<article class="rz"><h2>1. Geschichte der STAF</h2>
<p>Das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), welches am 1. Januar 2020 in Kraft gesetzt wurde, hat eine lange Geschichte. Diese geht bis ins Jahr 2005 zurück, als die EU unilateral entschied, dass das kantonale Steuerregime für Statusgesellschaften gegen das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU verstösst.<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1"><sup>01</sup></a> Nach diesem Entscheid der EU begann die Schweiz einen «Dialog» mit der EU, wo die unterschiedliche Besteuerung von in- und ausländischen Erträgen bei Statusgesellschaften (sog. «ring-fencing») im Zentrum stand. Der Dialog mündete in die gemeinsame Erklärung vom 14. Oktober 2014, worin der Bundesrat die Absicht bekräftigte, die international verpönten Steuerregimes betreffend Statusgesellschaften aufzuheben.<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2"><sup>02</sup></a></p>
<p>Neben der Diskussion mit der EU entstand zusätzlich Druck auf einzelne Teile des Unternehmungssteuerrechts der Schweiz (u.a. auch Statusgesellschaften) durch den Aktionsplan der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting; BEPS) . Der Aktionsplan der OECD zielt darauf ab, die Steuerplanungsmöglichkeit und die möglicherweise damit verbundene Aushöhlung von Steuersubstraten durch Einschränkung der Mobilität der Gewinnsteuerbasisfaktoren innerhalb von Konzernstrukturen einzuschränken. M.a.W. geht es um die Gewährleistung der Besteuerung am Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit.<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3"><sup>03</sup></a></p>
<p>In der Überzeugung, dass die Schweiz, als Teil der international vernetzten Staatenwelt, die international geäusserte Kritik an Teilen des schweizerischen Steuersystems nicht ignorieren könne, erarbeitete der Bundesrat mit der Unternehmenssteuerreform III (USR III) ein Gesetz aus, das die internationale Akzeptanz wiederherstellen sollte, indem die Steuerprivilegien für Statusgesellschaften abgeschafft werden. Um die Wettbewerbsfähigkeit und die finanzielle Ergiebigkeit der Gewinnsteuer für das Gemeinwesen sicherzustellen, wurden in der USR III als Kompensation zu den Statusgesellschaften Regelungen eingeführt, welche die Attraktivität der Schweiz erhalten, aber internationalen Standards entsprachen.<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4"><sup>04</sup></a> Bei der politischen Diskussion wurde die USR III heftig kritisiert und bekämpft. Das Hauptargument war, dass sie über das Ziel hinausschiesst und zu (zu) hohen Einnahmeausfällen führen würde, für welche dann die Bevölkerung einzustehen hätte. Die USR III wurde am 12. Februar 2017 vom Volk mit 59 % Nein-Stimmen verworfen.<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5"><sup>05</sup></a></p>
<p>Unmittelbar nach dem Nein vom 12. Februar 2017 erklärte der Bundesrat, dass der internationale Druck nicht abnehmen werde. Die Schweiz sei trotz dem Nein zur USR III gezwungen, die kritisierten Bestandteile des Unternehmenssteuerrechts zu korrigieren. So verwies der Bundesrat auf den Schlussbericht der OECD zum BEPS-Projekt vom 5. Oktober 2015, wo bei der BEPS-Massnahme 5 Mindeststandards für die wirksame Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz formuliert sind. Diesen Mindeststandards genügt das Steuerregime der Statusgesellschaften nicht.<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6"><sup>06</sup></a> Auch die EU blieb nicht tatenlos, und verabschiedete am 5. Dezember 2017 zwei Listen mit Steueroasen, wobei u.a. auf Steuertransparenz und -gerechtigkeit abgestellt wurde. Die «schwarze Liste» betrifft unkooperative Staaten, wie etwa Panama oder die Vereinigte Arabische Emirate (VAE). Die zweite Liste, die «graue Liste» (sog. Watch List), umfasst Steueroasen, welche gegenüber der EU Zusagen zur Änderung ihrer Steuerpraktiken gemacht haben, worunter sich auch die Schweiz befand.<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7"><sup>07</sup></a></p>
