<article class="rz"><div>
<h2>1. Auf Bundesebene gibt es keine Schenkungs- oder Erbschaftssteuer</h2>
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<p>Auf Bundesebene werden mangels verfassungsrechtlicher Grundlage (Art. 3 i.V.m. Art. 128 ff. Bundesverfassung, BV, SR 101) nach heutigem Stand keine Erbschafts- und Schenkungssteuern erhoben.<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a> </sup>Im Jahr 2015 war eine Volksinitiative mit 71% Nein-Stimmen an der Urne gescheitert, die auf die Bundesebene die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften ab CHF 2 Millionen zu einem proportionalen («flachen») Satz von 20% vorgesehen hätte.<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> Der Initiativtext sah eine Rückwirkungswirkung auf Schenkungen ab dem 1. Januar 2012 vor. Dies führte bekanntlich zu zahlreichen «vorgezogenen» Handänderungen in den letzten Monaten des Jahres 2011 und zu einer hohen Zusatzbelastung der schweizerischen Notariate und Grundbuchämter, weil zahlreiche Familien noch vor Ablauf der Rückwirkungsfrist ihre (hoffentlich ohnehin geplanten) Dispositionen treffen wollten.</p>
<p>Seit dem 16. August 2022 läuft die Sammlung von Unterschriften für eine neue Volksinitiative, die eine Steuer von 50% auf Schenkungen und Nachlässen ab CHF 50 Millionen vorsieht. Die Frist, um 100’000 Unterschriften beizubringen (Art. 138 BV), läuft am 16. Februar 2024 ab.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup></p>
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<h2>2. Fast alle Kantone erheben Schenkungs- oder Erbschaftssteuern</h2>
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<p>Fast alle Schweizer Kantone erheben Schenkungs- und Erbschaftssteuern. Ausnahmen bilden die Kantone Obwalden und Schwyz, die diese Steuern überhaupt nicht erheben. Der Kanton Luzern erhebt sodann keine Schenkungssteuer, dafür aber eine Erbschaftssteuer. Er belegt ausserdem Schenkungen in den letzten fünf Jahren vor dem Tod ebenfalls mit der Erbschaftssteuer.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup></p>
<p>Die Erbschafts- und Schenkungssteuern werden jeweils vom Kanton erhoben, in welchem die zuwendende Person wohnt, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte oder wo das übertragene Grundstück liegt.<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> Es ist dabei nicht relevant, wo die begünstigte Person wohnt.</p>
<p>Die meisten Kantone, welche Erbschafts- und Schenkungssteuern erheben, sehen eine Befreiung von Ehegatten (inkl. registrierter Partner) und Nachkommen vor. Eine Ausnahme bilden die Kantone Waadt, Neuenburg und Appenzell Innerrhoden, die Zuwendungen an Nachkommen besteuern, aber – jedenfalls im internationalen Vergleich – eher moderate (wenngleich nicht unbedingt vernachlässigbare) Steuersätze kennen. In einigen Gemeinden des Kantons Waadt kann die kombinierte Kantons- und Gemeindesteuer für Nachkommen auf bis zu 7% steigen. Der Kanton Genf erhebt demgegenüber bei nach dem Aufwand besteuerten Steuerpflichtigen auch auf Zuwendungen an Ehegatten und Kinder Erbschafts- und Schenkungssteuern (maximal 6%). Zu beachten ist ferner, dass gewisse Luzerner Gemeinden ebenfalls eine Erbschaftssteuer von Nachkommen erheben können (maximal 2%).</p>
