<article class="rz"><h2>1. Ausgangslage</h2>
<h3>1.1 Internationale Entwicklungen im Steuerrecht</h3>
<p>Die Entwicklungen im internationalen Steuerrecht haben über die letzten Jahre hinweg rasant zugenommen. Auslöser für die in diesem Ausmass bisher unbekannte Dynamik war vor allem das von der OECD und den G20-Staaten initiierte BEPS-Projekt zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung («Base Erosion and Profit Shifting» – BEPS). Mit einem umfassenden Massnahmenpaket, bestehend aus 15 Aktionspunkten<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a></sup>, soll international gegen schädlichen Steuerwettbewerb und aggressive Steuergestaltungen vorgegangen und damit unerwünschte Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen verhindert werden.</p>
<p>Die EU hat ihrerseits mit der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken («Anti-Tax-Avoidance Directive» – <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32016L1164&from=EN" target="_blank" rel="noopener">ATAD I</a> und <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017L0952" target="_blank" rel="noopener">II</a>)<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> Massnahmen beschlossen, die für den EU-Binnenraum steuerliche Mindeststandards festlegen und von den EU-Mitgliedstaaten in das unilaterale Recht zu überführen sind. Die EU-Mitgliedstaaten sind jedoch frei, über diese Mindeststandards hinaus zu gehen und zusätzliche bzw. strengere Bestimmungen zu erlassen.</p>
<p>In vielen Staaten sind mittlerweile gesetzliche Regelungen verabschiedet worden, die sich zum Teil mehr oder minder eng an die Vorschläge der Aktionspunkte anlehnen bzw. orientieren.</p>
<h3>1.2 Anpassungsbedarf des Steuerrechts in der Schweiz</h3>
<p>Die Entwicklungen auf internationaler Ebene und auf Ebene der EU führten dazu, dass insbesondere die bisherigen kantonalen Besteuerungsmodalitäten für Holding-, Domizil- und Verwaltungsgesellschaften sowie die Praxisregelungen zur Steuerausscheidung für Prinzipalgesellschaften und Finanzierungsgesellschaften (Swiss Finance Branch) nicht mehr den internationalen Standards entsprachen.</p>
<p>Mit der am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) wurde diesem Umstand Rechnung getragen und ein Steuersystem geschaffen, welches vom Grundsatz her die internationalen Vorgaben und deren Handlungsempfehlungen berücksichtigt.<a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3"><sup>03</sup></a> Mit der Abschaffung der international nicht mehr akzeptierten kantonalen Steuerstatus sowie der Aufhebung der Praxisregelungen zur Steuerausscheidung für Prinzipalgesellschaften und Finanzierungsgesellschaften erfüllt die Schweiz nun den von der OECD zum Mindeststandard erklärten <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/wirksamere-bekampfung-schadlicher-steuerpraktiken-unter-berucksichtigung-von-transparenz-und-substanz-aktionspunkt-5-abschlussbericht-2015_9789264258037-de#page2" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 5 (Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz)</a> sowie das vom Bundesrat mit der EU in diesem Zusammenhang im Jahr 2014 abgeschlossene <a href="https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/36882.pdf" target="_blank" rel="noopener">Joint Statement</a>.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup></p>
<h2>2. Übergangsbestimmungen</h2>
<p>Bisher privilegiert besteuerte Gesellschaften entrichteten bis vor Inkrafttreten der STAF auf Stufe Kanton und Gemeinde keine (im Fall von Holdinggesellschaften) oder nur eine reduzierte (im Fall von Domizilgesellschaften oder gemischten Gesellschaften) Gewinnsteuer sowie eine reduzierte Kapitalsteuer.<a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5"><sup>05</sup></a> Zudem gewährten die Praxisregelungen zur Steuerausscheidung für Prinzipalgesellschaften ebenfalls bestimmte Erleichterungen für Zwecke der direkten Bundessteuer. Seit dem 1. Januar 2020 sind diese Besteuerungsmodalitäten und/oder Praxisanweisungen weggefallen und sämtliche Gesellschaften werden fortan sowohl auf Stufe Bund wie auch auf Stufe Kanton und Gemeinde allgemein der ordentlichen Besteuerung unterworfen.<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup></p>