<p>Der Bundesrat reagierte nach seiner Ankündigung nach dem Nein vom 17. Februar 2017 rasch. Er verabschiedete am 21. März 2018 das «Bundesgesetz über die Steuervorlage 17» mit der entsprechenden Botschaft. Die Vorlage wurde innerhalb eines Jahres mit breiter Abstützung und unter Berücksichtigung einer umfassenden Anhörung aller interessierten Kreise erarbeitet. In der Botschaft wurde mit Nachdruck auf die Dringlichkeit des Geschäfts hingewiesen, indem folgendes ausgeführt wurde:</p>
<blockquote>«Erstens haben wichtige Länder weitreichende Reformen bei der Gewinnsteuer beschlossen oder diese angekündigt. Zweitens mehren sich unilaterale wie auch international koordinierte Massnahmen, die darauf abzielen, steuerlich attraktive Länder zu schwächen. Die Schweiz muss tätig werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber konkurrierenden Ländern zu behaupten. Eine erfolgreiche Umsetzung der SV17 ist deshalb unerlässlich, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten und die steuerliche Attraktivität zu wahren».<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8"><sup>08</sup></a></blockquote>
<p>Auch das Parlament war sich des Reformdruckes bewusst und suchte parteiübergreifend nach der richtigen «Lösung», damit eine allfällige (nochmalige) Volksabstimmung zum gleichen Thema erfolgreich durchgeführt werden konnte. Diese parlamentarische Diskussion führte dazu, dass neben den Kernbereichen des Steuerrechts neu eine Bestimmung für die Verbesserung der AHV-Finanzierung, anstelle der Erhöhung der Familienzulagen (so noch USR III), in die Vorlage aufgenommen wurde. Diese Anpassung der bundesrätlichen Vorlagen führte folgerichtig auch zur Umbenennung der Vorlage in «Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung» (STAF). Das Parlament beriet in geradezu unschweizerischem Tempo die Vorlage zwischen Mai und September 2018 und verabschiedete das Gesetz an der Schlussabstimmung vom 28. September 2018. Erwartungsgemäss wurde dagegen (wiederum) erfolgreich das Referendum ergriffen. Die Hauptkritik an der «neuen» Vorlagen war im Abstimmungskampf vor allem die Verknüpfung der Steuerthemen mit der AHV-Finanzierung, welche in der Diskussion auch als «Kuhhandel» bezeichnet wurde. Doch die Taktik des Parlamentes ging auf, und die Vorlage wurde am Abstimmungssonntag vom 19. Mai 2019 mit einem Ja-Stimmenanteil von 66,4 % vom Stimmvolk angenommen.<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9"><sup>09</sup></a> Die Vorlage wurde auf den 1. Januar 2020 in Kraft gesetzt.<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10"><sup>10</sup></a></p>
<p>Auf internationaler Ebene wurden die Massnahmen der STAF positiv aufgenommen. Das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Globales Forum für Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken) beurteilt die Schweizer Steuergesetzgebung in ihrem Bericht als weitgehend konform mit den OECD-Regeln. Insbesondere hat sich die Schweiz durch die STAF im Prüfungspunkt «Rechte und Schutzmassnahmen» verbessert.<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11"><sup>11</sup></a></p>
<h2>2. Steuerliche Massnahmen der STAF</h2>
