Withholding tax criminal law

<article class="rz"><h2>1. Grundz&uuml;ge des Verrechnungssteuerstrafrechts</h2> <p>Das Verrechnungssteuerstrafrecht geh&ouml;rt zum Nebenstrafrecht, d.h. es ist nicht im Schweizerischen Strafgesetzbuch (<a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799" target="_blank" rel="noopener">StG</a><a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799" target="_blank" rel="noopener">B</a>)^{<a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a>} geregelt, sondern im Bundesgesetz &uuml;ber die Verrechnungssteuer (<a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384" target="_blank" rel="noopener">VStG</a>)<a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">⁰²</a> sowie &ndash; soweit es den mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedrohten Tatbestand und das Verfahren betrifft &ndash; im Bundesgesetz &uuml;ber das Verwaltungsstrafrecht (<a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857" target="_blank" rel="noopener">VStrR</a>)^{<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a>}. Als Steuerstrafrecht ist es zudem mit dem (Verrechnungs-)Steuerrecht verzahnt, h&auml;ngt doch die Frage, ob objektiv eine Widerhandlung gegen das <a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384" target="_blank" rel="noopener">VStG</a> gegeben ist, vom Bestehen einer Abgabepflicht ab. Diese Verzahnung kommt in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_77" target="_blank" rel="noopener">Art. 77 Abs. 4 VStrR</a> zum Ausdruck, welcher die Bindung des Richters an den rechtskr&auml;ftigen Entscheid im Verwaltungsverfahren vorsieht.</p> <p>Der Allgemeine Teil des StGB findet insoweit auch auf das Nebenstrafrecht des Bundes Anwendung, als dieses keine davon abweichenden Bestimmungen aufstellt gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_333" target="_blank" rel="noopener">Art.&nbsp;333 Abs.&nbsp;1 StGB</a>. F&uuml;r das (Verrechnungs-)Steuerstrafrecht wesentlich sind dabei insbesondere die folgenden Bestimmungen:</p> <h3>1.1 Subjektiver Tatbestand</h3> <h4>1.1.1 Vorsatz und Fahrl&auml;ssigkeit</h4> <p>Die Verurteilung wegen einer Straftat setzt voraus, dass der Beschuldigte neben dem objektiven Tatbestand auch den subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Der subjektive Tatbestand umschreibt die inneren (psychischen) Merkmale, welche nach dem Gesetz bei der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes erf&uuml;llt sein m&uuml;ssen.^{<a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a>}</p> <p>Zu unterscheiden sind dabei die fahrl&auml;ssige und die vors&auml;tzliche Tatbegehung:</p> <blockquote>&laquo;Fahrl&auml;ssig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht R&uuml;cksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der T&auml;ter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umst&auml;nden und seinen pers&ouml;nlichen Verh&auml;ltnissen verpflichtet ist.&raquo; (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_12" target="_blank" rel="noopener">Art. 12 Abs. 3 StGB</a>)</blockquote> <p>Die fahrl&auml;ssige Begehung eines Deliktes ist gem&auml;ss Art. 12 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn es das Gesetz ausdr&uuml;cklich vorsieht. Andernfalls ist nur die vors&auml;tzliche Begehung strafbar.</p> <p>Vors&auml;tzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausf&uuml;hrt. Vors&auml;tzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat f&uuml;r m&ouml;glich h&auml;lt und in Kauf nimmt (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_12" target="_blank" rel="noopener">Art. 12 Abs. 1 StGB</a>).</p> <p>Der Vorsatz muss dabei im Zeitpunkt der Tat bestehen und alle objektiven Tatbestandselemente erfassen. Dies sind einmal die tats&auml;chlichen bzw. deskriptiven Elemente. Bei rechtlich gepr&auml;gten Tatbest&auml;nden, deren Verst&auml;ndnis eine Wertung voraussetzt, kommt auch die Vorstellung &uuml;ber dieses sog. normative Tatbestandselement hinzu. Dabei wird nicht die juristisch exakte Erfassung des gesetzlichen Begriffs verlangt. Vielmehr gen&uuml;gt es, wenn die T&auml;terin den Tatbestand so verstanden hat, wie es der landl&auml;ufigen Anschauung eines Laien entspricht (sog. Parallelwertung in der Laiensph&auml;re). Er muss also die Tatbestandsmerkmale nicht in ihrem genauen rechtlichen Gehalt erfassen, sondern lediglich eine zutreffende Vorstellung der Tatumst&auml;nde haben, d.h. der &auml;usseren Gegebenheiten mitsamt ihrer sozialen Bedeutung.^{<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a>}</p> <p>Damit bei einem Steuerdelikt das f&uuml;r den Vorsatz erforderliche Wissenselement zu bejahen ist, muss sich der T&auml;ter in laienhafter Wertung bewusst sein, dass der von ihm verwirklichte Vorgang steuerbar ist bzw. die von ihm steuermindernd geltend gemachte Ausgabe nicht abzugsf&auml;hig ist.^{<a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a>} Der T&auml;ter muss also den Steueranspruch dem Grunde nach kennen oder zumindest f&uuml;r m&ouml;glich halten.^{<a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a>}</p> <h4>1.1.2 Sachverhaltsirrtum</h4> <p>Hingegen fehlt der steuerpflichtigen Person der Vorsatz, wenn sie einem Sachverhaltsirrtum (Tatbestandsirrtum) unterliegt. Einem solchen unterliegt, wer von einem Merkmal des Straftatbestandes keine oder eine falsche Vorstellung hat. Bei einer solchen Konstellation ist der T&auml;ter zu seinen Gunsten nach seiner irrigen Vorstellung zu beurteilen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_13" target="_blank" rel="noopener">Art. 13 Abs. 1 StGB</a>). In Betracht kommt allenfalls die Bestrafung wegen fahrl&auml;ssiger Tatbegehung, wenn der Irrtum bei pflichtgem&auml;sser Vorsicht h&auml;tte vermieden werden k&ouml;nnen und die fahrl&auml;ssige Begehung strafbar ist (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_13" target="_blank" rel="noopener">Art. 13 Abs. 2 StGB</a>).