<article class="rz"><h2>1. Einleitung</h2>
<p>Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, werden von Aktionären regelmässig mittels à fonds perdu-Zuschüssen saniert. Solche Zuschüsse sind bei der notleidenden Gesellschaft gewinnsteuerneutral (Art. 60 lit. a DBG). Sie unterliegen grundsätzlich aber der Emissionsabgabe (Art. 5 Abs. 2 lit. a StG), sofern keine Ausnahme nach Art. 6 StG vorliegt. Eine solche Ausnahme sieht das Gesetz in Art. 6 Abs. 1 lit. k StG vor, wonach Zuschüsse von Gesellschaftern oder Genossenschaftern bei stillen Sanierungen von der Emissionsabgabe ausgenommen sind, soweit die Leistungen der Gesellschafter oder Genossenschafter gesamthaft CHF 10 Millionen nicht übersteigen und bestehende Verluste beseitigt werden (sog. Sanierungsfreibetrag). Darüber hinaus kann die Emissionsabgabe bei Sanierungen unter gewissen Voraussetzungen gestundet oder gänzlich erlassen werden, wenn die Erhebung der Emissionsabgabe eine offenbare Härte bedeuten würde (Art. 12 StG). Dogmatisch betrachtet unterliegt diesfalls der Zuschuss der Emissionsabgabe und entsteht eine Emissionsabgabeforderung, die in einem zweiten Schritt dann jedoch erlassen wird (vgl. Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV, Ziff. 3.3.3).</p>
<p>Aus Sicht des zuschiessenden Aktionärs stellt ein Zuschuss (Kapitaleinlage) eine Vermögensumschichtung dar (Art. 16 Abs. 3 DBG).<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1"><sup>01</sup></a> Sie löst im Privatvermögen keine Einkommenssteuerfolgen aus.<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2"><sup>02</sup></a> Umgekehrt unterliegt auch die Rückzahlung des Zuschusses nicht der Einkommenssteuer (Art. 20 Abs. 3 DBG). Bis vor Kurzem war diese Einkommenssteuerfreiheit der Rückzahlung gemäss Praxis der Steuerbehörden auf handelsrechtlich offen ausgewiesene Kapitaleinlagen beschränkt.</p>
<p>Im Bereich der Kapitaleinlagen sind im vergangenen Jahr zwei wegweisende Urteile ergangen. In einem ersten Entscheid verwarf das Bundesgericht die bisherige Praxis, wonach eine einkommenssteuerfreie Rückzahlung von Kapitaleinlagen im Sinn von Art. 20 Abs. 3 DBG nur dann vorliegt, wenn die zurückbezahlte Kapitaleinlage bei der Gesellschaft (analog zu Art. 5 Abs. 1<sup>bis</sup> VStG) auf einem separaten Konto verbucht wurde (vgl. Kreisschreiben Nr. 29c der ESTV, Ziff. 2.1 und 3.2). Das Bundesgericht hat Art. 20 Abs. 3 DBG entsprechend auch auf die Rückzahlung einer verdeckten Kapitaleinlage angewandt. In einem zweiten Entscheid hatte das Bundesgericht im vergangenen Jahr die Praxis der ESTV zur Ausnahmebestimmung nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG zu beurteilen. Es schützte dabei die Praxis der ESTV, wonach die buchhalterische Verrechnung eines Zuschusses mit den Verlustvorträgen zwingend ist, um den Sanierungsfreibetrag anzuwenden (vgl. Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV, Ziff. 3.3.2.b).</p>
<p>Der vorliegende Beitrag beleuchtet das Zusammenspiel der beiden ergangenen Urteile und deren Auswirkung auf die steuerrechtliche Behandlung von Sanierungszuschüssen im Privatvermögen. Hierzu sind zuerst die beiden Urteile genauer zu analysieren, bevor auf die Auswirkungen mit Bezug auf die Sanierungszuschüsse eingegangen wird.</p>
<h2>2. Urteil zur verdeckten Kapitaleinlage vom 17. März 2023</h2>