<p>Inhaltlich umfasst die STAF im Kern die Themen, welche seit Beginn der Diskussion über die Anpassung des Unternehmungssteuerrechts im Jahre 2005 im Vordergrund standen, nämlich die Abschaffung der steuerlichen Sonderregime. Neben diesem Hauptpunkt wurde in der Planung der Vorlage immer nach Möglichkeiten gesucht, welche die Attraktivität der Schweiz als «Steuerstandort» erhalten können und andererseits international anerkannt sind. Aus diesem Spannungsfeld haben sich vor allem neue Regelungen im Zusammenhang mit der Innovationsförderung, d.h. die Instrumente der Patentbox und zusätzliche Forschungs- & Entwicklungsabzüge (F&E-Abzüge) herauskristallisiert. Die weiteren Elemente sind einerseits politischen Sonderinteressen (Abzug für Eigenfinanzierung) und andererseits dem Ausgleich der möglichen Kosten aufgrund der Aufhebung der Sonderregime sowie den damit einhergehenden kantonalen Gewinnsteuersenkungen zuzuschreiben (Einschränkungen bei der KER; Erhöhung der Dividendenbesteuerung; Entlastungsbegrenzung; Erhöhung des Bundesbeitrages an den direkten Bundessteuern an die Kantone).<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12"><sup>12</sup></a></p>
<h2>3. Die einzelnen steuerlichen Massnahmen und deren Umsetzung</h2>
<h3>3.1 Übersicht</h3>
<h4>3.1.1 Massnahmen auf Stufe der Unternehmen:</h4>
<ul>
<li>Abschaffung der Regelung für kantonale Statusgesellschaften</li>
<li>Aufhebung der Regelungen über Prinzipalgesellschaften und Finance Branches auf Bundesebene</li>
<li>Behandlung von unter dem Sonderregime erwirtschafteten stillen Reserven/Goodwill</li>
<li>Patentbox</li>
<li>Aufdeckung der stillen Reserven bei Beginn der Steuerpflicht (Immigrationsstep-Up)</li>
<li>Zusätzliche F&E-Abzüge</li>
<li>Abzug von Zinsen auf Eigenkapital (NID)</li>
<li>Entlastungsbegrenzung</li>
<li>Ausdehnung der Anrechnung ausländischer Quellensteuern</li>
<li>Anpassungen bei der Kapitalsteuer</li>
</ul>
<h4>3.1.2 Massnahmen auf Stufe der Aktionärinnen und Aktionäre:</h4>
<ul>
<li>Erhöhung der Dividendenbesteuerung</li>
<li>Einschränkungen beim Kapitaleinlageprinzip</li>
<li>Anpassungen bei der Transponierung</li>
</ul>
<h3>3.2 Abschaffung der Regelung für kantonale Statusgesellschaften</h3>
<p>Die Regelungen für kantonale Statusgesellschaften waren der Grund des internationalen Drucks, welche den Anstoss zur gesamten Vorlage war. Um das schweizerische Steuersystem wieder mit den internationalen Standards kompatibel zu machen, werden diese Regelungen abgeschafft. Somit wurde Art. 28 Abs. 2-5 Steuerharmonisierungsgesetz (StHG)<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13"><sup>13</sup></a> aufgehoben.<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14"><sup>14</sup></a></p>
<h3>3.3. Aufhebung der Regelungen über Prinzipalgesellschaften und Finance Branches auf Bundesebene</h3>
<p>Im Zuge der kantonalen Sonderregelungen für die Statusgesellschaften haben sich im Laufe der Zeit zwei Spezialanwendungen dieser Strukturen herauskristallisiert, welche auch auf Bundesebene auf der Basis einer Verwaltungspraxis zu einer steuerlichen Sonderbehandlung führten. Es handelt sich dabei um die Besteuerung von Konzernzentralen unter dem Begriff der Prinzipalgesellschaft und um konzerninterne Finanzierungsstrukturen, welche als Finance Branches aufgebaut sind. Im Zuge der Aufhebung der Statusgesellschaften auf kantonaler Ebene wurden die beiden Sonderregime auf Bundesebene ebenfalls auf den 1. Januar 2020 aufgehoben.<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15"><sup>15</sup></a></p>
<h3>3.4 Behandlung von unter dem Sonderregime erwirtschafteten stillen Reserven/Goodwill</h3>
<p>Eng verbunden mit der Abschaffung der kantonalen Statusgesellschaften ist die Regelung über die Behandlung der stillen Reserven/Goodwill der Statusgesellschaften, welche während dem Sonderstatus entstanden sind.</p>