^{<a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a>}</p> <p>Nimmt die Steuerpflichtige also irrt&uuml;mlich an, ein normatives Tatbestandselement sei nicht erf&uuml;llt, liegt ein Sachverhaltsirrtum vor, der gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_13" target="_blank" rel="noopener">Art. 13 StGB</a> den Vorsatz ausschliesst.</p> <p>Einem Sachverhaltsirrtum unterliegt beispielsweise, wer infolge fehlerhafter Rechtsvorstellungen verkennt, dass die von ihm unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sache eine &laquo;fremde&raquo; bleibt.^{<a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a>} Dasselbe gilt, wenn die Beschuldigte der festen &Uuml;berzeugung ist, dass deliktisch erworbene Gelder, die vor mehr als zehn Jahren auf ein Bankkonto &uuml;berwiesen wurden, von vornherein nicht einziehbar seien und deshalb an diesen keine Geldw&auml;scherei mehr begangen werden k&ouml;nne.^{<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a>}. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind auch diejenigen Personen einem Sachverhaltsirrtum erlegen, die in der Schweiz saudi-arabische Goldm&uuml;nzen hergestellt haben und daher der Geldf&auml;lschung und des In-Umlauf-Setzens falschen Geldes angeklagt wurden. Da sie zu Unrecht davon ausgingen, die von ihnen hergestellten M&uuml;nzen stellten in Saudi-Arabien kein allgemeines Zahlungsmittel mit einem gesetzlichen Kurswert &ndash; also kein Geld &ndash; dar, nahm das Bundesgericht einen Sachverhaltsirrtum an.^{<a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a>}</p> <p>&Uuml;bertr&auml;gt man diese &Uuml;berlegungen auf das Steuerstrafrecht bedeutet dies, dass der T&auml;ter den Steueranspruch dem Grunde und der H&ouml;he nach kennt oder zumindest f&uuml;r m&ouml;glich h&auml;lt und ihn verk&uuml;rzen will. Dies erfordert, dass der T&auml;ter anhand einer laienhaften Bewertung der Umst&auml;nde erkennt, dass ein Steueranspruch existiert.<a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">¹²</a></p> <p>Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht gilt der Nachweis des Vorsatzes als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass sich die Beschuldigte der Unrichtigkeit oder Unvollst&auml;ndigkeit der gemachten Angaben bewusst war. Ist dieses Wissen erwiesen, so ist anzunehmen, dass sie eine T&auml;uschung der Steuerbeh&ouml;rde beabsichtigt und eine zu niedrige Veranlagung bezweckt (direkter Vorsatz) oder zumindest in Kauf genommen hat (Eventualvorsatz). Diese Vermutung l&auml;sst sich nicht leicht entkr&auml;ften. In der Regel ist ein anderer Beweggrund f&uuml;r die Unrichtigkeit oder Unvollst&auml;ndigkeit der Angaben nur schwer vorstellbar.^{<a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a>}</p> <h3>1.2 T&auml;terschaft und Teilnahme</h3> <p>Das f&uuml;r das Verrechnungssteuerstrafrecht massgebende <a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857" target="_blank" rel="noopener">VStrR</a> folgt grunds&auml;tzlich dem T&auml;terprinzip. Bei einer Widerhandlung&nbsp; einer juristischen Person sind die Strafbestimmungen auf diejenigen nat&uuml;rlichen Personen anwendbar, welche die Tat ver&uuml;bt bzw. den Tatbeitrag geleistet haben (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_6" target="_blank" rel="noopener">Art.&nbsp;6 Abs. 1 VStrR</a>). Eine juristische Person ist im Verrechnungssteuerstrafrecht also grunds&auml;tzlich nicht strafbar. Das unterscheidet sich vom Steuerstrafrecht der direkten Steuern, obwohl im Verrechnungssteuerrecht diejenige juristische Person, welche die geldwerte Leistung erbringt, steuerpflichtig und abrechnungspflichtig ist. Einzig in Bagatellf&auml;llen kann anstelle der eigentlich strafbaren Person die juristische Person geb&uuml;sst werden.^{<a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a>} Dabei handelt es sich um F&auml;lle, in denen eine Busse von h&ouml;chstens CHF 5'000 in Frage kommt und zudem, wenn die Ermittlung der strafbaren nat&uuml;rlichen Person im Hinblick auf die auszuf&auml;llende Strafe unverh&auml;ltnism&auml;ssigen Untersuchungsaufwand verursachen w&uuml;rde.</p> <p><a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_6" target="_blank" rel="noopener">Art. 6 Abs. 2 VStrR</a> regelt eine verwaltungsstrafrechtliche Spezialit&auml;t, die Garantenhaftung der &laquo;Vorgesetzten&raquo; des T&auml;ters.<a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">¹⁵</a> Die Gesch&auml;ftsherrin, Arbeitgeberin, Auftraggeberin, die es vors&auml;tzlich oder fahrl&auml;ssig in Verletzung einer Rechtspflicht unterl&auml;sst eine Widerhandlung des Untergebenen, Beauftragten oder Vertreters abzuwenden oder in ihren Wirkungen aufzuheben, untersteht den Strafbestimmungen, die f&uuml;r den entsprechend handelnden T&auml;ter gelten.</p> <h3>1.3 Verj&auml;hrung</h3> <p>Am 1. Oktober 2002 ist im Kernstrafrecht die Neuregelung der Verj&auml;hrung in Kraft getreten. Seither kann die Verfolgungsverj&auml;hrung nicht mehr unterbrochen werden. Sie tritt jedoch nicht mehr ein, wenn vor Eintritt der Verj&auml;hrung ein erstinstanzliches Urteil ergeht (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_97" target="_blank" rel="noopener">Art. 97 Abs. 3 StGB</a>). Durch die Transformationsbestimmung von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_333" target="_blank" rel="noopener">Art. 333 Abs. 6 StGB</a> erlangte die Verj&auml;hrungsordnung des StGB auch f&uuml;r das Nebenstrafrecht (des Bundes) Geltung.