<p>Im Urteil vom 17. März 2023 (9C_678/2021; publiziert als BGE 149 II 158) hatte die Steuerpflichtige als Alleinaktionärin der B. AG dieser im Jahr 2003 eine Hotelliegenschaft für insgesamt CHF 6.8 Mio. verkauft. In Abweichung zu diesem Erwerbspreis bilanzierte die B. AG die Liegenschaft mit einem Buchwert von CHF 1'865'995. Dieser Buchwert wurde im Lauf der Jahre mehrfach angepasst und betrug bei der Liquidation der B. AG im Jahr 2015 CHF 3’426'930. Im Zuge der Liquidation wurde die Liegenschaft mit einem Bruttoerlös von CHF 5’702’094 veräussert.<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3"><sup>03</sup></a> Das Kantonale Steueramt Nidwalden besteuerte in der Folge bei der Steuerpflichtigen eine Liquidationsdividende in der Höhe von CHF 2'275'164 (Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und dem Buchwert). Die Liquidationsdividende entstand dabei insbesondere infolge der verdeckten Kapitaleinlagen, welche die Steuerpflichtige durch Befreiung der B. AG von einer Hypothekarschuld leistete.<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4"><sup>04</sup></a></p>
<p>Das Bundesgericht prüfte in seinem Urteil in materieller Hinsicht zuerst, ob eine verdeckte Kapitaleinlage vorliegt, bevor es anschliessend darauf einging, ob eine solche bei der Rückzahlung gemäss Art. 20 Abs. 3 DBG nicht der Einkommensteuer unterliegt. Das Bundesgericht hielt dazu fest, dass die Schuldübernahme der Aktionärin eine Kapitaleinlage darstelle und es keinen Grund gebe, diesen Vorgang anders als den Zuschuss von Barmitteln in die Gesellschaft zu behandeln, mit denen die Gesellschaft ihre Schulden in der Folge selbst begleicht. Da die Kapitaleinlage vorliegend durch die B. AG nicht verbucht wurde, handle es sich um eine verdeckte Kapitaleinlage.<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5"><sup>05</sup></a></p>
<p>Aufgrund der Auslegung von Art. 20 Abs. 3 DBG kam das Bundesgericht anschliessend zum Schluss, dass bei dieser Bestimmung (im Unterschied zu Art. 5 Abs. 1<sup>bis</sup> VStG) die separate Verbuchung der Kapitaleinlage nicht Voraussetzung für die einkommenssteuerfreie Rückzahlung an den Anteilsinhaber sei.<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6"><sup>06</sup></a> Es spreche nichts dagegen, dem Anteilsinhaber (analog zu Kapitaleinlagen bei ausländischen Gesellschaften) die Erbringung des Nachweises zu erlauben, dass eine Leistung aus einer Kapitaleinlage stamme.<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7"><sup>07</sup></a></p>
<h2>3. Urteil zur Emissionsabgabe vom 7. September 2023</h2>
<p>Im Urteil vom 7. September 2023 (9C_610/2022; publiziert als BGE 149 II 462) war die Abgabepflichtige stark überschuldet und wurde im Jahr 2015 saniert. Die Sanierung erfolgte durch Kapitalerhöhung mit Verrechnungsliberierung, im Rahmen welcher die Muttergesellschaft ein erhebliches Agio leistete. Im Rahmen einer Buchprüfung stellte die ESTV fest, dass die Abgabepflichtige das Agio als Kapitaleinlagereserve erfasst und mithin nicht gegen die vorhandenen Verluste ausgebucht hatte. Da somit die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Sanierungsfreibetrags gemäss der Praxis der ESTV nicht erfüllt waren, stellte sich die ESTV auf den Standpunkt, dass die Emissionsabgabe nachzuerheben sei<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8"><sup>08</sup></a> und die spätere Ausbuchung zudem unberücksichtigt bleiben müsse.<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9"><sup>09</sup></a></p>