<p>Es bestehen für die steuerliche Behandlung dieser stillen Reserven/Goodwill zwei Lösungswege. Einerseits können diese Werte vor Einführung der neuen Regelung (1.1.2020) nach altrechtlichen Bestimmungen im Rahmen eines Step-up-Models steuerlich aufgedeckt werden. Bei der Step-up-Methode handelt es sich um eine steuersystematische Realisation von stillen Reserven. Nach der Aufdeckung erfolgt die Abschreibung der aufgedeckten stillen Reserven zulasten des ordentlichen Gewinnes über 5 bzw. maximal 10 Jahre. Die aufgedeckten stillen Reserven werden bei dieser Methode zum steuerbaren Kapital dazugerechnet.</p>
<p>Nach der Einführung der neuen Regeln (1.1.2020) erfolgt anderseits die steuerliche Aufdeckung dieser stillen Reserven/Goodwill im Rahmen einer Sondersatzlösung (Art. 78g StHG). Durch diese Harmonisierung ist die altrechtliche, kantonal uneinheitliche Praxis zur Aufdeckung stiller Reserven beim Statuswechsel (Step-up-Methode) ab der Steuerperiode 2020 grundsätzlich nicht mehr möglich.<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16"><sup>16</sup></a></p>
<p>Im Rahmen dieser Sondersatzlösung können die betroffenen Gesellschaften die steuerlich anerkannten stillen Reserven/Goodwill während fünf Jahren zu einem privilegierten Steuersatz (Sondersatz) sukzessive aufdecken. Im Gegensatz zur Step-Up-Variante kommt es bei dieser Lösung im Zeitpunkt des Statuswechsels nicht zu einer steuerbilanztechnischen Aufdeckung von stillen Reserven. Berücksichtigt werden bei dieser Sondersatzlösung nur diejenigen stillen Reserven, welche unter dem Sonderstatus als privilegierte Gesellschaft steuerfrei gewesen wären. Die Bestimmung der Höhe des Sondersatzes liegt in der Kompetenz der Kantone.</p>
<p>Nach Ablauf der fünf Jahre wird der gesamte Gewinn ordentlich besteuert. Dadurch verfällt auch der zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisierte Teil der stillen Reserven ungenutzt bzw. er unterliegt der ordentlichen Besteuerung. Bei dieser Methode handelt es sich um eine Schattenrechnung, welche keine Kapitalsteuern auslöst. Der grundsätzliche Nachteil der Sondersatzlösung liegt in der Befristung auf lediglich 5 Jahre. Jedoch ist am Beispiel des Kantons Zug zu beachten, dass die Kantone teilweise die 5-Jahresfrist nach Art. 78g StHG analog auf die altrechtlichen Steuerperioden mit dem Step-up-Modell anwenden.<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17"><sup>17</sup></a> Somit kann je nach Kanton ein Statuswechsel vor Inkraftsetzung der STAF lukrativer sein, unter dem Vorbehalt, dass überhaupt ein Step-up zugelassen wird und unter dem Vorbehalt der Problematik bezüglich latenter Steuern.</p>
<h3>3.5 Patentbox</h3>
<p>Die Einführung einer Patentbox auf kantonaler Ebene ist eine steuerliche Massnahme zur Innovationsförderung und ein Element im Zusammenhang mit dem internationalen Steuerwettbewerb. Mit einer Patentbox kann der Reingewinn auf Patente und vergleichbare Rechte ermässigt besteuert werden. Die Schweizer Regelung orientiert sich an den OECD-Standards.<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18"><sup>18</sup></a></p>