</p> <p>Da die wortgetreue Umsetzung dieser Bestimmung dazu gef&uuml;hrt h&auml;tte, dass die als &Uuml;bertretung ausgestaltete Hinterziehung eine l&auml;ngere Verj&auml;hrungsfrist h&auml;tte als der Vergehenstatbestand des Abgabebetruges, hat das Bundesgericht eingegriffen. Das Bundesgericht hat die Verj&auml;hrung der Hinterziehung auf das f&uuml;r Vergehen geltende Mass begrenzt, n&auml;mlich auf sieben Jahre (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_97" target="_blank" rel="noopener">Art. 97 Abs. 1 lit.&nbsp;d StGB</a>).<a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">¹⁶</a></p> <p>Als erstinstanzliches Urteil, welches den Eintritt der Verj&auml;hrung verhindert, gilt nach der Rechtsprechung die Strafverf&uuml;gung gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_70" target="_blank" rel="noopener">Art. 70 VStrR</a>.<a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">¹⁷</a> Der dieser vorangehende Strafbescheid (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art. 64 VStrR</a>), der Parallelen zu einem Strafbefehl aufweist, hemmt somit die Verj&auml;hrung noch nicht.^{<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">18</a>}</p> <p>Allerdings steht die (strafrechtliche) Verj&auml;hrung w&auml;hrend der Dauer eines Einsprache-, Beschwerde- oder gerichtlichen Verfahrens &uuml;ber die Leistungs- oder R&uuml;ckleistungspflicht still (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_11" target="_blank" rel="noopener">Art. 11 Abs. 3 VStrR</a>).</p> <p>Die Verj&auml;hrung beginnt mit der Tatbegehung (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_98" target="_blank" rel="noopener">Art. 98 lit. a StGB</a> i.V.m. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_333" target="_blank" rel="noopener">Art. 333 StGB</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_2" target="_blank" rel="noopener">Art. 2 VStrR</a>). Im Falle der Nichtdeklaration einer geldwerten Leistung ist dies die Einreichung der unvollst&auml;ndigen Jahresrechnung bei der ESTV.^{<a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">19</a>} Reicht die Gesellschaft keine Jahresrechnung ein, beginnt die Verj&auml;hrung nach der Praxis der ESTV sechs Monate nach Ablauf des Gesch&auml;ftsjahres.</p> <h2>2. Tatbest&auml;nde des Verrechnungssteuerstrafrechts</h2> <h3>2.1 Im VStG geregelte &Uuml;bertretungstatbest&auml;nde</h3> <p>Die in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 ff VStG</a> geregelten Strafbestimmungen sehen alle die Bestrafung mit Busse vor und sind daher &Uuml;bertretungstatbest&auml;nde.</p> <p>Diese bedrohen die Widerhandlungen gegen die Verrechnungssteuerordnung mit Busse. Die Verrechnungssteuer ist eine Selbstveranlagungssteuer. Das heisst, die steuerpflichtige Person muss bei F&auml;lligkeit unaufgefordert und fristgerecht die geschuldete Steuer berechnen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_38" target="_blank" rel="noopener">Art. 38 Abs. 1 VStG</a>), die vorgeschriebene Abrechnung einreichen und die Steuer entrichten sowie auf den Empf&auml;nger der steuerbaren Leistung &uuml;berw&auml;lzen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_14" target="_blank" rel="noopener">Art. 14 VStG</a>). Gelangt das Meldeverfahren zur Anwendung, ist die Meldung innert Frist zu erstatten (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_9" target="_blank" rel="noopener">Art.&nbsp;9 VStG</a>).</p> <p>Die nicht rechtzeitige Abrechnung und Entrichtung bzw. die nicht rechtzeitige Erstattung der Meldung erf&uuml;llt den objektiven Tatbestand einer Widerhandlung gegen das <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de" target="_blank" rel="noopener">VStG</a>. Das f&uuml;hrt nicht nur zur Anwendbarkeit des Verrechnungssteuerstrafrechts, sondern auch zur Leistungs- bzw. R&uuml;ckleistungspflicht im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_12" target="_blank" rel="noopener">Art. 12 VStrR</a> sowie der Ausdehnung der Verj&auml;hrung des Verrechnungssteueranspruchs auf sieben Jahre, wobei diese Ausdehnung der Verj&auml;hrungsfrist die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht voraussetzt.^{<a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">20</a>}</p> <h4>2.1.1 Ordnungswidrigkeiten</h4> <p>Mit der geringsten Busse bedroht ist die in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art. 64 VStG</a> geregelte Ordnungswidrigkeit. Mit Busse bis zu CHF 5'000.- bestraft wird, wer eine Bedingung, an welche eine besondere Bewilligung gekn&uuml;pft ist, nicht einh&auml;lt, eine Vorschrift des <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de" target="_blank" rel="noopener">VStG</a>, der <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/1585_1641_1624/de" target="_blank" rel="noopener">VStV</a> oder einer aufgrund einer solchen Vorschrift erlassenen allgemeinen Weisung oder unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn gerichtete Einzelverf&uuml;gung zuwiderhandelt.</p> <p>Mit dem Bundesgesetz vom 28. September 2018 ist <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Artikel 64 VStG</a> neu gefasst und erg&auml;nzt worden.