<p>Aufgrund der de facto nicht existenten bzw. eher tiefen Besteuerung von Ehegatten, registrierten Partnern und Nachkommen, sind die Schenkungs- und Erbschaftssteuern in «klassischen» Konstellationen im Regelfall kein Thema. Ganz anders verhält es sich aber, wenn Konkubinatspartner bedacht werden sollen. Die wenigsten Kantone sehen eine steuerliche Gleichstellung von Konkubinats- mit Ehepaaren vor. In einigen Kantonen gelten gewisse Freibeträge oder Erleichterungen. Die Praxis zeigt, dass gerade Zuwendungen innerhalb des Konkubinats häufig ein Problem darstellen, da diese zum Höchstsatz für Nichtverwandte belegt werden können.</p>
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<h2>3. Braucht es immer eine Schenkungsabsicht?</h2>
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<p>Für die direkten Steuern legen Art. 24 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) und Art. 7 Abs. 4 lit. c des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG, SR 642.14) fest, dass Schenkungen den Einkommenssteuern nicht unterliegen. In diesem Zusammenhang ist gemäss Bundesgericht grundsätzlich an den zivilrechtlichen Begriff der Schenkung nach Art. 239 ff. des Obligationenrechts (OR, SR 220) anzuknüpfen. Dieser bedingt insbesondere das Vorliegen eines Zuwendungswillens (animus donandi).<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup></p>
<p>Für Zwecke der nicht harmonisierten Schenkungssteuern können die Kantone im Prinzip den Begriff der steuerbaren Schenkung im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz definieren. Fraglich und umstritten ist allerdings, ob nicht das von Bundes wegen harmonisierte Einkommenssteuerrecht qua negativer Reflexwirkung die kantonalen Freiheiten weitgehend einschränkt. Vorliegend wird die Auffassung vertreten, dass von Bundesrechts wegen immer ein animus donandi vorliegen muss, um eine steuerbare Schenkung annehmen zu dürfen.<sup><a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a></sup> Ansonsten sind konzeptionell Situationen denkbar, in welchen eine Zahlung bei der leistenden Person einerseits der kantonalen Schenkungssteuer unterliegt und andererseits gleichzeitig – mangels Schenkungswillen – auf Stufe des (allenfalls ausserkantonal wohnhaften) Empfängers zu steuerbarem Einkommen führt (Gesamteinkommenstheorie nach Art. 16 Abs. 1 DBG und Art. 7 Abs. 1 StHG). Das mögliche gleichzeitige Nebeneinander von Schenkungs- und Einkommenssteuer muss als harmonisierungswidrig angesehen werden (vgl. Art. 7 Abs. 4 lit. c StHG). Ausserdem dürfte eine solche wirtschaftliche Doppelbesteuerung auch eine Verletzung des verfassungsmässigen Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstellen (Art. 127 Abs. 2 BV). Das Bundesgericht hat hierzu (noch) keine eindeutige Praxis entwickelt.<sup><a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a></sup></p>
<p>Immerhin hat das Bundesgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2006 festgehalten, dass die Erfüllung einer Rechtspflicht Freiwilligkeit ausschliesst und dass in solchen Fällen demnach jedenfalls kein Schenkungswille angenommen werden darf.<sup><a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a></sup> Darunter fällt nicht nur die Erfüllung einer gesetzlichen, sondern auch die Erfüllung einer vertraglichen Pflicht. Ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung darf somit beispielsweise dann nicht zur Annahme einer freiwilligen Zuwendung führen, wenn die Leistungspflicht desjenigen, der «zu viel» leistet und dafür «zu wenig» erhält, auf einer gültigen vertraglichen Grundlage beruht. Wer sich also beispielsweise vertraglich verpflichtet hat, seinen Mitaktionären Aktien zu einer im Voraus vereinbarten Formel abzugeben, hat bei effektiver Erbringung der Leistung keinen Schenkungswillen, auch wenn die Formel zu einer aktuellen Gegenleistung führt, die viel tiefer als der aktuelle Verkehrswert der Aktien liegt. Vorbehalten bleiben selbstredend Umgehungs- und Simulationsfälle, in den etwa einzig im Hinblick auf eine Schenkung ein Vertrag aufgesetzt wird, um diese vordergründig als synallagmatisches Verhältnis auszugestalten, ohne dass dies dem wahren Parteiwillen entsprechen würde.</p>