<p>Art. 24a StHG definiert in abschliessender Weise, was unter Patenten und vergleichbarer Rechte zu verstehen ist. Für die Definition des Patents wird auf das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ 2000)<a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19"><sup>19</sup></a> und das Patentgesetz (PatG)<a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20"><sup>20</sup></a> abgestellt. Als vergleichbare Rechte gelten u.a. Topografien<a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21"><sup>21</sup></a>, nicht aber nicht patent-geschützte Erfindungen von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) sowie urheberrechtlich geschützte Software. Eine Problematik bei Patentrechten ist ihre Territorialität. Das Problem wird dahingehend praktikabel gelöst, dass entsprechende ausländische Rechte ebenfalls für die Patentbox qualifizieren, wobei jeweils auf das ausländische Recht abgestellt wird (Abs. 1 lit. c und Abs. 2 lit. f). Art. 24a StHG ist aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen, und somit fallen qualifizierte Exklusivlizenzen für die genannten Rechte für das Gebiet der Schweiz ebenfalls in die Patentbox.<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22"><sup>22</sup></a></p>
<p>Art. 24b StHG legt die Funktionsweise der Patentbox fest. Dem schweizerischen System liegt der modifizierte Nexus Ansatz der OECD zugrunde. Dabei wird auf den dem Patent oder vergleichbarem Recht zugrundeliegende F&E-Aufwand abgestellt. Dabei ist das Verhältnis zwischen dem der steuerpflichtigen Person zurechenbaren F&E-Aufwand (sog. qualifizierter Forschungs- und Entwicklungsaufwand) und dem gesamten F&E-Aufwand massgebend. Der modifizierte Nexus Ansatz führt dazu, dass der Gewinn, der ermässigt besteuert werden kann, umso grösser ausfällt, je mehr F&E der steuerpflichtigen Person zugerechnet werden kann. Einzelheiten zur Berechnung finden sich in der Patentboxverordnung<a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23"><sup>23</sup></a>. Dabei wird der Anteil am gesamten Reingewinn, der auf Patente und vergleichbare Rechte entfällt, mit einer Ermässigung von 90 Prozent besteuert, sofern die Ermässigung beantragt wurde. Die Kantone können geringere Ermässigungen vorsehen.<a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24"><sup>24</sup></a></p>
<h3>3.6 Aufdeckung der stillen Reserven bei Beginn der Steuerpflicht (Immigrationsstep-Up)</h3>
<p>Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Erhaltung der Schweiz als attraktiven Steuerstandort zeigte sich, dass die ungelöste Frage der steuerlichen Behandlung der stillen Reserven bei Zuzug von ausländischen Firmen in die Schweiz einen gewichtigen Standortnachteil darstellt. Der Gesetzgeber hat im Zuge der STAF dieses Thema aufgenommen und im Rahmen von Art. 24c StHG bzw. Art. 61a DBG<a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25"><sup>25</sup></a> eine Regelung über die Behandlung von stillen Reserven bei Beginn der Steuerpflicht getroffen. Diese erlaubt, die vor Beginn der Steuerpflicht in der Schweiz geschaffenen stillen Reserven steuerneutral aufzudecken und während 10 Jahren steuerwirksam abzuschreiben.</p>
<h3>3.7 Zusätzliche F&E-Abzüge</h3>
<p>Die zweite Massnahme der Innovationsförderung und Sicherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf kantonaler Stufe sind die zusätzlichen F&E-Abzüge. Die Regelung fand Eingang in Art. 25a StHG.</p>
<p>Für den Begriff «Forschung und Entwicklung» wird auf die Definition in Art. 2 Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG)<a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26"><sup>26</sup></a> abgestellt. Der massgebende Aufwand im F&E-Bereich wird bei direkter F&E-Tätigkeit aufgrund des F&E-Personalaufwands festgelegt. Die F&E Aktivität muss somit nicht in einer gesonderten Unternehmenseinheit stattfinden. Zum massgebenden Personalaufwand wird eine Pauschale von 35 % für Sachaufwendung aufgerechnet. Für die in Auftrag gegebene F&E-Tätigkeit wird nur 80 % der in Rechnung gestellten Aufwänden berücksichtigt, um pauschal die Gewinnanteile und Gemeinkosten herauszurechnen. Die F&E-Tätigkeit wird jedoch nur beim Auftraggeber berücksichtigt, da es sich bei der Auftragnehmerin nicht zwingend um ein gewinnsteuerpflichtiges Subjekt, wie bspw. eine Hochschule, handelt.<a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27"><sup>27</sup></a></p>