<a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">²¹</a> Neu hinzugekommen sind die in lit. c und d geregelten Ordnungswidrigkeiten, n&auml;mlich die Nichteinhaltung der Fristen f&uuml;r die Meldung von Kapitalertr&auml;gen sowie von Naturalgewinnen aus Geldspielen, Lotterien und Gl&uuml;cksspielen.</p> <p>In dieser &Auml;nderung des <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de" target="_blank" rel="noopener">VStG</a> hat der Gesetzgeber unter anderem klargestellt, dass das Meldeverfahren f&uuml;r Kapitalertr&auml;ge auch bei Nichteinhalten der Meldefrist anwendbar bleibt. Die Verrechnungssteuer ist also nicht nachtr&auml;glich zu erheben und zu &uuml;berw&auml;lzen. Folgerichtig ist auch kein Verzugszins geschuldet (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_16" target="_blank" rel="noopener">Art. 16 Abs. 2^bis VStG</a>). Ausserdem hat er ausdr&uuml;cklich geregelt, dass die versp&auml;tete Meldung nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_20" target="_blank" rel="noopener">Art. 20 Abs. 3 VStG</a> eine Ordnungswidrigkeit und keine Hinterziehung der Verrechnungssteuer ist. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art.&nbsp;64 Abs. 1 lit. c VStG</a> soll als Spezialbestimmung <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 lit. b VStG</a> vorgehen.^{<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22">22</a>}</p> <p>Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber allerdings die bisher geltende Konkurrenzregelung aufgehoben, wonach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art. 64 VStG</a> &ndash; den allgemeinen Regeln folgend &ndash; durch die &uuml;brigen &Uuml;bertretungstatbest&auml;nde konsumiert wird.^{<a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">23</a>}</p> <p>Diese Neuregelung von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art. 64 VStG</a> f&uuml;hrt mit anderen Worten dazu, dass bei einer versp&auml;teten Meldung der Tatbestand von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art. 64 Abs. 1 lit. b VstG</a> &ndash; die Nichterf&uuml;llung der Pflicht zur Meldung einer steuerbaren Leistung &ndash;erf&uuml;llt ist. In Bezug auf die versp&auml;tete Meldung ist <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art. 64 VStG</a> nicht (mehr) ein Auffangtatbestand, sondern eine Spezialnorm.</p> <h4>2.1.2 Steuergef&auml;hrdung</h4> <p>In <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_62" target="_blank" rel="noopener">Art. 62 VStG</a> fasst das Gesetz sieben abschliessend aufgez&auml;hlte &Uuml;bertretungstatbest&auml;nde zusammen, die mit Busse bis zu CHF 20'000.- bedroht sind. Diese Tatbestandsvarianten p&ouml;nalisieren die Gef&auml;hrdung der gesetzm&auml;ssigen Durchf&uuml;hrung der Verrechnungssteuer.</p> <p>Der Tatbestand der Steuergef&auml;hrdung ist aufgrund der expliziten Regelung von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 Abs. 1 VStG</a> subsidi&auml;r zu den in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_14" target="_blank" rel="noopener">Art. 14 &ndash; 16 VStrR</a> geregelten Tatbest&auml;nden und wird ausserdem durch die Hinterziehung der Verrechnungssteuer gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 VStG</a> konsumiert.^{<a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">24</a>}</p> <p>S&auml;mtlichen Tatbestandsvarianten ist gemein, dass der objektive Gef&auml;hrdungstatbestand bereits mit der nicht rechtzeitigen bzw. nicht korrekten Handlung vollendet ist. Die nachtr&auml;gliche Erf&uuml;llung der Pflicht beseitigt die Strafbarkeit nicht.^{<a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">25</a>}</p> <p>Zu den in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_62" target="_blank" rel="noopener">Art. 62 VStG</a> geregelten Gef&auml;hrdungen geh&ouml;rt unter anderem die Unterlassung der Pflicht zur Einreichung von Steuererkl&auml;rungen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_62" target="_blank" rel="noopener">Art. 62 Abs. 1 lit. a VStG</a>).</p> <h4>2.1.3 Hinterziehung der Verrechnungssteuer</h4> <p>Der Hinterziehung macht sich strafbar, wer vors&auml;tzlich oder fahrl&auml;ssig zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines anderen dem Bund Verrechnungssteuern vorenth&auml;lt, die Pflicht zur Meldung einer steuerbaren Leistung nicht erf&uuml;llt oder eine unwahre Meldung erstattet, eine ungerechtfertigte R&uuml;ckerstattung der Verrechnungssteuer oder einen anderen unrechtm&auml;ssigen Steuervorteil erwirkt (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 VStG</a>).</p> <p>Die Steuerhinterziehung setzt einen zumindest vor&uuml;bergehenden Steuerausfall des Gemeinwesens voraus. Daher ist nach der Rechtsprechung der objektive Tatbestand der Verrechnungssteuerhinterziehung bereits erf&uuml;llt, wenn die deklarierungspflichtige Steuer in Missachtung der Selbstveranlagungspflicht nicht oder erst nach Fristablauf deklariert bzw. abgeliefert wird.^{<a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">26</a>}</p> <p>Es ist allerdings zweifelhaft, ob diese Auslegung zutrifft. Gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_62" target="_blank" rel="noopener">Art. 62 Abs. 1 lit. a VStG</a> stellt die Nichtentrichtung einer Steuererkl&auml;rung eine Steuergef&auml;hrdung und gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_64" target="_blank" rel="noopener">Art.