&uuml;rdigen sind Anpassungen der urspr&uuml;nglichen Projektbudgets, die zu einer signifikanten Erh&ouml;hung der erwarteten Kosten f&uuml;hren. Solche Erh&ouml;hungen sind stichhaltig zu begr&uuml;nden. Es ist sicherzustellen, dass die Erh&ouml;hung der R&uuml;ckstellung nur Entwicklungsschritte betrifft, f&uuml;r die bereits im urspr&uuml;nglichen Whitepaper eine Leistungsverpflichtung gegen&uuml;ber den Investoren bestand. Eine dar&uuml;ber hinaus gehende Erh&ouml;hung erfordert eine Anpassung des Whitepapers und damit des Projektumfangs sowie der vertraglichen Grundlagen. In der Konsequenz erh&ouml;ht sich dadurch auch die faktische Leistungsverpflichtung der Gesellschaft gegen&uuml;ber den Tokenhaltern.&nbsp;</p> <p>Bei nicht-kommerziellen Projekten sind die vorhandenen Projektbudgets eher summarisch gehalten, weil allf&auml;llige &Auml;nderungen der technologischen Umsetzung bei diesen Projekten schwer absch&auml;tzbar sind. Da allerdings solche Projekte &uuml;blicherweise in der Form einer Stiftung oder eines Vereins organisiert sind, ist aufgrund des statutarischen Zwecks grunds&auml;tzlich sichergestellt, dass s&auml;mtliche Mittel f&uuml;r die Entwicklung verwendet werden m&uuml;ssen. Das rechtfertigt grunds&auml;tzlich die Anpassung der R&uuml;ckstellung aufgrund von erzielten Konvertierungsdifferenzen (faktische Neutralisation des entsprechenden Gewinnes oder Verlustes). In der Praxis wird allerdings die gesch&auml;ftsm&auml;ssige Begr&uuml;ndetheit der R&uuml;ckstellung bei solchen Projekten aus steuerlicher Sicht trotzdem einer kritischen W&uuml;rdigung unterzogen, insbesondere falls deren H&ouml;he die erwarteten Entwicklungskosten von mehreren Jahren abdeckt und das Projekt bereits im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium ist. Bei Projekten mit solchen &uuml;berschiessenden R&uuml;ckstellungen ist abzukl&auml;ren, inwieweit diese gesch&auml;ftsm&auml;ssig begr&uuml;ndet und zur Erf&uuml;llung der urspr&uuml;nglichen Leistungsverpflichtung gem&auml;ss Whitepaper effektiv notwendig sind.&nbsp;</p> <h3>3.5&nbsp;Gewerbsm&auml;ssigkeit (Handel mit Token)</h3> <p>Resultiert aus der Ver&auml;usserung eines dem Privatverm&ouml;gen zurechenbaren Token einer nat&uuml;rlichen Person ein Gewinn, so ist dieser grunds&auml;tzlich steuerfrei (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_16" target="_blank" rel="noopener">Art. 16 Abs. 3 DBG</a>), ausser der Tokenhandel der Privatperson wird als gewerbsm&auml;ssig beurteilt. Zur Beurteilung, ob eine gewerbliche T&auml;tigkeit vorliegt, kommen sinngem&auml;ss die Abgrenzungskriterien des Kreisschreibens Nr. 36 vom 27.07.2012 der Eidg. Steuerverwaltung in Bezug auf den gewerbsm&auml;ssigen Wertschriftenhandel zur Anwendung. Grunds&auml;tzlich geht die Steuerverwaltung im Sinne einer &laquo;Safe harbor rule&raquo; von einer privaten Verm&ouml;gensverwaltung aus, wenn die f&uuml;nf folgenden im Kreisschreiben erw&auml;hnten Voraussetzungen kumulativ erf&uuml;llt sind:</p> <ul> <li>Haltedauer (mindestens 6 Monate)</li> <li>Transaktionsvolumen (gesamthaft nicht mehr als das F&uuml;nffache des Wertschriften- und Guthabenbestandes zu Beginn der Steuerperiode)</li> <li>Notwendigkeit (das Erzielen von Kapitalgewinnen bildet keine Notwendigkeit, um die Lebenshaltung sicher zu stellen. Das ist regelm&auml;ssig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen)</li> <li>Fremdfinanzierung (Anlagen sind nicht fremdfinanziert, oder die steuerbaren Verm&ouml;gensertr&auml;ge aus den Wertschriften sind gr&ouml;sser als die anteiligen Schuldzinsen)</li> <li>Einsatz von Derivaten (Kauf und Verkauf von Derivaten beschr&auml;nken sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen)</li> </ul> <p>In der Praxis ergeben sich bei den Kriterien Haltedauer und Transaktionsvolumen die gr&ouml;ssten Fragestellungen.