<p>Während vor dem Bundesverwaltungsgericht sowohl der Sanierungsfreibetrag nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG als auch der Erlass der Emissionsabgabe nach Art. 12 StG zu beurteilen waren, bildete der Erlass der Emissionsabgabe (aus prozessualen Gründen) nicht mehr Streitgegenstand vor Bundesgericht.<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10"><sup>10</sup></a></p>
<p>Das Bundesgericht verwies in seinem Urteil zuerst auf den formalen Charakter der Stempelabgaben und dem damit verbundenen Erfordernis nach einer formell-zivilrechtlichen Betrachtungsweise.<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11"><sup>11</sup></a> Nachdem weder der Wortlaut noch das historische oder systematische Auslegungselement eine Antwort auf die Frage nach dem Verrechnungserfordernis ergaben, folgerte das Bundesgericht gestützt auf das teleologische Auslegungselement, dass für die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 lit. k StG eine Ausbuchung des Verlustvortrags erforderlich sei.<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12"><sup>12</sup></a> Eine solche Auslegung werde der gebotenen formell-zivilrechtlichen Betrachtungsweise gerecht.<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13"><sup>13</sup></a> Schliesslich hielt das Bundesgericht fest, dass die Verlustbeseitigung bzw. die buchhalterische Verrechnung des Zuschusses mit dem Verlustvortrag in jenem Zeitpunkt zu geschehen hat, in welchem die Sanierungsmassnahme zu verbuchen ist.<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14"><sup>14</sup></a></p>
<h2>4. Rückzahlung von Sanierungszuschüssen</h2>
<h3>4.1 Sanierungszuschuss als (offene) Kapitaleinlage</h3>
<p>Eine offene Kapitaleinlage liegt vor, wenn die Kapitaleinlage bei der empfangenden Gesellschaft zum tatsächlichen Wert abgebildet wird. Von einer verdeckten Kapitaleinlage ist hingegen die Rede, wenn die Kapitaleinlage in den Büchern der empfangenden Gesellschaft nicht oder nicht mit dem tatsächlichen Wert abgebildet wird.<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15"><sup>15</sup></a> Während bei der offenen Kapitaleinlage das bilanzielle Eigenkapital der empfangenden Gesellschaft somit erhöht wird, wird die Eigenkapitalzunahme bei einer verdeckten Kapitaleinlage bilanziell nicht oder nicht vollständig abgebildet. Zu verdeckten Kapitaleinlagen kommt es primär dann, wenn eine Gesellschaft von ihrem Aktionär unterpreislich oder unentgeltlich Sach- oder immaterielle Wirtschaftsgüter erwirbt. Legt ein Aktionär hingegen flüssige Mittel in die Gesellschaft ein, scheidet eine verdeckte Kapitaleinlage aus.</p>
<p>Vom Begriffspaar der offenen und verdeckten Kapitaleinlagen abzugrenzen ist die Unterscheidung zwischen einer offenen und einer stillen Sanierung (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. k StG). Eine offene Sanierung liegt vor, wenn das Grund- oder Stammkapital herabgesetzt und anschliessend wieder bis maximal zur Höhe des ursprünglichen Kapitals erhöht wird. Als stille Sanierungen gelten hingegen Zuschüsse im Sinn von Art. 5 Abs. 2 lit. a StG, die zur Abdeckung von Verlusten führen.<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16"><sup>16</sup></a></p>