<p>Auch wenn die Kantone ihre statutarischen Gewinnsteuersätze im Rahmen der STAF nach unten angepasst haben, führt dieser Systemwechsel (d.h. der Übergang von der privilegierten in die ordentliche Besteuerung) bei den betroffenen Gesellschaften in aller Regel zu einem deutlichen Anstieg der Steuerbelastung in der Schweiz und damit zu einem eigentlichen «Fiskalschock». So werden laufende Erträge oder stille Reserven, die bei einer Realisation auf Stufe Kanton und Gemeinde bisher nicht oder nur reduziert besteuert wurden, neu vollumfänglich der ordentlichen Besteuerung unterworfen. Um diesen Fiskalschock für die betroffenen Gesellschaften zumindest teilweise abzufedern, wurden im Rahmen der STAF entsprechende Übergangsbestimmungen erarbeitet.</p>
<h3>2.1 Aufdeckung der stillen Reserven bei Statusgesellschaften (altrechtlicher Step-up)</h3>
<p>Die Thematik des freiwilligen oder unfreiwilligen Statuswechsels<sup><a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a></sup> im Kanton war bereits vor dem Inkrafttreten der STAF ein Thema, mit dem sich Literatur und Rechtsprechung beschäftigt haben.<sup><a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a> </sup>So setzte sich das Bundesgericht in einem vielbeachteten Entscheid im Zusammenhang mit einer Holdinggesellschaft insbesondere mit der Frage auseinander, wie stille Reserven (und Verluste) aus der privilegierten Besteuerung beim Übergang zur ordentlichen Besteuerung zu behandeln sind.<sup><a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a></sup> In seinen Erwägungen stellte das Bundesgericht fest, dass der Erlass von Regelungen betreffend die steuerlichen Implikationen eines solchen Statuswechsels grundsätzlich Sache der kantonalen Gesetzgeber sei und verwies auf die damals in den Kantonen Obwalden und Graubünden erlassenen Dienstanweisungen bzw. Praxisfestlegungen.<a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10"><sup>10</sup></a> Diese Verwaltungsanweisungen erachtete das Bundesgericht vor dem Hintergrund der steuerrechtlichen Systematik und der Einheitlichkeit der Rechtsordnung als ausreichende rechtliche Grundlagen für seine Entscheidfindung.<sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup></p>
<p>Diese Kompetenzordnung bzw. der kantonale gesetzgeberische Gestaltungsspielraum bleibt auch im Rahmen der STAF bestehen. Das <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de" target="_blank" rel="noopener">StHG</a> bezieht sich in <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_78_g" target="_blank" rel="noopener">Art. 78g Abs. 3</a> zwar explizit auf die altrechtliche Aufdeckungslösung bei Beendigung des kantonalen Steuerprivilegs. Die Kantone sind aufgrund dieser Bestimmung jedoch nicht verpflichtet, diese Möglichkeit in ihr kantonales Steuerecht bzw. in ihre Verwaltungspraxis zu überführen. Dennoch haben zahlreiche Kantone bereits vor Inkrafttreten der STAF entsprechende Verwaltungsanweisungen hierzu erlassen und darin die Details für einen Statuswechsel vor Inkrafttreten der STAF geregelt.<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup> Entsprechend wird die Aufdeckungslösung (sog. altrechtlicher Step-up) zwar in vielen aber dennoch nicht in allen Kantonen als Alternative zur nachfolgend näher beschriebenen Sondersatzlösung angewandt. Vor allem in den Westschweizer Kantonen wird von dieser Möglichkeit abgesehen und den betroffenen Gesellschaften steht in der Regel nur die Sondersatzlösung zur Verfügung. </p>
<p>Gesellschaften deren Sitzkanton den altrechtlichen Step-up vorsehen, können im Zeitpunkt des Statuswechsels die stillen Reserven, soweit diese bisher nicht steuerbar gewesen wären, in der Steuerbilanz steuerneutral aufdecken und in den Folgejahren steuerwirksam abschreiben. Die Abschreibungsdauer und die Modalitäten der Abschreibung (lineare oder dynamische Abschreibung) liegen im Ermessen der Kantone.<sup><a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a></sup> Die Geltendmachung des altrechtlichen Step-up beim Statuswechsel ist grundsätzlich bis und mit der letzten Steuerperiode vor Inkrafttreten der STAF möglich, unterliegt jedoch der kantonal festgelegten Entlastungsbegrenzung (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_78_g" target="_blank" rel="noopener">Art. 78g Abs. 3 StHG</a>).</p>