&nbsp;64 Abs. 1 lit. b VStG</a> die versp&auml;tete Einreichung einer Abrechnung eine Ordnungswidrigkeit dar. Zwar konsumiert der Tatbestand der Hinterziehung den Gef&auml;hrdungstatbestand sowie die Ordnungswidrigkeit, geht diesen beiden Tatbest&auml;nden also vor, wenn eine Hinterziehung gegeben ist. Da jedoch der Gesetzgeber vorgesehen hat, dass die unterlassene oder versp&auml;tete Einreichung von Abrechnungen eine Gef&auml;hrdung bzw. eine Ordnungswidrigkeit sein kann, muss es Konstellationen geben, in denen diese Handlungen bzw. Unterlassungen den Tatbestand der Hinterziehung nicht erf&uuml;llen. Es ist n&auml;mlich nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber Straftatbest&auml;nde geschaffen hat, die von vornherein nicht anwendbar sind, weil das darin p&ouml;nalisierte Verhalten in jedem Fall durch einen anderen Tatbestand &ndash; in diesem Fall den Hinterziehungstatbestand &ndash; konsumiert wird.</p> <p>Nach Auffassung der ESTV ist der objektive Tatbestand der Hinterziehung der Verrechnungssteuer erf&uuml;llt, wenn eine Gesellschaft eine geldwerte Leistung ausrichtet, die als solche erkennbar ist und es dabei unterl&auml;sst, diese zu deklarieren und die Verrechnungssteuer spontan zu entrichten. Sie beruft sich dabei h&auml;ufig auf den in ASA 55, 285, publizierten Entscheid des Bundesgerichts vom 8. M&auml;rz 1986.</p> <p>In jenem Fall hat die in Genf domizilierte E. SA ihr Hauptaktivum, die Beteiligung an einer in Deutschland domizilierten Tochtergesellschaft zum Preis von DM 1,3 Mio. an ihren Alleinaktion&auml;r verkauft. Zwei Monate nach dem Verkauf hat die Tochtergesellschaft dem K&auml;ufer eine Dividende von DM 3,2 Mio. ausgesch&uuml;ttet, was voraussetzte, dass die Tochtergesellschaft bereits im Zeitpunkt des Verkaufs &uuml;ber Reserven von DM 3,2 Mio. verf&uuml;gte. Es war daher f&uuml;r alle Beteiligten offensichtlich gewesen, dass der Verkaufspreis deutlich zu tief war und die E. SA daher ihrem Aktion&auml;r eine geldwerte Leistung ausgerichtet hat.^{<a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">27</a>}</p> <p>Das Bundesgericht erwog, dass der Verkauf der Anteile der Tochtergesellschaft eine Steuerhinterziehung im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 VStG</a> darstellt, da die Differenz zwischen dem vereinbarten Verkaufspreis und dem Verkehrswert so offensichtlich war, dass eine umsichtige Person erkennen musste, dass dem erwerbenden Aktion&auml;r ein verrechnungssteuerpflichtiger Vorteil gew&auml;hrt wurde.^{<a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">28</a>}</p> <p>Damit bei einer nicht spontan abgerechneten geldwerten Leistung eine Hinterziehung vorliegt, muss also die steuerpflichtige Zuwendung derart offensichtlich sein, dass sie ohne weiteres erkennbar ist. Dies ist etwa auch der Fall, wenn eine Gesellschaft private Lebenshaltungskosten eines Aktion&auml;rs oder dessen Familie der Erfolgsrechnung belastet oder bei Aufwendungen mit teilweise privatem Charakter kein oder ein offensichtlich ungen&uuml;gender Privatanteil verbucht wird.^{<a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">29</a>}</p> <p>Allerdings begeht gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_62" target="_blank" rel="noopener">Art. 62 Abs. 1 lit. a VStG</a> eine Steuergef&auml;hrdung, wer die gesetzesm&auml;ssige Durchf&uuml;hrung der Verrechnungssteuer gef&auml;hrdet, indem er vors&auml;tzlich oder fahrl&auml;ssig im Steuererhebungsverfahren der Pflicht zur Einreichung von Steuererkl&auml;rungen, Aufstellungen und Abrechnungen nicht nachkommt.</p> <p>Da nach unbestrittener Auffassung die Steuerhinterziehung die in Idealkonkurrenz zu dieser begangene Steuergef&auml;hrdung konsumiert<a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30">³⁰</a>, bleibt f&uuml;r die Anwendung des Gef&auml;hrdungstatbestandes nur dann Raum, wenn nicht jede unterlassene bzw. versp&auml;tete Abrechnung als Hinterziehung gilt. Bei geldwerten Leistungen setzt dies deren Offensichtlichkeit voraus. Nur wenn die geldwerte Leistung offensichtlich war, ist durch die unterlassene Abrechnung der objektive Tatbestand der Hinterziehung erf&uuml;llt.</p> <h4>2.1.4 Unterlassene &Uuml;berw&auml;lzung</h4> <p>Durch <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_63" target="_blank" rel="noopener">Art. 63 VStG</a> wird die Verletzung der in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_14" target="_blank" rel="noopener">Art. 14 VStG</a> geregelten &Uuml;berw&auml;lzungspflicht unter Strafe gestellt. Wer diese Pflicht fahrl&auml;ssig oder vors&auml;tzlich verletzt, wird mit Busse bis zu CHF 10'000.- bestraft.</p> <p>Durch die Verletzung der &Uuml;berw&auml;lzungspflicht erbringt die Schuldnerin der steuerbaren Leistung eine zus&auml;tzliche Leistung, welche durch die Formel &laquo;(Nettobetrag x 100):65&raquo; &laquo;ins Hundert&raquo; aufzurechnen ist. In der Praxis bleibt es bei einer Verletzung der &Uuml;berw&auml;lzungspflicht oft bei dieser Aufrechnung ins Hundert, ohne dass ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird.^{<a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31">31</a>}</p> <h3>2.2 Tatbest&auml;nde des VStrR</h3> <p>Der Abgabebetrug gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_14" target="_blank" rel="noopener">Art. 14 Abs. 2 VStrR</a> sowie der qualifizierte Abgabebetrug gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_14" target="_blank" rel="noopener">Art. 14 Abs. 4 VStrR</a> folgen dem sog. Arglistprinzip. Dieses setzt eine arglistige T&auml;uschung der Steuerbeh&ouml;rde voraus.</p> <p>Ein Abgabebetrug muss nicht notwendigerweise durch Verwendung falscher oder gef&auml;lschter Urkunden begangen werden, sondern es sind auch andere F&auml;lle arglistiger T&auml;uschung denkbar. Nach der Rechtsprechung sind jedoch immer besondere Machenschaften, Kniffe oder ganze L&uuml;gengeb&auml;ude erforderlich, damit eine arglistige T&auml;uschung anzunehmen ist.