<p>Wenn von einem Sanierungszuschuss gesprochen wird, liegt folglich immer eine stille Sanierung vor. Damit ist allerdings noch nichts darüber gesagt, ob es sich um eine offene oder verdeckte Kapitaleinlage handelt. Da der Sanierungszuschuss allerdings der Beseitigung einer Unterbilanz bzw. des Kapitalverlusts oder der Überschuldung der empfangenden Gesellschaft dient, erfüllt der Sanierungszuschuss seinen Zweck nur, wenn dadurch das Eigenkapital erhöht bzw. die Bilanz verlängert wird. Dies ist nur der Fall, wenn ein Zuschuss die Reserven der empfangenden Gesellschaft erhöht oder durch Verrechnung die Verluste reduziert bzw. beseitigt. Damit stellt ein Sanierungszuschuss stets eine offene Kapitaleinlage dar. Diese kann in Form eines Barzuschusses oder durch Übertragung von anderen materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgütern geleistet werden, wobei im zweiteren Fall auch eine teilweise verdeckte Kapitaleinlage denkbar ist.<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17"><sup>17</sup></a></p>
<h3>4.2 Gemeinsamkeit und Unterschied zur verdeckten Kapitaleinlage</h3>
<p>Wie vorstehend erwähnt, schützt das Bundesgericht die Praxis der ESTV, wonach ein Sanierungszuschuss mit den vorhandenen Verlusten buchhalterisch zu verrechnen ist, damit der Sanierungsfreibetrag nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG greift.<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18"><sup>18</sup></a> Erforderlich ist gemäss dem bundesgerichtlichen Urteil, dass die Ausbuchung des Verlustvortrags in jenem Zeitpunkt zu geschehen hat, in welchem die Sanierungsmassnahme zu verbuchen ist.<a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19"><sup>19</sup></a> In der Literatur wird diesbezüglich darauf hingewiesen, dass dies zumindest unter dem Rechnungslegungsrecht, das seit dem 1. Januar 2023 gilt, handelsrechtwidrig wäre. Begründet wird dies damit, dass Einlagen und Zuschüsse aufgrund von Art. 671 Abs. 1 Ziff. 3 OR in der Jahresrechnung zunächst zwingend als gesetzliche Kapitalreserve auszuweisen sind und die Verrechnung mit Verlusten durch die Generalversammlung im Folgejahr zu beschliessen ist.<a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20"><sup>20</sup></a></p>
<p>Unabhängig vom Verrechnungszeitpunkt weisen Sanierungszuschüsse im Ergebnis insofern eine Ähnlichkeit mit verdeckten Kapitaleinlagen auf, als dass der Sanierungszuschuss in den Büchern der Gesellschaft nicht als separate Kapitaleinlagereserve ausgewiesen wird. Im Unterschied zur verdeckten Kapitaleinlage hängt dies aber nicht damit zusammen, dass die Kapitaleinlage buchhalterisch nicht abgebildet wird. Aktivseitig wird die Kapitaleinlage nämlich zum tatsächlichen Wert verbucht, also offen ausgewiesen. Allerdings findet passivseitig innerhalb des Eigenkapitals eine Verrechnung der Kapitaleinlage mit den Verlusten statt, mit der die Kapitaleinlage quasi «zugedeckt» bzw. vernichtet wird. Im Unterschied zur verdeckten Kapitaleinlage kommt eine nachträgliche (erneute) Aufdeckung der Kapitaleinlage allerdings nicht in Frage, da die Einlage aktivseitig bereits offengelegt wurde.</p>
<h3>4.3 Einkommensteuerfreie Rückzahlung von Sanierungszuschüssen im Rahmen von Art. 20 Abs. 3 DBG?</h3>
<p>Aus Sicht des Aktionärs stellt sich die Frage, ob aus der jüngsten Rechtsprechung zu verdeckten Kapitaleinlagen auch Schlussfolgerungen für die Rückführung von in der Vergangenheit geleisteten und mit späteren Gewinnen wiederaufgefüllten Sanierungszuschüssen gezogen werden können.</p>
<p>Hierbei ist allerdings zu beachten, dass ein mit Verlusten verrechneter Sanierungszuschuss nicht ohne Weiteres mit einer verdeckten Kapitaleinlage gleichgesetzt werden kann. So wird der Sanierungszuschuss buchhalterisch zunächst erfasst und wieder gegen Verluste ausgebucht, wogegen die verdeckte Kapitaleinlage gerade nicht erfasst und erst später durch Realisation aufgedeckt wird.</p>