<h3>2.2 Gesonderte Besteuerung der stillen Reserven bei Statusgesellschaften (Sondersatzlösung)</h3>
<p>Im Rahmen der mit <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1256_1256_1256/de#art_78_g" target="_blank" rel="noopener">Art. 78g Abs. 1 und 2 StHG</a> neu geschaffenen und für die Kantone obligatorisch einzuführenden Sondersatzlösung werden die qualifizierenden stillen Reserven (d.h. die Gesamtheit der unter dem Steuerprivileg erarbeiteten stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts) auf Antrag mittels einer Feststellungsverfügung festgehalten. Allfällig realisierte stille Reserven – soweit diese in der Verfügung festgehalten sind – werden innert der ersten fünf Jahre nach dem Statuswechsel (d.h. bis zum 31. Dezember 2024) mit einem reduzierten Sondersatz besteuert. Die Höhe des anzuwendenden Sondersteuersatzes liegt dabei im Ermessen der Kantone.<sup><a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a></sup> Im Gegensatz zum altrechtlichen Step-up unterliegt die Sondersatzlösung nicht der kantonalen Entlastungsbegrenzung.</p>
<h3>2.3 Aufdeckung der stillen Reserven bei Prinzipalgesellschaften (Step-up bei Zuzug)</h3>
<p>Das Konzept der Aufdeckungslösung beschränkte sich aufgrund der entsprechenden Besteuerungsmodalitäten bisher auf kantonale Statusgesellschaften. Mit Inkrafttreten der STAF hat sich dieser Umstand aber relativiert und im <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de" target="_blank" rel="noopener">DBG</a> (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_61_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 61a</a> und <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_61_b" target="_blank" rel="noopener">Art. 61b</a>) finden sich nun generell-abstrakte Normen über die Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven bei Beginn der Steuerpflicht in der Schweiz (Zuzug) bzw. am Ende der Steuerpflicht (Wegzug). </p>
<p>Die mit <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_61_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 61a DBG</a> für Zwecke der direkten Bundessteuer geschaffenen gesetzlichen Übergangsbestimmungen erlauben es, die stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts (Goodwill) bei der Verlegung von Vermögenswerten und Funktionen aus dem Ausland in die Schweiz gewinnsteuerunwirksam aufzudecken. Dabei ist der aufgedeckte selbst geschaffene Mehrwert steuerwirksam innert zehn Jahren abzuschreiben (<a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_61_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 61a Abs. 4 DBG</a>).</p>
<p>Gemäss <a href="https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/direkte-bundessteuer/direkte-bundessteuer/fachinformationen/kreisschreiben.html" target="_blank" rel="noopener">Kreisschreiben Nr. 8 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 18. Dezember 2001 (KS 8)</a> weisen Prinzipalgesellschaften einen bestimmten Teil ihrer im Ausland erwirtschafteten Handelsgewinne mittels unilateraler Steuerausscheidung ausländischen Betriebsstätten zu. Beim Übertritt von der ordentlichen Besteuerung in die Prinzipalbesteuerung gemäss <a href="https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/direkte-bundessteuer/direkte-bundessteuer/fachinformationen/kreisschreiben.html" target="_blank" rel="noopener">KS 8</a> wurden seinerzeit die im Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandenen und von der internationalen Steuerausscheidung erfassten stillen Reserven (inkl. Goodwill) als steuersystematisch realisiert betrachtet und entsprechend besteuert.<sup><a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a></sup></p>