&nbsp;Bei der Haltedauer stellt sich beispielsweise die Frage, ob der periodische Abverkauf von Token, die als Verm&ouml;gensertr&auml;ge im Rahmen von Staking-Aktivit&auml;ten (siehe auch Ziffer 3.6.2 nachfolgend) erzielt wurden, zu einer Verletzung der Haltedauer f&uuml;hrt, selbst wenn der urspr&uuml;ngliche Bestand an passiv gehaltenen Token f&uuml;r Staking-Zwecke unver&auml;ndert bleibt. Auch hinsichtlich des Transaktionsvolumens kann es aufgrund der hohen Volatilit&auml;t von Token sehr schnell zu einer Verletzung dieses Kriteriums kommen. Entsprechend wird zur Beurteilung allf&auml;llig auch die Anzahl der Transaktionen einbezogen.</p> <p>Falls in der Praxis nicht alle oben erw&auml;hnten Kriterien erf&uuml;llt sind, wird aufgrund der gesamten Umst&auml;nde im konkreten Einzelfall gepr&uuml;ft, ob eine private Verm&ouml;gensverwaltung oder eine gewerbliche T&auml;tigkeit vorliegen. Analog zum Vorgehen bei der Beurteilung des Wertschriftenhandels wird auch beim Handel mit Kryptow&auml;hrungen eine Qualifikation als gewerbsm&auml;ssig eher zur&uuml;ckhaltend vorgenommen.&nbsp;</p> <h3>3.6&nbsp;Konsensverfahren</h3> <p>Der Konsensmechanismus eines Blockchain-Protokolls stellt sicher, dass die Datenbanken zwischen den Netzwerkteilnehmern fortlaufend synchronisiert werden, und legt fest, welche Transaktionen korrekt sind und der Datenbank hinzugef&uuml;gt werden. Im Rahmen dieser Synchronisation und Abstimmung werden die in einem Block enthaltenen Transaktionen validiert. Diese Aufgabe ist von entscheidender Bedeutung, um die Sicherheit der Blockchain resp. des Netzwerks zu gew&auml;hrleisten. Die zwei am meisten verbreiteten Konsensverfahren sind &laquo;Proof of Work&raquo; (auch Mining genannt) sowie &laquo;Proof of Stake&raquo; (auch Staking genannt). Nachfolgend werden die beiden Konzepte erl&auml;utert und es wird eine steuerliche Einordnung vorgenommen.</p> <h4>3.6.1&nbsp;Mining&nbsp;</h4> <p>Ein verbreitetes Verfahren f&uuml;r die Validierung von Transaktionen einer Blockchain ist &laquo;Proof of Work&raquo;. Bei diesem Konsensmechanismus wird mittels Einsatz von Rechenleistung durch sogenannte Validatoren (&laquo;Miner&raquo;) die Validierung vorgenommen. Dabei l&ouml;sen die Miner eine komplexe mathematische Aufgabe. Derjenige Miner, der diese Rechenaufgabe am schnellsten l&ouml;st, erh&auml;lt als Entsch&auml;digung die Transaktionsgeb&uuml;hren des entsprechenden Blockes sowie eine Anzahl von neu generierten Token des zugrunde liegenden Protokolls (auch Block-Reward genannt). Da es nur einen erfolgreichen Validatoren pro Block geben kann, ist die vorhandene Rechenleistung des Miners von entscheidender Bedeutung. Entsprechend sind die einzelnen Miner bestrebt, die verf&uuml;gbare Rechenleistung laufend zu erh&ouml;hen, was substanzielle Investitionen vor allem in Hardware erfordert. Die mit dem Proof-of-Work-Konzept einhergehende Rechenleistung und der dadurch in der Konsequenz entstehende hohe Energieverbrauch ist Gegenstand erheblicher Kritik an diesem Konsensverfahren. Dieser &ouml;kologische Nachteil war auch ein gewichtiger Grund daf&uuml;r, dass vor kurzem die nach Marktkapitalisierung zweitgr&ouml;sste Kryptow&auml;hrung Ether resp. die zu Grunde liegende Ethereum Blockchain den Konsensmechanismus von &laquo;Proof of Work&raquo; auf &laquo;Proof of Stake&raquo; ge&auml;ndert hat.