<p>Dessen ungeachtet sollte allerdings aus Sicht des Aktionärs auch ein in der Vergangenheit geleisteter Sanierungszuschuss bei Erholung der Gesellschaft gleich wie eine verdeckte Kapitaleinlage behandelt werden können und daher einkommenssteuerfrei rückführbar sein. Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil zu den verdeckten Kapitaleinlagen ausführlich mit Art. 20 Abs. 3 DBG beschäftigt und sich auch klar zum Verhältnis zwischen der Einkommens- und der Verrechnungssteuer geäussert. Es führte hierzu zusammengefasst aus, dass das Steuerobjekt des Verrechnungssteuerrechts trotz Sicherungszwecks nicht zwingend mit der Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer übereinstimmen müsse.<a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21"><sup>21</sup></a> Zudem würden auch Praktikabilitätsüberlegungen keine Deckungsgleichheit zwischen der Verrechnungssteuer und der Einkommenssteuer gebieten, da die Verrechnungssteuer im Selbstveranlagungsverfahren erhoben werde und deshalb im Zeitpunkt der Ausrichtung der Leistung Gewissheit darüber bestehen müsse, ob diese der Verrechnungssteuer unterliege oder nicht.<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22"><sup>22</sup></a> Entsprechend sei die Steuerfreiheit der Ausschüttung von Kapitaleinlagen losgelöst von der separaten Verbuchung bei der Gesellschaft zu beurteilen.<a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23"><sup>23</sup></a> Diese Erwägungen sind auch auf die Rückerstattung von Sanierungszuschüssen übertragbar.</p>
<p>Das Bundesgericht legt in seiner Rechtsprechung zudem den Begriff des Vermögensertrags nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus.<a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24"><sup>24</sup></a> Folgerichtig ist daher auch das Vorliegen einer Kapitaleinlage und deren Rückzahlung nach Art. 20 Abs. 3 DBG nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen.<a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25"><sup>25</sup></a> Dabei muss die Beurteilung aus der Sicht des Aktionärs erfolgen. Die Einführung des Kapitaleinlageprinzips in Art. 20 Abs. 3 DBG wurde historisch neben der Finanzierungsneutralität denn auch damit begründet, dass die Besteuerung von zurückbezahlten Zuschüssen im Privatvermögen der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) widerspreche.<a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26"><sup>26</sup></a> Es ist deshalb auch aus verfassungsrechtlicher Sicht sachgerecht, die Besteuerung auf jene Leistungen der Gesellschaft an ihren Aktionär zu beschränken, die wirtschaftlich keine Rückzahlung von Kapital darstellen.<a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27"><sup>27</sup></a></p>
<h3>4.4 Folgerung</h3>
<p>Aufgrund der vorstehenden Überlegungen wäre es unseres Erachtens angemessen, auch im Umfang von früher durch den Aktionär geleisteten Sanierungszuschüssen eine einkommenssteuerfreie Mittelrückführung unter Anwendung von Art. 20 Abs. 3 DBG zu ermöglichen. Die Verrechnung der durch den Sanierungszuschuss entstehenden Kapitaleinlage mit Verlustvorträgen der empfangenden Gesellschaft zwecks Geltendmachung des Sanierungsbetrags (Art. 6 Abs. 1 lit. k StG) kann daran nichts ändern.<a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28"><sup>28</sup></a> Dem steht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1<sup>bis</sup> VStG nicht entgegen, die für die Zwecke der Verrechnungssteuer ein «Wiederauffüllen» der Kapitaleinlagereserven nach deren Verrechnung mit Verlusten nicht zulässt.<a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29"><sup>29</sup></a></p>