<p>Mit der Aufhebung der Bundespraxis zur Steuerausscheidung bei Prinzipalgesellschaften werden Funktionen aus dem Ausland nunmehr an das Schweizer Stammhaus zurückgeführt. Entsprechend können Prinzipalgesellschaften in Anwendung der neuen Regelung von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1991/1184_1184_1184/de#art_61_a" target="_blank" rel="noopener">Art. 61a DBG</a> die bei Aufgabe der internationalen Steuerausscheidung betroffenen stillen Reserven (Goodwill) für Zwecke der direkten Bundessteuer im Umfang der bisherigen Freistellung steuerneutral aufdecken und innert zehn Jahren steuerwirksam abschreiben. In diesem Zusammenhang wird oft auch vom sog. Immigrations- bzw. Zuzug Step-up gesprochen.<sup><a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a></sup></p>
<h2>3. BEPS Aktionspunkt 2 – Hybride Gestaltungen</h2>
<h3>3.1 Hintergrund</h3>
<p>Die Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen war einer der zentralen Aktionspunkte des BEPS-Projekts. Der hierzu veröffentlichte <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page5" target="_blank" rel="noopener">Abschlussbericht zum Aktionspunkt 2</a><a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17"><sup>17</sup></a> fiel entsprechend umfassend aus und enthält darüber hinaus eine Vielzahl von detaillierten Beispielen.</p>
<p>Hybride Gestaltungen zielen darauf ab, die unterschiedliche steuerliche Behandlung einer bestimmten Zahlung in mindestens zwei verschiedenen Jurisdiktionen auszunutzen, um damit eine Besteuerungsinkongruenz («hybrid mismatch») und letztlich eine Minderung der Gesamtsteuerlast herbeizuführen.<a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18"><sup>18</sup></a> Das hybride Element kann unterschiedlich ausgeprägt sein:</p>
<ul>
<li>Ursache liegt in der Qualifikation der Zahlung selbst, indem bspw. eine Zahlung in einem Staat als Zins und im anderen Staat als Dividende qualifiziert wird (hybrides Instrument);</li>
<li>Ursache liegt in der unterschiedlichen Behandlung der involvierten Rechtsträger, indem ein Rechtsträger von einem Staat als steuerlich transparent und vom anderen Staat als steuerlich intransparent behandelt wird (hybrider Rechtsträger).</li>
</ul>
<p>Hybride Instrumente und Rechtsträger können auch in eine breiter gefasste Gestaltung oder eine Konzernstruktur eingebunden sein, um eine Besteuerungsinkongruenz herbeizuführen.</p>
<h3>3.2 Als schädlich identifizierte Konstellationen</h3>
<p>Der <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page5" target="_blank" rel="noopener">Abschlussbericht zu Aktionspunkt 2</a> unterscheidet zwischen drei als schädlich identifizierten Fallgruppen und gibt Empfehlungen, mit welchen Massnahmen die jeweils schädliche Konstellation zu korrigieren ist. Dabei wird unterschieden zwischen primären und subsidiären Massnahmen (Abwehrregel), wobei Letztere nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die primäre Massnahme im entsprechenden Staat nicht durchgesetzt wird.<sup><a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">19</a></sup></p>
<h4>1) Zahlungen, die zu einem D/NI-Ergebnis führen («Deduction / No Inclusion»)</h4>
<p>Zahlungen, die nach den Regeln des Staats des Zahlungsleisters abzugsfähig sind und nicht in den ordentlichen Einnahmen des Zahlungsempfängers berücksichtigt werden (Betriebsausgabenabzug / Nichtberücksichtigung als Einnahme).</p>
<h4>2) Zahlungen, die zu einem DD-Ergebnis führen («Double Deduction»)</h4>
<p>Zahlungen, die zu einem zweimaligen Betriebsausgabenabzug für ein und dieselbe Zahlung führen, d.h. sowohl im Staat des Zahlungsleisters als auch im Staat der Muttergesellschaft der zahlenden Gesellschaft (doppelter Betriebsausgabenabzug).</p>
<h4>3) Zahlungen, die zu einem indirekten D/NI-Ergebnis führen («Imported Mismatch»)</h4>
<p>Zahlungen, die nach den Regeln des Staats des Zahlungsleisters abzugsfähig sind und von der Zahlungsempfängerin mit einem Betriebsausgabenabzug im Rahmen einer hybriden Gestaltung verrechnet werden. Das Ergebnis der hybriden Gestaltung wird somit in einen Drittstaat verlagert (importiert).</p>
<h3>3.3 Sachlicher Anwendungsbereich der Anti-Hybrid-Regelungen</h3>