&nbsp;</p> <p>Aufgrund der oben erw&auml;hnten Investitionen in eine m&ouml;glichst hohe Rechenleistung, die bei etablierten Token meistens nur mittels Aufbaus eines Rechenzentrums (sogenannte &laquo;Miningfarm&raquo;) m&ouml;glich ist,&nbsp;wird bei Ertr&auml;gen aus dem Mining grunds&auml;tzlich von einer selbst&auml;ndigen Erwerbst&auml;tigkeit ausgegangen.&nbsp;</p> <p>Diese Qualifikation, die u.a. auch im Arbeitspapier der ESTV vorgenommen wird, f&uuml;hrt in der Praxis zu keinen nennenswerten Diskussionen.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn14" name="_ftnref14">14</a>}&nbsp;Aufgrund der hohen Investitionen ist vom Vorliegen einer systematischen und gewinnmaximierenden Mining-Strategie auszugehen, welche eine anderweitige Qualifikation ausschliesst.&nbsp;</p> <p>Sowohl die oben erw&auml;hnten Transaktionsgeb&uuml;hren als auch der Block-Reward werden in denjenigen, dem Protokoll zugrunde liegenden Token ausbezahlt und sind als Ertrag zu verbuchen. Die Bewertung der vereinnahmten Token basiert auf dem Marktwert zum Zeitpunkt des rechtlichen Anspruchs. Von diesem Ertrag werden die in Zusammenhang mit der Gewerbst&auml;tigkeit anfallenden Aufwendungen (u.a. Abschreibungen auf den investierten Rechnern und Energiekosten) abgezogen. Die gleichen Schlussfolgerungen ergeben sich auch f&uuml;r juristische Personen, die Mining-Aktivit&auml;ten ausf&uuml;hren.</p> <p>Eine Bewertung der neu generierten Token zu den Herstellkosten (d.h. Aktivierung der angefallenen Aufwendungen f&uuml;r das Mining) oder ein Abschlag zum Marktpreis ist abzulehnen. Dies begr&uuml;ndet sich damit, dass der Ertrag in einem kausalen Zusammenhang mit der Validierung der Transaktionen erfolgt und damit als Dienstleistungsertrag zu qualifizieren ist und nicht als eine Art Eigenleistung angesehen werden kann, die eine Aktivierung zu Herstellkosten rechtfertigen w&uuml;rde. Die als Entsch&auml;digung f&uuml;r den Miner neu generierten Token werden basierend auf dem zugrunde liegenden Algorithmus durch das Protokoll automatisch generiert und nicht aufgrund der durch die Miner vorgenommenen Validierungs-T&auml;tigkeit. Mit dieser wird lediglich die M&ouml;glichkeit wahrgenommen, die Entsch&auml;digung zu vereinnahmen.</p> <h4>3.6.2&nbsp;Staking</h4> <p>Das zweite verbreitete Konsensverfahren ist &laquo;Proof of Stake&raquo;. Bei diesem Verfahren handelt es sich grunds&auml;tzlich um eine passive T&auml;tigkeit der Validatoren. Um am Konsensmechanismus teilnehmen zu k&ouml;nnen, ist das effektive Halten derjenigen Token notwendig, deren zu Grunde liegende Blockchain validiert werden soll. Am Validierungsprozess teilnehmende Tokenhalter m&uuml;ssen ihre Token w&auml;hrend der Validierung als Pfand hinterlegen, womit diese w&auml;hrend der Zeit, an der sie am Validierungsprozess teilnehmen, gesperrt sind. Um die Transaktionen eines Blockes zu validieren, wird ein Validator vom Algorithmus des Protokolls zuf&auml;llig ausgew&auml;hlt. Der ausgew&auml;hlte Validator erh&auml;lt als Entsch&auml;digung die Transaktionsgeb&uuml;hren des entsprechenden Blockes sowie den Block Reward. Die hinterlegten und gesperrten Token dienen als Sicherheit, damit der Validator die Transaktionen korrekt validiert. Sollte ihm unlauteres oder b&ouml;swilliges Verhalten beim Validieren nachgewiesen werden, wird er mit einem Abzug auf den gesperrten Token bestraft (&laquo;Slashing&raquo; genannt).