<p>Die Kantone können einen Zuschlag von maximal 50% auf den ermittelten F&E-Aufwand gewähren. M.a.W. der F&E-Aufwand kann bis zu 150 % nach Massgabe des kantonalen Rechts berücksichtigt werden.</p>
<h3>3.8 Abzug für Eigenfinanzierung</h3>
<p>Art. 25a<sup>bis</sup> StHG regelt den fakultativen Abzug für Eigenfinanzierung, wobei dieser Abzug Hochsteuerkantonen vorbehalten ist.<a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28"><sup>28</sup></a></p>
<p>Die Bestimmung sieht vor, das auf dem sogenannten Sicherheitseigenkapital, d.h. jenem Teil des Eigenkapitals, welcher langfristig über dem für die Geschäftstätigkeit notwendigen durchschnittlichen Eigenkapital legt, ein kalkulatorischer Zinsabzug gewährt wird.</p>
<p>Als einziger Kanton hat der Kanton Zürich in § 65b StG/ZH<a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29"><sup>29</sup></a> einen solchen Abzug eingeführt. Der Kanton ZH beabsichtigt mit einem solchen Abzug die ortsansässigen Konzernzentralen zu Finanzierungstätigkeiten an ihren Hauptsitzen zu animieren und so die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zu begünstigen.<a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30"><sup>30</sup></a></p>
<h3>3.9 Entlastungsbegrenzung</h3>
<p>Die oben genannten Instrumente (vgl. Art. 24b, 25a, 25a<sup>bis</sup> StHG) sind Massnahmen, um die Steuerattraktivität der Schweiz weiterhin zu gewährleisten. Als Korrektiv zu diesen Massnahmen wird für die Nutzung aller vorerwähnten Instrumente eine Begrenzung festgelegt. Diese soll verhindern, dass durch die Nutzung der verschiedenen Steuereinsparmöglichkeiten Unternehmen auf kantonaler Ebene keine Steuern mehr bezahlen oder sogar einen steuerlichen Verlust ausweisen. Die Einführung einer Entlastungsbegrenzung wurde von den Kantonen begrüsst und soll auch zur Verhinderung von schädlichem Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen beitragen.<a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31"><sup>31</sup></a></p>
<p>Art. 25b StHG sieht vor, dass mindestens 30 % des Gewinns vor Anwendung der Sonderregelungen steuerbar sein muss und aus deren Ermässigung kein Verlustvortrag resultieren darf. M.a.W. darf es maximal zu einer Entlastung von 70 % des ordentlichen Gewinnes kommen, wobei die Kantone eine tiefere Maximalentlastung vorsehen können.</p>
<h3>3.10 Ausdehnung der Anrechnung von ausländischen Quellensteuern</h3>
<p>Im Rahmen der STAF-Vorlage wurde im Weiteren ein «Mangel» im internationalen Steuerrecht der Schweiz behoben und die Anrechnung von ausländischen Steuern bei der schweizerischen Steuerberechnung bei Betriebsstätten von ausländischen Gesellschaften eingeführt. Die Änderung der Verordnung über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern<a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32"><sup>32</sup></a> trat ebenfalls auf den 1. Januar 2020 in Kraft.<a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33"><sup>33</sup></a></p>
<h3>3.11 Anpassungen bei der Kapitalsteuer</h3>
<p>Mit Art. 29 Abs. 3 StHG wird für die Kantone zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, punktuelle Entlastungen bei der Kapitalsteuer vorzusehen. Es wird den Kantonen ermöglicht, für das Eigenkapital, das auf Beteiligungsrechte nach Art. 28 Abs.1 StHG sowie auf Patente und vergleichbare Rechte nach Artikel 24a StHG entfällt, eine Steuerermässigung auf Stufe der Bemessungsgrundlage vorzusehen.<a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34"><sup>34</sup></a></p>