<p>Mit dem im Abschlussbericht zum <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> dargelegten Massnahmepaket sollen die Effekte von Besteuerungsinkongruenzen, die sich aus der Nutzung hybrider Instrumente und Rechtsträger ergeben, neutralisiert werden. Die (korrigierenden) Gegenmassnahmen sollen namentlich bei strukturierten Gestaltungen zur Anwendung gelangen, welche mit der Absicht entwickelt wurden, eine hybride Besteuerungsinkongruenz zu erzielen.<sup><a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">20</a></sup> Die Gestaltung kann dabei mittels einer Vereinbarung, eines Vertrags, einer Struktur, eines Plans oder einer Abmachung erfolgen, unabhängig von ihrer Durchsetzbarkeit. Entscheidend ist vielmehr, ob zufällig oder absichtlich gestaltet, dass die Voraussetzungen oder Wirkungen einer hybriden Struktur effektiv eintreten.</p>
<p>Gleichzeitig ist auch zu beachten, dass die Grundlage für eine detaillierte Analyse bzw. Beurteilung möglicher hybrider Gestaltungen stets das im konkreten Einzelfall im jeweiligen Staat anwendbare lokale Recht ist. Insbesondere bei Fallkonstellationen mit EU-Mitgliedstaaten ist eine vorgängige Konsultation des lokalen Rechts unabdingbar. Bei der Umsetzung der EU-Richtlinien in das lokale Recht besteht ein Ermessensspielraum, der auch Regelungen zulässt, welche über die in <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32016L1164&from=EN" target="_blank" rel="noopener">ATAD I</a> und <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017L0952">II</a> definierten Mindeststandards hinaus gehen. In diesem Zusammenhang sei ergänzend darauf hingewiesen, dass im Rahmen der <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017L0952">ATAD II</a> ausdrücklich auch auf <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> Bezug genommen wird und dieser Aktionspunkt auch zur Auslegung der <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017L0952" target="_blank" rel="noopener">ATAD II</a> heranzuziehen ist. Vor diesem Hintergrund mag auch im einzelnen nationalen Recht der EU-Mitgliedstaaten ein mittelbarer Rückbezug auf <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> im Rahmen der Auslegung der nationalen Gesetze gegeben sein.</p>
<p>Im Übrigen haben auch die USA eigene Anti-Hybrid-Regelungen erlassen, die erkennbar zum Teil auf <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> basieren.</p>
<h2>4. Konformität der STAF-Übergangsbestimmungen mit (allgemeinen) Anti-Hybrid-Regelungen und ausgewählte Problemkreise</h2>
<h3>4.1 Ausgangslage</h3>
<p>Die folgenden Betrachtungen gehen von einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft aus, welche eine Zahlung von einer Gruppengesellschaft aus einem Drittstaat erhält (bspw. eine Kaufpreis-, Zins- oder Lizenzzahlung) und aufgrund des Statuswechsels im Kanton die Sondersatzlösung (Ziffer 4.2) oder alternativ den altrechtlichen Step-up (Ziffer 4.3) anwendet. Die ausländische Gruppengesellschaft macht aufgrund dieser Zahlung nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht einen steuerlich wirksamen Betriebsausgabenabzug geltend.</p>
<p>Die nachfolgenden Betrachtungen konzentrieren sich auf die Analyse, inwiefern die Anwendung der schweizerischen Übergangsbestimmungen vor dem Hintergrund der OECD-Empfehlungen unter <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> zu einem D/NI-Ergebnis führen. </p>
<h3>4.2 Sondersatzlösung</h3>
<h4>4.2.1 Berücksichtigung der Zahlung als ordentliche Einnahme</h4>
<p>Gemäss den Vorgaben der OECD in <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> liegt kein schädliches D/NI-Ergebnis vor, wenn eine Zahlung nach Massgabe der für die Zahlungsempfängerin anwendbaren Rechtsvorschriften bei der Ermittlung der steuerlichen Einkünfte als ordentliche Einnahme berücksichtigt wird.<sup><a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">21</a></sup> Als ordentliche Einnahmen gelten jene Einnahmen, die dem vollen Grenzsteuersatz unterliegen und für die keine Steuerbefreiung, Nichtberücksichtigung oder anderweitige Steuererleichterungen gewährt werden.<a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22"><sup>22</sup></a> Die Qualifikation als ordentliche Einnahme setzt daher sowohl die Erfüllung einer negativen Bedingung (keine Nichtberücksichtigung oder Steuererleichterung) als auch die Erfüllung einer positiven Bedingung (Besteuerung zum vollen Grenzsteuersatz) voraus. Gleichwohl darf <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> nicht derart eng verstanden werden, dass jegliche Form einer Minderbesteuerung bereits ein D/NI-Ergebnis herbeiführt, sondern nur insoweit als eine hybride Besteuerungsinkongruenz vorliegt.<sup><a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">23</a></sup></p>