^{<a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32">32</a>}</p> <p>Der Abgabebetrug ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bedroht (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_14" target="_blank" rel="noopener">Art. 14 Abs. 2 VStrR</a> i.V.m. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/54/757_781_799/de#art_333" target="_blank" rel="noopener">Art. 333 Abs. 2 lit. b StGB</a>).</p> <p>Der gewerbsm&auml;ssige oder im Zusammenwirken mit Dritten begangene Abgabebetrug ist mit Freiheitsstrafe bis zu f&uuml;nf Jahren bedroht. Somit gilt er als ein Verbrechen und kann daher auch eine Geldw&auml;schereivortat sein.^{<a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33">33</a>} Gewerbsm&auml;ssig handelt, wer sich darauf einrichtet, durch sein deliktisches Handeln relativ regelm&auml;ssige Einnahmen zu erzielen, die einen namhaften Betrag an die Lebenshaltungskosten darstellen und er sich gleichsam in der Kriminalit&auml;t einrichtet. Der T&auml;ter muss die Tat bereits mehrfach und mit der Absicht Einnahmen zu erzielen begangen haben. Zudem muss er bereit sein, die Taten zu wiederholen. Bei einem ausserordentlich hohen Deliktbetrag kann bereits die &laquo;lediglich&raquo; zweifache Tatbegehung gewerbsm&auml;ssig sein.^{<a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34">34</a>}</p><h2>3. Grundz&uuml;ge des Verfahrens</h2> <p>Das Steuerstrafverfahren richtet sich gest&uuml;tzt auf <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_67" target="_blank" rel="noopener">Art. 67 VStG</a>, sowohl f&uuml;r die im <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de" target="_blank" rel="noopener">VStG</a> normierten &Uuml;bertretungstatbest&auml;nde wie auch f&uuml;r die im <a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857" target="_blank" rel="noopener">VStrR</a> geregelten Delikte, einheitlich nach dem <a href="https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857" target="_blank" rel="noopener">VStrR</a>. Die ESTV ist dabei grunds&auml;tzlich sowohl verfolgende als auch urteilende Beh&ouml;rde. Die kantonalen Strafgerichte kommen zum Zug, wenn die ESTV eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme f&uuml;r angebracht h&auml;lt (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_21" target="_blank" rel="noopener">Art. 21 Abs. 1 VStrR</a>) oder wenn die von der ESTV geb&uuml;sste Person eine gerichtliche Beurteilung verlangt (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_21" target="_blank" rel="noopener">Art.&nbsp;21 Abs. 2 VStrR</a>).</p> <p>Ein Verwaltungsstrafverfahren durchl&auml;uft in der Regel die folgenden Verfahrensschritte:</p> <p>Nach Einleitung des Strafverfahrens nimmt die ESTV eine Untersuchung vor. Erachtet sie diese als vollst&auml;ndig und geht der untersuchende Beamte von einer Widerhandlung aus, nimmt er ein Schlussprotokoll auf. Er gibt der beschuldigten Person zudem Gelegenheit, innert einer erstreckbaren Frist von zehn Tagen Beweiserg&auml;nzungsantr&auml;ge zu stellen und zu den Vorw&uuml;rfen Stellung zu nehmen (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 VStrR</a>). Hat die Beschuldigte Stellung genommen, stellt die ESTV entweder das Verfahren ein oder erl&auml;sst einen Strafbescheid (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_61" target="_blank" rel="noopener">Art. 61 VStrR</a>). Gegen diesen ist innert nicht erstreckbarer Frist von 30 Tagen die Einsprache die ESTV m&ouml;glich (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_67" target="_blank" rel="noopener">Art. 67 VStrR</a>). H&auml;lt diese an der Verurteilung fest, erl&auml;sst sie die Strafverf&uuml;gung (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_70" target="_blank" rel="noopener">Art. 70 VStrR</a>). Die von der Strafverf&uuml;gung Betroffene kann innert 10 Tagen der nicht erstreckbaren Frist seit der Er&ouml;ffnung, die Beurteilung durch das Strafgericht verlangen <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_72" target="_blank" rel="noopener">(Art. 72 VStrR</a>). Hat diese die gerichtliche Beurteilung verlangt, &uuml;berweist die ESTV die Akten der kantonalen Staatsanwaltschaft zuhanden des zust&auml;ndigen Strafgerichts. Die &Uuml;berweisung gilt als Anklage. Eine Untersuchung findet nicht statt (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_73" target="_blank" rel="noopener">Art. 73 VStrR</a>). Ausserdem ist der rechtskr&auml;ftige Entscheid &uuml;ber die Leistungs- oder R&uuml;ckleistungspflicht f&uuml;r das Gericht verbindlich es sei denn, es handle sich um einen Entscheid der ESTV &ndash; und nicht des Bundesverwaltungs- oder des Bundesgerichts &ndash; der auf einer offensichtlichen Gesetzesverletzung oder auf einem Ermessensmissbrauch beruht. In einem solchen Fall setzt das Gericht die Hauptverhandlung aus und weist die Akten an die ESTV zum neuen Entscheid zur&uuml;ck (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_77" target="_blank" rel="noopener">Art. 77 Abs. 4 VStrR</a>).</p> <p>Bei den f&uuml;r die Verletzung des Tatbestandes des Verrechnungssteuerstrafrechts ausgef&auml;llten Strafen handelt es sich um &laquo;echte&raquo; Strafen. Entsprechend sind f&uuml;r s&auml;mtliche Verrechnungssteuerstrafverfahren die Verfahrensgarantien von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/2151_2151_2151/de#art_6" target="_blank" rel="noopener">Art. 6 EMRK</a>^{<a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35">35</a>} zu beachten. Zu diesen geh&ouml;rt insbesondere die Unschuldsvermutung. Diese besagt als Beweislastregel, dass es Sache der Anklagebeh&ouml;rde ist, die Schuld der Angeklagten zu beweisen und nicht diese ihre Unschuld nachweisen muss.