<p>Für die Besteuerung des Aktionärs kann es richtigerweise nämlich keinen Unterschied machen, ob er einen Zuschuss in eine finanziell gesunde oder angeschlagene Gesellschaft vornimmt. Im Privatvermögen bzw. aus Sicht des Aktionärs sollte daher eine Art «Gestehungskostenprinzip» gelten, sodass die Rückzahlung von Kapital immer steuerfrei bleibt, auch wenn die Gesellschaft zwischenzeitlich rückzahlungsunfähig ist, weil es ihr an den entsprechenden Reserven fehlt. Ein solcher Ansatz ist auch im Sinn der Finanzierungsneutralität, wonach die Eigenkapitalfinanzierung nicht schlechter als die Fremdkapitalfinanzierung behandelt werden soll.</p>
<p>Art. 20 Abs. 3 DBG liegt zudem das Konzept des Kapitaleinlageprinzips zugrunde, das vom Kapitalrückzahlungsprinzip abzugrenzen ist. Art. 20 Abs. 3 DBG knüpft damit nicht an die Person des Einlegers an, sodass die Kapitaleinlagen auch an andere Personen als jene, welche die Kapitaleinlage seinerzeit geleistet hatten, einkommenssteuerfrei zurückbezahlt werden können.<a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30"><sup>30</sup></a> Dass dies bei der Rückzahlung offener Kapitaleinlagen gilt, scheint unbestritten. Das Bundesgericht hatte im jüngsten Entscheid zwar die Rückzahlung der verdeckten Kapitaleinlage an die ursprüngliche Einlegerin zu beurteilen. Aus den Erwägungen ergibt sich allerdings nicht, dass dieser Umstand entscheidend gewesen sein soll. Der Verweis des Bundesgerichts auf die Praxis der ESTV zu ausländischen Gesellschaften sowie die Beweislast der steuerpflichtigen Person<a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31"><sup>31</sup></a> lassen unseres Erachtens eher einen gegenteiligen Schluss zu, womit alle Kapitalrückzahlungen richtigerweise gleich zu behandeln sind. Folglich sollte auch die Rückzahlung einer verdeckten Kapitaleinlage an einen anderen Aktionär (als den einlegenden) einkommenssteuerfrei sein. Dasselbe sollte für die Rückzahlung von Sanierungszuschüssen gelten.<a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32"><sup>32</sup></a></p>
<p>Die Umsetzung eines solchen Konzepts wirft allerdings verschiedene (beweisrechtliche) Fragen auf, auf die nachfolgend eingegangen wird.</p>
<h2>5. Ausgewählte Fragestellungen</h2>
<p>Da es sich bei Art. 20 Abs. 3 DBG um eine steuermindernde bzw. steuerausschliessende Tatsache handelt, trägt die steuerpflichtige Person die Beweislast dafür, dass eine Zahlung der Gesellschaft eine steuerfreie Rückzahlung einer Kapitaleinlage darstellt.<a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33"><sup>33</sup></a> Erforderlich ist hierzu der Nachweis, dass ursprünglich eine Kapitaleinlage (verdeckt oder als Sanierungszuschuss) geleistet wurde, wie hoch die Kapitaleinlage war sowie dass es sich bei der Zahlung einer Gesellschaft um die Rückzahlung dieser Kapitaleinlage handelt.</p>
<p>Wie vorstehend erwähnt (vgl. vorne Abschnitt 4.4), muss eine steuerfreie Rückzahlung auch durch Aktionäre beansprucht werden können, die die frühere Kapitaleinlage nicht selbst geleistet haben, da das Kapitaleinlageprinzip nicht an die Person des Einlegers anknüpft. Kommt es zwischen der Leistung der Kapitaleinlage und der Rückzahlung derselben zu Handänderungen, kann dies zu Beweisschwierigkeiten führen.</p>