</p> <p>Da diese Validierungsfunktion auch mit einem handels&uuml;blichen Laptop wahrgenommen werden kann und gegen&uuml;ber dem &laquo;Proof of Work&raquo; nur ein bescheidener Kapital-, Arbeits- und Energieeinsatz notwendig ist, kann generell von einer passiven T&auml;tigkeit ausgegangen werden.&nbsp;Entsprechend sind die periodischen Einkommen aus dem Proof of Stake grunds&auml;tzlich als passiver Verm&ouml;gensertrag zu qualifizieren. Sollten juristischen Personen Staking-Ertr&auml;ge vereinnahmen, sind diese ordentlich als Ertr&auml;ge zu verbuchen.&nbsp;</p> <p>Dasselbe gilt auch f&uuml;r vereinnahmte Ertr&auml;ge von sogenannten Delegatoren. Sie nehmen nicht selber am Staking-Prozess teil, sondern delegieren ihre Token an einen professionellen Validator, der einen sogenannten Staking-Pool betreibt. Die Delegatoren erhalten die anteiligen Staking-Ertr&auml;ge unter Abzug einer Geb&uuml;hr, welche vom Staking-Pool-Betreiber einbehalten wird. Diese Geb&uuml;hr ist grunds&auml;tzlich als Verm&ouml;gensverwaltungskosten steuerlich absetzbar.&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> <p>Es ist im Einzelfall zu pr&uuml;fen, ob die Staking-T&auml;tigkeit &uuml;ber die schlichte Verwaltung von Privatverm&ouml;gen hinausgeht. Sollten aufgrund der W&uuml;rdigung der gesamten Umst&auml;nde die Voraussetzungen f&uuml;r die Annahme einer selbst&auml;ndigen Erwerbst&auml;tigkeit vorliegen, sind nicht nur die Staking-Ertr&auml;ge, sondern auch allf&auml;llig erzielte Kapitalgewinne aus der Ver&auml;usserung steuerbar.&nbsp;</p> <p>Bei Betreibern eines Staking-Pools ist stets von einer Gesch&auml;ftst&auml;tigkeit auszugehen. Der Staking-Pool-Betreiber bietet seine Dienstleistung auf dem Markt an und erf&uuml;llt deshalb grunds&auml;tzlich die Voraussetzungen einer gewerblichen T&auml;tigkeit.</p> <p>Hinsichtlich Bewertung ergeben sich die identischen Schlussfolgerungen wie beim Mining.^{<a title="" href="applewebdata://83378273-4EB7-4C46-BEC6-8211A3F5F177#_ftn15" name="_ftnref15">15</a>}&nbsp;Vom massgebenden Marktwert im Zeitpunkt des rechtlichen Anspruches k&ouml;nnen allf&auml;llige Verm&ouml;gensverwaltungskosten in Abzug gebracht werden.&nbsp;</p> <p>Eine Verbuchung zu Herstellkosten oder die Ber&uuml;cksichtigung eines Diskonts ist beim Staking ebenfalls nicht anwendbar. Als realisiert gelten die Staking-Ertr&auml;ge, wenn der rechtliche Anspruch auf den Reward erworben wurde. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt dementsprechend auch die Besteuerung dieser Ertr&auml;ge. Der rechtliche Anspruch erfolgt grunds&auml;tzlich unmittelbar nach Zuteilung des Rewards.</p> <h3>3.7&nbsp;Bewertung von digitalen Verm&ouml;genswerten bei nat&uuml;rlichen Personen</h3> <p>Grunds&auml;tzlich ist festzuhalten, dass es sich bei allen Token um bewertbare Verm&ouml;genswerte handelt, die steuerlich unter das bewegliche Kapitalverm&ouml;gen zu subsumieren sind. Entsprechend unterliegen sie der Verm&ouml;genssteuer und zwar zu dem am Ende der Steuerperiode massgebenden Verkehrswert.&nbsp;F&uuml;r die am Markt am meisten etablierten Token werden die massgeblichen Verkehrswerte in der Kursliste der ESTV publiziert. F&uuml;r die &uuml;brigen kotierten Token ist grunds&auml;tzlich der Kurs auf einer der f&uuml;hrenden Handelsplattformen heranzuziehen.&nbsp;Wie bereits unter 3.2 ausgef&uuml;hrt, ist ein Diskont f&uuml;r stark volatile oder illiquide Token aus steuerlicher Sicht abzulehnen, so dass die Verkehrswerte ebenfalls als massgebende Steuerwerte anzusehen sind.