</p> <p>Als Beweisw&uuml;rdigungsregel bedeutet die Unschuldsvermutung (&laquo;in dubio pro reo&raquo;), dass sich die Strafbeh&ouml;rden nicht von der Existenz eines f&uuml;r die Angeklagte ung&uuml;nstigen Sachverhalts &uuml;berzeugt zeigen d&uuml;rfen, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat.^{<a title="" href="#_ftn36" name="_ftnref36">36</a>}</p> <p>Aus der Unschuldsvermutung abgeleitet ist auch das strafprozessuale Selbstbelastungsverbot (&laquo;nemo tenetur se ipsum accusare&raquo;). Der &laquo;nemo tenetur&raquo;-Grundsatz besagt, dass die Strafbeh&ouml;rden nicht auf Beweismittel zur&uuml;ckgreifen d&uuml;rfen, die durch Druck oder Zwang in Missachtung des Willens der beschuldigten Person erlangt worden sind.^{<a title="" href="#_ftn37" name="_ftnref37">37</a>}</p> <h2>4. Fokus: nicht spontan abgerechnete geldwerte Leistung</h2> <p>Erbringt eine Gesellschaft ihren Anteilsinhabern oder diesen nahestehenden Personen eine geldwerte Leistung, muss sie unaufgefordert innert 30 Tagen seit F&auml;lligkeit der steuerbaren Leistung die vorgeschriebene Abrechnung einreichen und gleichzeitig die Steuer entrichten (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_38" target="_blank" rel="noopener">Art. 38 Abs. 2 VStG</a>). Unterl&auml;sst sie diese Abrechnung, ist der objektive Tatbestand einer Steuerwiderhandlung &ndash; Hinterziehung oder Gef&auml;hrdung der Verrechnungssteuer &ndash; bereits erf&uuml;llt.</p> <p>Damit die ESTV ein Verrechnungssteuerstrafverfahren einleiten kann, muss sie einen hinreichenden Tatverdacht haben, also von der unterlassenen spontanen Abrechnung der geldwerten Leistung Kenntnis erlangen. Dies geschieht h&auml;ufig durch Meldungen von kantonalen Steuerverwaltungen, welche der ESTV im Rahmen des direktsteuerlichen Veranlagungsverfahrens festgestellte geldwerte Leistungen und die entsprechenden Unterlagen mitteilen.</p> <p>Sp&auml;testens nachdem die Gesellschaft und ihre Organe von der Aufrechnung der geldwerten Leistung im direktsteuerlichen Verfahren Kenntnis erlangt haben, ist f&uuml;r sie das Vorliegen einer geldwerten Leistung offensichtlich. Bleiben sie in dieser Situation unt&auml;tig, droht die Verurteilung wegen Hinterziehung der Verrechnungssteuer, da nach Auffassung der ESTV die Unterlassung der Abrechnung gem&auml;ss <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1966/371_385_384/de#art_38" target="_blank" rel="noopener">Art. 38 Abs. 2 VStG</a> den objektiven Tatbestand der Hinterziehung erf&uuml;llt.</p> <p>Allerdings bleibt straflos, wer die Widerhandlung, die eine Leistungs- oder R&uuml;ckleistungspflicht begr&uuml;ndet, aus eigenem Antrieb anzeigt (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_13" target="_blank" rel="noopener">Art. 13 Abs. 2 VStrR</a>). Durch eine Selbstanzeige l&auml;sst sich also das Risiko einer Bestrafung vermeiden.</p> <h2>5. Verteidigungsans&auml;tze</h2> <h3>5.1 Hinterziehungsvorsatz</h3> <p>Steuerdelikte sind rechtlich gepr&auml;gte Straftatbest&auml;nde. Daher setzt der Vorsatz auch eine Vorstellung &uuml;ber die normativen Elemente des Tatbestandes voraus und zwar im Zeitpunkt, in welchem der T&auml;ter die unterlassene Deklaration der geldwerten Leistung h&auml;tte vornehmen m&uuml;ssen. Ist f&uuml;r ihn jedoch nicht erkennbar, dass ein Steueranspruch entstanden ist, fehlt ihm das Wissen &uuml;ber das normative Tatbestandselement, was den Vorsatz ausschliesst.</p> <p>Diese Vorstellung muss &ndash; wie gesagt - im Tatzeitpunkt vorhanden sein. Gilt bei einer unterlassenen Abrechnung nicht nur der Zeitpunkt, in welchem die fristgerechte Abrechnung h&auml;tte erfolgen sollen, sondern jeder Zeitpunkt vor Eintritt der Verj&auml;hrung des Steueranspruchs als Tatzeitpunkt, ist f&uuml;r den T&auml;ter in der Regel sp&auml;testens dann erkennbar, dass der Steueranspruch entstanden ist, wenn im direktsteuerlichen Veranlagungsverfahren eine Aufrechnung von geldwerten Leistungen erfolgt ist. Zuvor jedoch hat ihm dieses Wissen gefehlt, so dass bis dahin kein Vorsatz vorliegt.</p> <h3>5.2 &laquo;nemo tenetur&raquo;</h3> <p>Stammen die der Nacherhebung der Verrechnungssteuer zugrunde liegenden Informationen aus einem direktsteuerlichen Veranlagungsverfahren, stellt sich die Frage, ob diese in einem Verrechnungssteuerstrafverfahren verwendet werden d&uuml;rfen. Ein Steuerstrafverfahren ist ein &laquo;echtes&raquo; Strafverfahren, in welchem die Garantien von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/2151_2151_2151/de#art_6" target="_blank" rel="noopener">Art. 6 EMRK</a> zur Anwendung gelangen. Zu diesen Garantien geh&ouml;ren unter anderem die Unschuldsvermutung sowie der aus der Unschuldsvermutung abgeleitete &laquo;nemo tenetur&raquo;-Grundsatz. Dieser besagt, dass niemand gezwungen werden darf, gegen seinen Willen zu seiner &Uuml;berf&uuml;hrung beitragen zu m&uuml;ssen. Der &laquo;nemo tenetur&raquo;-Grundsatz ist ein zentraler Grundsatz eines fairen Verfahrens.<a title="" href="#_ftn38" name="_ftnref38">³⁸</a></p> <p>Im Bereich des Steuerrechts k&ouml;nnen die in einem Veranlagungs-, Einsprache- oder Nachsteuerverfahren geltenden Mitwirkungspflichten mit dem &laquo;nemo tenetur&raquo;-Grundsatz in Konflikt geraten, wenn das Veranlagungs- bzw. Nachsteuerverfahren vor oder gleichzeitig mit dem Steuerstrafverfahren durchgef&uuml;hrt wird.