<p>Betroffen ist einerseits der Nachweis, dass früher eine Kapitaleinlage geleistet wurde. Falls die entsprechenden Informationen nicht öffentlich verfügbar sind (z.B. beim Handelsregister), wird die Käuferschaft gut beraten sein, sich bereits beim Erwerb der Aktien über allfällige früher geleistete verdeckte Kapitaleinlagen und Sanierungszuschüsse zu informieren. Bei Sanierungszuschüssen könnte dieser Nachweis gestützt auf die Jahresrechnungen der Gesellschaft und die Abrechnungen über die Emissionsabgabe (Formulare 3 oder 4) erbracht werden. Denkbar wäre u.E. schliesslich auch die Bestätigung des Zuschusses sowie der anschliessenden Verrechnung desselben mit Verlusten mittels des Formulars 170.</p>
<p>Andererseits besteht mangels separaten handelsrechtlichen Ausweises der verdeckten Kapitaleinlage oder des Sanierungszuschusses das Risiko, dass Art. 20 Abs. 3 DBG mehrfach beansprucht wird. Ohne einen separaten Ausweis in der handelsrechtlichen Jahresrechnung (oder in einer Steuerbilanz) ist daher nicht ohne Weiteres bestimmbar, ob es sich bei der Leistung der Gesellschaft um die (verdeckte) Rückzahlung von Kapitaleinlagen oder um eine Ausschüttung von Gewinnen (Vermögensertrag) handelt. Die (laufende) Umsetzung wäre somit mit einigen signifikanten, praktischen Schwierigkeiten behaftet. Eine mehrfache Beanspruchung von Art. 20 Abs. 3 DBG könnte aber grundsätzlich vermieden werden, wenn erst im Rahmen der Ausschüttung der Liquidationsdividende geprüft würde, ob sich diese (teilweise) aus früher geleisteten verdeckten und gegen Verlustvorträge ausgebuchten Kapitaleinlagen zusammensetzt. Eine Liquidation lag denn auch dem bundesgerichtlichen Entscheid zugrunde.<a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34"><sup>34</sup></a> Auch die ESTV beschränkt die einkommenssteuerfreie Rückzahlung gemäss jüngst publizierter Mitteilung auf den Zeitpunkt der zivilrechtlichen Liquidation.<a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35"><sup>35</sup></a> Rein dogmatisch betrachtet lässt sich die Rückführung der früher geleisteten verdeckten und gegen Verluste ausgebuchten Kapitaleinlagen jedoch nicht auf die Liquidationsdividende beschränken.</p>
<h2>6. Fazit</h2>
<p>Das Bundesgericht hat im vergangenen Jahr zwei Leitentscheide gefasst, in denen es für den Sanierungsfreibetrag nach Art. 6 Abs. 1 lit. k StG den Verrechnungszwang bestätigte und es die einkommenssteuerfreie Rückzahlung auf verdeckte Kapitaleinlagen erweitert hat. Sanierungszuschüsse sind zwar keine verdeckten Kapitaleinlagen. Wird vom Sanierungsfreibetrag Gebrauch gemacht und die Kapitaleinlage mit Verlusten verrechnet, stellen sich bei einer späteren, nach dem «Wiederauffüllen» vorgenommenen Rückzahlung, aber ähnliche Fragen wie bei der Rückzahlung verdeckter Kapitaleinlagen.</p>
<p>Die Folgerungen des Bundesgerichts zur Rückzahlung verdeckter Kapitaleinlagen müssen auch für in der Vergangenheit geleistete und mit Gewinnen wiederaufgefüllte Sanierungszuschüsse sinngemäss gelten. Der Verrechnungszwang bei der Emissionsabgabe hat folglich für die Einkommenssteuer ohne Auswirkung zu bleiben. Entsprechend bleiben Kapitaleinlagen für Einkommenssteuerzwecke weiterhin relevant, auch wenn die Gesellschaft diese buchhalterisch nicht mehr ausweist. Hierfür spricht sowohl die verfassungskonforme Auslegung von Art. 20 Abs. 3 DBG als auch das Gebot der Finanzierungsneutralität.</p></article>
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