&nbsp;</p> <p>In der Praxis gibt die Bewertung von noch nicht kotierten Token, zum Beispiel in Zusammenhang mit der Abgabe an Mitarbeitende, Anlass zu Diskussionen. In solchen Konstellationen ist ein realistischer Drittpreis zu eruieren. Falls bereits Finanzierungsrunden stattgefunden haben, an welchen auch unabh&auml;ngige Drittinvestoren partizipieren konnten, ist dieser Verkaufspreis als massgebender Verkehrswert zu betrachten. Somit wird als minimaler Verm&ouml;genswert der Verkaufspreis der letzten Finanzierungsrunde angewendet.&nbsp;</p> <p>Wie bereits unter 3.2 ausgef&uuml;hrt, kommen die gesetzlichen Bestimmungen nach den <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_17_b" target="_blank" rel="noopener">Art. 17b DBG</a> wie auch <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_17_c" target="_blank" rel="noopener">Art. 17c DBG</a> bei Mitarbeitenden-Token nicht zur Anwendung, da es sich nicht um Mitarbeiter-Beteiligungen handelt. Dementsprechend kommt auch hier als massgebender Verm&ouml;genswert der Marktpreis zur Anwendung.</p> <h2>4.&nbsp;Herausforderungen im Veranlagungsverfahren</h2> <p>Wie aus den vorstehenden Ausf&uuml;hrungen hervorgeht, ergeben sich im Veranlagungsverfahren verschiedene Herausforderungen. Eine solche ist sicherlich, das notwendige Know-How aufzubauen, um die Gesch&auml;ftsmodelle sowie die technologische Innovation der verschiedenen Projekte zu verstehen. Ohne diese Grundlage ist es unm&ouml;glich, eine steuerlich korrekte W&uuml;rdigung vornehmen zu k&ouml;nnen. Der Aufbau des notwendigen Wissens ist deshalb der Schl&uuml;ssel, um neue komplexe Fragestellungen aus steuerlichen Gesichtspunkten ad&auml;quat beurteilen zu k&ouml;nnen.</p> <p>Gesellschaften oder deren Vertreter k&ouml;nnen zudem zu einem effizienten und schnellen Veranlagungsprozess beitragen und damit auch Zusatzaufwand vermeiden, wenn folgenden Punkten die n&ouml;tige Beachtung geschenkt wird.</p> <p>Eine aussagekr&auml;ftige Jahresrechnung und die Beilage einer Saldobilanz ist f&uuml;r eine erste Beurteilung &auml;usserst hilfreich. Ein besonderes Augenmerk legen die Steuerbeh&ouml;rden im Veranlagungsverfahren auf die eigenen Token sowie auf die H&ouml;he der Projektr&uuml;ckstellung.</p> <p>Bei den eigenen Token sind Informationen zum Bestand und der Ver&auml;nderung w&auml;hrend der Steuerperiode mittels Auszug aus dem Wallet oder zur Verf&uuml;gung stellen der entsprechenden Public Keys hilfreich. F&uuml;r die Beurteilung der Projektr&uuml;ckstellung liefern Unterlagen respektive Berechnungsdetails zum Nachweis der gesch&auml;ftsm&auml;ssigen Begr&uuml;ndetheit der verbuchten R&uuml;ckstellung wertvolle Hinweise f&uuml;r die Veranlagungsbeh&ouml;rde.</p> <h2>5.&nbsp;Fazit</h2> <p>Der technologische Fortschritt ist nicht aufzuhalten und wird sich weiter beschleunigen. Entsprechend werden sich auch die Gesch&auml;ftsmodelle der Blockchain-Gesellschaften weiter entwickeln und immer neue Innovationen hervorbringen. Diese sind bereits sichtbar und tragen Abk&uuml;rzungen wie DeFi, NFT oder DAO. Solche neuen Innovationen f&uuml;hren dazu, dass die bisherige steuerliche Praxis laufend &uuml;berpr&uuml;ft werden muss und allf&auml;llige Anpassungen notwendig sein werden. Das Ziel dabei bleibt es jedoch stets, in einem technologieneutralen regulatorischen Umfeld tragf&auml;hige L&ouml;sungen zu finden, damit die Schweiz weiterhin attraktiv f&uuml;r innovative Gesch&auml;ftsmodelle bleibt.&nbsp;</p></article>