<p>In den Kantonen haben sich drei Variationen für die Umsetzung der fakultativ vorgesehenen Ermässigung des Eigenkapital (EK) i.S.v. Art. 29 Abs. 3 StHG herausgebildet:</p>
<ol>
<li>Reduktion des relevante EK um einen festgelegten Prozentsatz</li>
<li>Besteuerung des relevanten EK zu einem Sondersatz</li>
<li>Ermässigung im Verhältnis des relevanten EK zu den gesamten Aktiven</li>
</ol>
<p>Art. 14 Abs 3 StHG sieht im Weiteren vor, dass die Kantone bei der Vermögenssteuer für die Selbständigerwerbenden eine Reduktion im Zusammenhang mit qualifizierten Patenten vornehmen können.</p>
<h3>3.12 Erhöhung der Dividendenbesteuerung</h3>
<p>Durch den Wegfall der Sonderregelungen für bestimmte Kapitalgesellschaften zeigt sich, dass eine Reihe von Kantonen die Gewinnsteuersätze nach Einführung der neuen Regeln als steuerliche Kompensation für die altrechtlichen Statusgesellschaften senken. Aufgrund der breiten Abnahme der Gewinnsteuerbelastung in der Schweiz können die bis anhin geltenden Massnahmen zur Verminderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung zu einer teilweisen Überkompensation führen. Dieser Tendenz wirkte der Gesetzgeber durch die Erhöhung der Dividendenbesteuerung entgegen, um weitere Steuerausfälle zu vermeiden.</p>
<p>Auf Bundesebene werden Dividenden und andere geldwerte Vorteile aus qualifizierten Beteiligungen gemäss Art. 20 Abs. 1<sup>bis</sup> DBG neu im Umfang von 70 %<strong> </strong>(vorher 60%)<strong> </strong>besteuert.</p>
<p>Die Kantone müssen neu qualifizierte Beteiligungen zu mind. 50% besteuern.<a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35"><sup>35</sup></a> Weiter wurde die Berechnungsmethode mittels Obligatorium für das Teilbesteuerungsverfahren harmonisiert. Das heisst, die Entlastung erfolgt zwingend über die Bemessungsgrundlage und es ist für die Kantone nicht mehr möglich, eine Entlastung über den Steuersatz vorzunehmen. Daher mussten / müssen die Kantone ZH, BE, NW, GL, BL, SH, AR, AI, SG und AG ihr Verfahren anpassen.<a title="" href="#_ftn36" name="_ftnref36"><sup>36</sup></a></p>
<h3>3.13 Einschränkungen beim Kapitaleinlageprinzip</h3>
<p>Nach lauter Kritik an den Folgen über die Regelung über die steuerfreie Rückzahlung von Kapitaleinlagen (KER) aus der USR II wurden im Rahmen der parlamentarischen Beratung zur STAF die bisherigen Rückzahlungs- und Teilliquidationsregeln für Gesellschaften, welche an einer schweizerischen Börse kotiert sind, teilweise eingeschränkt. Diese Gesellschaften können neu grundsätzlich nur dann KER steuerfrei zurückzahlen, wenn sie in der gleichen Höhe steuerbare Dividenden ausschütten (Verhältnisregel).<a title="" href="#_ftn37" name="_ftnref37"><sup>37</sup></a> Die Einschränkungen, sowie deren Ausnahmen insb. betreffend Ausland-KER und hinsichtlich qualifizierten Anteilsinhabern, sind nun in Art. 20 Abs. 3-7 DBG und Art. 7b StHG bzw. Art. 4a Abs. 4 und Art. 5 Abs. 1<sup>bis</sup>-1<sup>sexies</sup> Verrechnungssteuergesetz (VSTG)<a title="" href="#_ftn38" name="_ftnref38"><sup>38</sup></a><strong> </strong>geregelt.<a title="" href="#_ftn39" name="_ftnref39"><sup>39</sup></a></p>
<h3>3.14 Anpassungen bei der Transponierung</h3>
<p>Eine Transponierung liegt vor, wenn eine Privatperson Beteiligungsrechte an ein Unternehmen überträgt, an dem sie selbst zu mindestens 50 %-beteiligt ist («Verkauf an sich selbst»). Der Veräusserungserlös wird in der Folge der Einkommenssteuer unterworfen, wobei die gleiche Teilbesteuerung wie für Dividenden zur Anwendung gelangt. Ursprünglich war eine Mindestverkauf von 5 % der Aktien vorgesehen. Doch in der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Hürde zu rein steuerplanerisch motivierten Transaktionen führte. Auf 1. Januar 2020 wurde in Art. 20<em>a</em> Abs. 1 lit. b und Art. 7a Abs. 1 lit. b StHG die 5 %-Hürde fallen gelassen. Dadurch erfolgt bei einem «Verkauf an sich selbst» nun immer eine Besteuerung nach den Regeln der Dividendenbesteuerung.<a title="" href="#_ftn40" name="_ftnref40"><sup>40</sup></a></p>