^{<a title="" href="#_ftn39" name="_ftnref39">39</a>} Daher d&uuml;rfen die in einem Veranlagungs- bzw. Nachsteuerverfahren erlangten Beweismittel keinen Eingang in ein Steuerstrafverfahren finden, wenn diese unter Androhung einer Veranlagung nach pflichtgem&auml;ssem Ermessen oder unter Androhung einer Busse wegen Verletzung von Verfahrenspflichten beschafft wurden.^{<a title="" href="#_ftn40" name="_ftnref40">40</a>}</p> <p>Zwar enthalten die Bestimmungen von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_183" target="_blank" rel="noopener">Art. 183 Abs. 1^bis DBG</a> bzw. von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_57_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 57a Abs. 2 StHG</a> lediglich ein Verwertungsverbot in einem Steuerhinterziehungsverfahren im Bereich der direkten Steuern. Da jedoch <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_183" target="_blank" rel="noopener">Art. 183 Abs. 1^bis DBG</a> bzw. <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_57_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 57a Abs. 2 StHG</a> die in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/2151_2151_2151/de#art_6" target="_blank" rel="noopener">Art. 6 Ziff. 1 EMRK</a> enthaltenen Verfahrensgarantien umsetzen, d&uuml;rfen die in einem Steuerstrafverfahren im Bereich der direkten Steuern einem Beweisverwertungsverbot unterliegenden Beweismittel auch in einem Strafverfahren einer anderen Steuerart nicht verwendet werden.</p> <h3>5.3 Delegation von Aufgaben</h3> <p>Die ESTV neigt dazu, insbesondere bei kleinen Unternehmen, die Verantwortung f&uuml;r die Buchf&uuml;hrung sowie die korrekte Abrechnung der Verrechnungssteuer dem Verwaltungsrat als unentziehbare und un&uuml;bertragbare Aufgabe zuzuweisen. Sie beruft sich dabei jeweils auf <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#art_716" target="_blank" rel="noopener">Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 und 5 OR</a>, der folgendes vorsieht:</p> <p>Der Verwaltungsrat hat folgende un&uuml;bertragbare und unentziehbare Aufgaben:</p> <blockquote>&laquo;(&hellip;) Ziff. 3: die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese f&uuml;r die F&uuml;hrung der Gesch&auml;fte notwendig ist.(&hellip;)<br />Ziff. 5: die Oberaufsicht &uuml;ber die mit der Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten und Reglemente.&raquo;</blockquote> <p>Die Verantwortung f&uuml;r das Rechnungswesen bedeutet jedoch nur, dass der Verwaltungsrat daf&uuml;r zu sorgen hat, dass eine zweckm&auml;ssige Buchhaltung eingerichtet und vollst&auml;ndig sowie zeitnah nachgef&uuml;hrt wird.^{<a title="" href="#_ftn41" name="_ftnref41">41</a>} Der Verwaltungsrat ist jedoch nicht f&uuml;r die Richtigkeit jeder einzelnen Buchung verantwortlich. Er darf n&auml;mlich &ndash; sofern er die Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung nicht gest&uuml;tzt auf ein Organisationsreglement an eine Gesch&auml;ftsleitung delegiert hat (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#art_716" target="_blank" rel="noopener">Art. 716b Abs. 1 OR</a>) &ndash; Hilfspersonen beiziehen. Dabei muss er jedoch insbesondere die cura in custodiendo anwenden, sich also laufend &uuml;ber die T&auml;tigkeit informieren und n&ouml;tigenfalls erg&auml;nzende Ausk&uuml;nfte einholen.^{<a title="" href="#_ftn42" name="_ftnref42">42</a>}</p> <p>Die in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#art_716" target="_blank" rel="noopener">Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR</a> verankerte Oberaufsicht im Hinblick auf die Einhaltung der Gesetze kommt im &Uuml;brigen nur zum Tragen, wenn der Verwaltungsrat die Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung delegiert hat. Sie bedeutet auch nicht die direkte Beaufsichtigung, sondern die Gestaltung der Aufsicht und die Verfolgung ihrer Abl&auml;ufe und Ergebnisse durch die kritische Lekt&uuml;re der Berichte und das Stellen von Zusatzfragen.<a title="" href="#_ftn43" name="_ftnref43">⁴³</a></p> <h2>6. Zusammenfassung und Schlussfolgerung</h2> <p>Ein Verrechnungssteuerstrafverfahren beginnt h&auml;ufig weit vor seiner formellen Er&ouml;ffnung, n&auml;mlich im direktsteuerlichen Veranlagungsverfahren. Von dort gelangen die Dokumente und Informationen, die der Festsetzung der Verrechnungssteuer dienen an die ESTV. Diese erhebt in erster Linie die Verrechnungssteuer und leitet h&auml;ufig in zweiter Linie die Unterlagen zur Einleitung eines Verrechnungssteuerstrafverfahrens weiter.</p> <p>Dieses richtet sich nicht gegen die verrechnungssteuerpflichtige Gesellschaft, sondern gegen die handelnden nat&uuml;rlichen Personen. Bei kleinen Unternehmen ist dies in der Regel der Verwaltungsrat. Um diesen unliebsamen &Uuml;berraschungen zu entgehen, sollte die Gesellschaft bei R&uuml;ckfragen im Besteuerungsverfahren, welche geldwerte Leistungen zu Tage f&ouml;rdern k&ouml;nnen, eine steuerstrafrechtliche Risikoanalyse vornehmen und eine Strategie entwerfen, welche diese Risiken abwehrt oder zumindest begrenzt.</p> <p>Sp&auml;testens nach einer Aufrechnung von geldwerten Leistungen im direktsteuerlichen Veranlagungsverfahren sollte eine (Nach-)Deklaration an die ESTV erfolgen, so dass eine Bestrafung entf&auml;llt, sofern diese Nachdeklaration alle Anforderungen einer Selbstanzeige im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1974/1857_1857_1857/de#art_13" target="_blank" rel="noopener">Art. 13 Abs. 2 VStrR</a> erf&uuml;llt, insbesondere das Handeln aus eigenem Antrieb.</p></article>