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<h2>4. Wie verhält es sich mit der Erfüllung einer sittlichen Pflicht?</h2>
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<p>Hinzuweisen ist ferner auf Art. 239 Abs. 3 OR. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Erfüllung einer sittlichen Pflicht zivilrechtlich nicht als Schenkung behandelt wird. Das Vorliegen einer sittlichen Pflicht kann nicht leichthin angenommen werden, sondern die Voraussetzungen dazu sind gemäss Bundesgericht streng: Es reicht nicht aus, dass ein bestimmtes Verhalten gesellschaftlich erwartet wird, sondern das Unterlassen dieses Verhaltens muss als unanständig qualifiziert werden.<sup><a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a></sup> Sittliche Pflichten haben ihre Grundlage in den sittlichen Anschauungen der Rechtsgemeinschaft. Darunter kann insbesondere die Pflicht fallen, Verwandte über den (engen gesetzlichen) Rahmen von Art. 328 Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) hinaus zu unterstützen.<sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup></p>
<p>Für das Zürcher Schenkungssteuerrecht gilt die Erfüllung einer sittlichen Pflicht grundsätzlich nicht als steuerbare Schenkung.<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup> In der Praxis häufig anzutreffende Konstellationen, bei denen es potenziell um die Erfüllung einer sittlichen Pflicht geht, betreffen Zahlungen an Eltern oder Geschwister, an den (ehemaligen) Konkubinatspartner oder an nahestehende Bekannte. In diesen Fällen ist jeweils im Einzelfall abzuklären, ob gesellschaftlich von der leistenden Person erwartet wird, dass sie gewisse Zuwendungen erbringt, und ob die Unterlassung als geradezu unanständig qualifiziert würde. Finanzielle Potenz der leistenden Person und (drohende) Bedürftigkeit seitens Empfänger mag für eine solche Annahme sprechen. Dies muss aber nicht der einzig denkbare Fall sein. Ausgangspunkt der Analyse wird im Regelfall die Gesamtsituation der leistenden Person sein, denn sie ist wohl Adressatin der fraglichen gesellschaftlichen Erwartungen und es ist ihre Unterlassungshandlung, welche ansonsten als geradezu unanständig qualifiziert werden müsste. Ebenfalls zu beachten sind aber selbstredend die Situation der begünstigten Person, die Beziehung zwischen den Parteien, ihre gemeinsame Geschichte etc.</p>
<p>Denkbare Fälle, in denen eine sittliche Pflicht vorliegen kann (aber nicht muss), sind:</p>
<ul>
<li>die Abgeltung von in der Vergangenheit erbrachten bedeutenden finanziellen oder persönlichen Opfern;</li>
<li>die finanzielle Unterstützung in einer schweren gesundheitlichen Lage oder bei einem Todesfall im nahen familiären Umfeld;</li>
<li>die Begleichung substanzieller Steuerbussen im Ausland, um zu verhindern, dass der Begünstigte dort ansonsten inhaftiert wird;</li>
<li>die Zahlung von Bankzinsen, um sicherzustellen, dass die junge Familie des Begünstigten im angestammten hypothekarisch belasteten Heim weiterleben kann;</li>
<li>die Leistung von «Unterhalts-»Beiträgen an den ehemaligen und finanziell schwächeren Konkubinatspartner, um diesem den Gang zur Fürsorge zu ersparen.<sup><a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a></sup></li>