<h2>4. Umsetzungsstand in den Kantonen</h2>
<h3>4.1 Reform der kantonalen Steuergesetze</h3>
<p>Art. 72y StHG gibt den Marschplan an die Kantone vor, welche bis auf den 1. Januar 2020 ihre Steuergesetze anzupassen haben. Andernfalls kommen die Regeln des StHG direkt zur Anwendung und die Kantonsregierungen haben erforderliche Bestimmungen zu erlassen.</p>
<p>Die meisten Kantone sind dieser Forderung nachgekommen und haben ihre Steuergesetze auf den 1. Januar 2020 angepasst. Dies umfasst die Kantone AG, BL, BS, FR, GE, GR, GL, JU, LU, NE, OW, SH, SZ, SG, UR, VD, ZG und ZH.</p>
<p>Eine zweite Gruppe umfasst jene Kantone, welche ihre revidierten Steuergesetze aufgrund verstrichener Referendumsfristen oder vom Stimmvolk abgelehnte Referenden rückwirkend auf den 1. Januar 2020 in Kraft setzen konnten: AR, BE, SO, TI, TG und VS.</p>
<p>Die dritte Gruppe umfasst jene zwei Kantone (AI und NW), welche die kantonalen Steuergesetze noch nicht revidieren konnten. Im Kanton Nidwalden wurde das Referendum gegen die kantonale Vorlage ergriffen und die kantonale Volksabstimmung ist auf den 27. September 2020 angesetzt, wobei die Gewinnsteuersenkung der umstrittene Punkt ist.<a title="" href="#_ftn41" name="_ftnref41"><sup>41</sup></a> Um Rechtsicherheit zu schaffen, hat der Regierungsrat im Beschluss vom 29. Oktober 2019 in Art. 280a StG/NW<a title="" href="#_ftn42" name="_ftnref42"><sup>42</sup></a> und § 93b StV/NW<a title="" href="#_ftn43" name="_ftnref43"><sup>43</sup></a> die notwendigen Übergangsbestimmungen erlassen und somit Rechtssicherheit für Unternehmen geschaffen. Im Kanton Appenzell-Innerrhoden hat die Regierung mit dem Standeskommissionsbeschluss zur vorläufigen Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und AHV-Finanzierung (StKB STAF)<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">44</a></sup> für die notwendige Rechtssicherheit gesorgt. Aufgrund der Corona-Situation musste die Landsgemeinde abgesagt werden, wobei jedoch eine ausserordentliche Urnenabstimmung am 23. August 2020 stattgefunden hat, an welcher neben den Wahlen u.a. über die Revision des kantonalen Steuergesetzes als dringliches Geschäft abgestimmt wurde.<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2"><sup>45</sup></a> Die Revision des kantonalen Steuergesetzes wurde vom Volk angenommen; die Standeskommission hat bezüglich Inkraftsetzung noch nichts beschlossen.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">46</a></sup></p>
<h3>4.2 Übersicht über die Umsetzung der Massnahmen der STAF / SV17</h3>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/6YvlIayKf0cCBnloQHuVuO/7c554cd7d6becd0074c1baf11466fbda/www_4_2020_zsis-A13_TABELLE1_WEB.png" alt="zsis isis steuerrecht schweiz international unternehmenssteuerrecht staf steuerreform kantone raphael arnet" width="969" height="1258" /></p>
<h3>4.3 Übersicht über die Gewinnsteuerbelastung in den Kantonen nach Umsetzung STAF</h3>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/2ToGH3KOIWnUA13jKwBOI7/0f633045f36bd6617a903f71e3d5b859/www_4_2020_zsis-A13_TABELLE2_WEB.png" alt="zsis steuerrecht international schweiz unternehmenssteuerrecht staf steuerreform raphael arnet übersicht kantone" width="484" height="1258" /><br /><br /></p>
<div> </div></article>
Use the editor to edit this text.