</ul>
<p>Für die Annahme einer sittlichen Pflicht kann aber nicht entscheidend sein, dass der Leistungserbringer ein aus seiner Warte bedeutendes finanzielles Opfer erbringt. Fälle, in denen in Erfüllung einer sittlichen Pflicht Zahlungen geplant sind, werden mit Vorteil vorab mit den Steuerbehörden vorbesprochen, um einen verbindlichen Vorabbescheid (Steuerruling) zu erhalten. Gleiches gilt, wenn solche Zuwendungen testamentarisch etwa als Vermächtnis vorgesehen werden sollen.</p>
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<h2>5. Die Errichtung von Trusts, Stiftungen und Anstalten</h2>
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<p>Das Schweizer Zivilrecht sieht mit Ausnahme der Nacherbeneinsetzung, der Nutzniessung und von Treuhandlösungen keine sehr weitgehenden Instrumente vor, die es einem Erblasser erlauben würden, die Ausgestaltung und Durchführung des Erbganges nachhaltig zu «modifizieren». Die nach Schweizer Recht ausgestaltete Unterhaltsstiftung ist nach heutigem Stand weiterhin unzulässig (Art. 335 Abs. 2 ZGB).<sup><a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a> </sup>Das Bundesgericht hat 2009 entschieden, dass liechtensteinische Familienstiftungen mit dem Schweizer Ordre public kompatibel sind und zivilrechtlich grundsätzlich anerkannt werden können.<sup><a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a></sup> Dies hat zur Folge, dass gewisse Erblasser nun auch auf ausländische Instrumente ausweichen. Dabei stehen Common Law-Trusts und liechtensteinische Stiftungen und Anstalten im Vordergrund. Die Errichtung solcher Strukturen sollte idealerweise immer erbrechtlich begleitet werden. Es geht dann insbesondere darum, dass die Rechte pflichtteilgeschützter Erben nicht verletzt werden. Man wird daher mit Vorteil einen Erbvertrag anstreben (Art. 494 f. ZGB), in welchem diese Erben ihre Zustimmung erteilen bzw. auf ihre entsprechenden Rechte verzichten. </p>
<p>Diese Strukturen dienen kaum je der steuerlichen Optimierung in der Schweiz. Vielmehr ist es zentral, sicherzustellen, dass die steuerliche Situation mit Errichtung dieser Strukturen nicht verschlimmert wird. Es gehört mittlerweile zum Standardrepertoire von Steuerberatern, in solchen Fällen Vorabbescheide (Rulings) einzuholen, um die Steuerfolgen zu klären. Die wichtigsten Ziele und Themen solcher Rulings sind im Regelfall:</p>
<ul>
<li>die Möglichkeit der steuerneutralen Errichtung zu Lebzeiten oder von Todes wegen;</li>
<li>Die steuerliche Zuordnung der Vermögenswerte nach Errichtung;</li>
<li>die steuerliche Behandlung von Ausschüttung an die errichtende Person und/oder an die Begünstigten;</li>
<li>die Frage der Rückerstattung der Verrechnungssteuer und Anrechnung ausländischer Quellensteuern nach Schweizer Recht und/oder nach Doppelbesteuerungsabkommen;</li>
<li>der Ausschluss einer schweizerischen Steueransässigkeit, sofern juristische Personen (Stiftung, Anstalt) vorliegen;</li>
<li>die Möglichkeiten der Einflussnahme der Beteiligten auf Ausschüttungen;</li>
<li>die Folgen der Liquidation der Struktur.</li>
</ul>
<p>Häufig wird man bei der Ausgestaltung solcher Strukturen eine steuerliche Transparenz anstreben wollen. Dies ist allerdings nicht immer ganz trivial und steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Durchgriffstheorie des Bundesgerichts.<sup><a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a></sup></p>
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<h2>6. Gemischte Schenkungen</h2>
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<h3>6.1. Im Allgemeinen</h3>
<p>Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung wertmässig in einem offenkundigen Missverhältnis zueinander stehen. Solche Transaktionen sind sehr häufig in familieninternen Konstellationen anzutreffen:</p>
<ul>
<li>Wenn Vermögenswerte (beispielsweise Beteiligungen) zeitlebens übertragen werden und die leistende Partei finanziell auf eine partielle Abgeltung durch die empfangene Partei angewiesen ist (oder diese wünscht);</li>
<li>Wenn eine Wohnimmobilie übertragen wird, ohne dass sich an der Wohnsituation der leistenden Person etwas ändern soll (Übertragung unter Nutzniessungsvorbehalt);</li>
<li>Wenn eine belehnte Immobilie übertragen wird und die empfangende Partei die Hypothek als neuer Schuldner übernehmen soll.</li>
</ul>
<p>Die Zürcher Praxis bejaht grundsätzlich das Vorliegen einer gemischten Schenkung (statt eines Verkaufs), wenn die Gegenleistung gesamthaft weniger als 75% des Verkehrswertes des zugewendeten Wertes beträgt, wobei im Einzelfall von dieser Schwelle abgewichen werden kann.<sup><a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">17</a> </sup>Ist dies der Fall, so gilt die gesamte Transaktion als Schenkung und löst allenfalls Schenkungssteuern aus (oder eben gerade nicht, wenn die steuerbefreiten Nachkommen die Empfänger sind). Die Praxis in den Kantonen ist mannigfaltig und es empfiehlt sich daher auch hier, den Einzelfall konkret und im Voraus mit den Behörden zu besprechen.</p>
<h3>6.2. Gemischte Schenkungen bei Grundstücken</h3>
<p>Wenn Immobilien geschenkt oder vererbt werden, so entfällt die Grundstückgewinnsteuer, bzw. genauer: sie wird aufgeschoben, bis ein «echter» Verkauf stattfindet (Art. 12 Abs. 3 lit. a StHG). Bei einer vollständig unentgeltlichen Schenkung entfällt mangels Gewinnrealisierung ohnehin der unmittelbare Anknüpfungspunkt für die Grundstückgewinnsteuer. Dennoch ist die gesetzliche Regelung des Aufschubs nicht sinnlos: Sie stellt sicher, dass der Erwerber in die steuerlichen Fusstapfen des Veräusserers tritt. Die empfangende Person übernimmt somit Anlagewert und Haltedauer des Schenkers bzw. des Erblassers. Die eigenen Aufwendungen, die anlässlich des Erwerbs getätigt werden, fallen demgegenüber ins Leere und können beim Weiterverkauf nicht geltend gemacht werden.<sup><a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">18</a></sup> Steuerlich ist damit von der Fiktion auszugehen, dass die sich für den Aufschiebungstatbestand qualifizierende Transaktion nicht stattgefunden hat. Die Kantone, die nebst der Grundstückgewinnsteuer eine Handänderungssteuer bei Grundstücktransaktionen erheben, sehen zumeist ebenfalls eine Privilegierung bei Schenkungen und Erbgängen vor.</p>
<p>Bei der Übertragung von Immobilien innerhalb von Familien sind sehr häufig gemischte Schenkungen anzutreffen. Dies kann der Fall sein, weil der Empfänger zumindest einen symbolischen Preis zahlen oder eine Bankhypothek vom Schenker übernehmen soll. Ein weiterer verbreiteter Anlass für eine gemischte Schenkung kann auch vorliegen, wenn das eine Kind im Rahmen eines Erbvorbezugs die Liegenschaft übernehmen soll, die Eltern aber nicht über genügende Liquidität verfügen, um das andere Kind «auszuzahlen». Diesfalls kann das die Liegenschaft übernehmende Kind die Liegenschaft partiell gegen Darlehen kaufen und die Eltern können das Verkäuferdarlehen dem anderen Kind schenkungshalber abtreten (Art. 164 ff. OR). Das die Liegenschaft erwerbende Kind wird dann gegenüber seinem Geschwister zur Amortisation des Darlehens verpflichtet (typischerweise hypothekarisch finanziert).</p>
<p>Ein weiterer klassischer Fall betrifft die Übertragung unter Nutzniessungsvorbehalt. Die Einräumung einer Nutzniessung wird in vielen Kantonen als Gegenleistung betrachtet. Es wird also nicht «netto» auf einen um die Belastung der Nutzniessung reduzierten Liegenschaftswert abgestellt, sondern es erfolgt eine Bruttobetrachtung. Man wird in diesen Fällen den Wert der Nutzniessung ermitteln müssen (in der Regel mittels Kapitalisierung eines Mietwerts). Bei jungen Nutzniessern (mit noch hoher Lebenserwartung) wird dieser Wert eher hoch sein, während er bei alten Nutzniessern tiefer sein wird. Anders gesagt: Wenn der Nutzniesser noch jung ist, so kann es durchaus sein, dass der Wert der Nutzniessung mehr als 75% der Liegenschaft beträgt, womit dann – jedenfalls bei Anwendung der Zürcher Praxis – keine gemischte Schenkung mehr vorliegt, sondern ein voll grundstückgewinnsteuerpflichtiger Verkauf. Für Einkommens- und Vermögenssteuerzwecke wird der nutzniessungsbelastete Vermögenswert dem Nutzniesser zugerechnet (vgl. Art. 13 Abs. 2 StHG). Das Versterben des Nutzniessers führt sodann zu einem steuerlich grundsätzlich nicht massgeblichen Anwachsen des vollen Eigentums beim bisherigen nackten Eigentümer. Generell ist zu beachten, dass eine Nutzniessung (sei es an beweglichem oder unbeweglichem Vermögen) die Verhältnisse dinglich fixiert. Wenn man die Eigentumsverhältnisse später also neu ordnen will (oder den fraglichen Vermögenswert gar zu Lebzeiten des Nutziessers an einen Dritten verkaufen möchte), so wird man die Nutzniessung zumeist auf die eine oder andere Art eliminieren müssen. Dies kann in finanzieller, rechtlicher und steuerlicher Hinsicht zu ursprünglich ungeplanten Schwierigkeiten führen.</p>
<p>In den Kantonen werden gemischte Schenkungen sodann unterschiedlich behandelt.<sup><a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">19</a></sup> Die einen Kantone (darunter Zürich) qualifizieren bei Vorliegen einer gemischten Schenkung die gesamte Transaktion als (allenfalls steuerbare) Schenkung. Die anderen Kantone unterteilen die Transaktion gedanklich in zwei Teile: Einerseits soll im Umfang der Differenz zwischen Anlagekosten und Gegenleistung ein Verkauf vorliegen. Wenn die Gegenleistung also die Anlagekosten des Veräusserers übersteigt, so wird dieser Gewinn grundstückgewinnsteuerpflichtig. Nur im Umfang der Differenz zwischen Gegenleistung und Verkehrswert wird sodann eine allenfalls steuerbare Schenkung erblickt.</p>
<p>Soweit ersichtlich musste das Bundesgericht bisher nicht entscheiden, ob diese Zweiteilung bei gemischten Schenkungen von Grundstücken überhaupt bundesrechts- bzw. StHG-konform ist. Es bestehen aber gewichtige Zweifel daran.<sup><a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">20</a></sup> Der vom Gesetzgeber gewollte Steueraufschub bedingt nach der vorliegend vertretenen Auffassung bei gemischten Schenkungen nicht nur, dass die Steuer einstweilen nicht erhoben wird, sondern auch, dass der Empfänger bezüglich Anlagekosten und Haltedauer die Position des Veräusserers 1:1 übernimmt bzw. dass die anlässlich des den Steueraufschub auslösenden Erwerbs getätigten Aufwendungen «ins Leere fallen». Mit Fracheboud und Margraf<sup><a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">21</a></sup> ist in systematischer Auslegung darauf hinzuweisen, dass etwa die Ersatzbeschaffungstatbestände von Art. 12 Abs. 3 lit. d und e StHG, die ebenfalls einen Steueraufschub begründen, diesen aber ausdrücklich nur gewähren, «soweit» der erzielte (Veräusserungs-)erlös für die Reinvestition verwendet wird. Eine ähnliche Einschränkung ist demgegenüber in Art. 12 Abs. 3 lit. a StHG gerade nicht vorgesehen.</p>
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<h2>7. Erbvorbezüge, Erbteilung und Ausschlagung</h2>
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<h3>7.1. Im Allgemeinen</h3>
<p>Erbvorbezüge werden im Regelfall steuerlich einer Schenkung gleichgestellt.</p>
<p>Im Falle von Erbteilungen ist Vorsicht geboten: Bei Abweichung von den Anordnungen des Erblassers oder von der gesetzlichen Erbfolge kann eine steuerbare Querschenkungen unter den Erben angenommen werden.<sup><a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22">22</a></sup> Zu fordern ist diesfalls aber sicherlich, dass die testamentarische Anordnung oder die gesetzliche Erbfolge hinreichend klar sein muss und dass in freiwilliger Weise und mit Zuwendungsabsicht davon abgewichen wird (animus donandi, siehe oben Abschnitt 3). Eine Teilung, die als Verhandlungsresultat akzeptiert wird, um beispielsweise weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, kann nach vorliegender Auffassung nicht Anlass zur Annahme von Querschenkungen bieten.</p>
<p>Eine Ausschlagung nach Art. 566 ff. ZGB, die sich ja durchaus zugunsten der übrigen Erben auswirken kann, stellt grundsätzlich keine steuerbare Schenkung dar. Vorbehalten bleiben umgeherische Fälle.<sup><a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">23</a></sup></p>
<h3>7.2. Erbvorbezug und Erbteilung bei Grundstücken</h3>
<p>Sowohl beim Erbvorbezug als auch bei der Erbteilung wird die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben (Art. 12 Abs. 3 lit. a StHG, zum Aufschub siehe oben Kapitel 6.2). Wenn die Erbanwärter ein Grundstück als Erbvorbezug erhalten haben, so lässt es die kantonale Praxis unter Umständen zu, dass die spätere Realteilung steuerlich privilegiert geschehen kann (auch wenn dann zivilrechtlich keine eigentliche Erbteilung stattfindet).<sup><a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">24</a> </sup>Verlangt wird insbesondere, dass die Erbanwärter das Grundstück zu gesamter Hand halten.</p>
<p>Auch Erbteilungen sind insofern privilegiert, als das entgeltliche Ausscheiden von Miterben zwar eigentlich einen Verkauf von Grundstückanteilen darstellt, diese Übertragungen aber steuerlich ausser Betracht fallen. Die ausscheidenden Miterben können ihren Anteil steuerneutral abgeben (Steueraufschub). Wenn die Begründung der Erbengemeinschaft aber schon lange zurückliegt oder wenn seither grössere Umbauten oder Entwicklungen am Grundstück stattgefunden haben (Stichwort : Neubau und Begründung/Verkauf von Stockwerkeigentum), so ist Vorsicht geboten: Es kann sein, dass das Steueramt diesfalls zum Schluss gelangt, dass die Erbengemeinschaft ihre angestammte, rein passive Verwaltungsfunktion mittlerweile aufgegeben hat, und dass nunmehr nur noch eine „normale“ einfache Gesellschaft nach Art. 530 ff. OR vorliegt. Diesfalls wäre das Ausscheiden nicht mehr steuerlich privilegiert.<sup><a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">25</a></sup> Immer aber gilt der Grundsatz «Den Letzten beissen die Hunde»: Der das Grundstück übernehmende Erbe kann beim «echten» Gesamtverkauf am Schluss die Aufwendungen, die er gehabt hat, um seine Miterben auszukaufen, nicht in Abzug bringen. Wenn er verkauft, wird er den gesamten Gewinn seiner Vorgänger versteuern müssen, ohne seine allfälligen eigenen Investments abziehen zu können.</p></article>
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