<p>Ausgangslage für die Ermittlung des steuerbaren Einkommens im Rahmen der Sondersatzlösung ist der Reingewinn nach Steuern gemäss statutarischer Jahresrechnung inklusive allfälliger steuerlicher Korrekturen. Auf diese Weise werden grundsätzlich sämtliche Einnahmen für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt (so genannte «Full Inclusion»), so dass es zu keiner steuerlichen Vorzugsbehandlung oder gar Nichtberücksichtigung bestimmter Einkünfte kommt. Dabei ist es unbeachtlich, dass der hierdurch bestimmte steuerbare Reingewinn vor der Aufteilung in die Sondersatzbesteuerung und ordentliche Besteuerung allenfalls noch reduziert wird (bspw. mittels Verrechnung mit steuerlichen Verlustvorträgen oder Abzügen in der Patentbox und/oder F&E). Gemäss Abschlussbericht zu <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> gelten nämlich Zahlungen, die mit abzugsfähigen Ausgaben oder Verlustvorträgen verrechnet werden, immer noch als in den ordentlichen Einnahmen berücksichtigt.<sup><a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">24</a></sup> Eine hybride Besteuerungsinkongruenz liegt unter diesem Blickwinkel jedenfalls dann nicht vor, wenn es sich um «echte» (und nicht nur fiktive) Aufwendungen handelt.</p>
<p>In Bezug auf die positiv zu erfüllende Bedingung hinsichtlich einer Besteuerung zum vollen Grenzsteuersatz ist zu berücksichtigen, dass es sich beim anwendbaren Sondersatz um einen gesetzlich normierten Gewinnsteuersatz handelt, der ausschliesslich für einen bestimmten Teil der Einkünfte zur Anwendung gelangt. Die blosse Tatsache, dass gewisse Einkünfte zu einem niedrigeren Satz besteuert werden als andere Arten von Einkünften, führt (noch) nicht zu einer hybriden Besteuerungsinkongruenz.<sup><a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">25</a> </sup>Es bedarf hierfür noch zusätzlich des Vorliegens eines hybriden Instruments oder eines hybriden Rechtsträgers, um eine schädliche Gestaltung im Sinne der Anti-Hybrid-Regeln herbeizuführen. Das Sondersatzmodell selbst fusst nicht auf einer hybriden Gestaltung, sondern einzig auf dem Umstand, dass Einkünfte, welche auf einer Realisation der im Zeitpunkt des Statuswechsels bestehenden stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwertes beruhen, einer reduzierten Gewinnbesteuerung zugeführt werden. Mangels Vorliegens einer Hybridität hinsichtlich des zugrundeliegenden Instruments oder Rechtsträgers führen Zahlungen somit u. E. nicht zu einem D/NI-Ergebnis, selbst wenn sie beim schweizerischen Empfänger mit einem niedrigeren Sondersatz besteuert werden. Allein die niedrigere Besteuerung von Einkünften bei der Zahlungsempfängerin stellt keine hybride Besteuerungsinkongruenz dar und kann damit auch nicht in den Geltungsbereich von Anti-Hybrid-Regeln fallen.</p>
<h4>4.2.2 Fazit</h4>
<p>Nach dem Vorgesagten lässt sich festhalten, dass Zahlungen an eine Gesellschaft mit Sondersatzlösung grundsätzlich als ordentliche Einnahmen berücksichtigt werden sollten. Ein schädliches D/NI-Ergebnis liegt nicht vor, da die Einkünfte dem Grunde nach vollumfänglich der Gewinnbesteuerung unterliegen («Full Inclusion») und allein die niedrigere Sondersatzbesteuerung keine hybride Besteuerungsinkongruenz darstellt bzw. herbeiführt, zumal eine abweichende steuerliche Einordnung der Zahlung bzw. eine abweichende steuerliche Einordnung der beteiligten Rechtsträger keine Voraussetzung für die Anwendung des niedrigeren Sondersteuersatzes ist.</p>
<h4>4.2.3 Offene Fragen bei der deutschen Lizenzschranke</h4>
<p>Noch nicht abschliessend geklärt scheint das Verhältnis zwischen der Sondersatzlösung und der in Deutschland auf Anfang 2018 eingeführten «Lizenzschranke».<sup><a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">26</a> </sup>Grund dafür ist der weitreichende sachliche Anwendungsbereich der Lizenzschranke und die damit einhergehende Frage, inwiefern die Sondersatzlösung eine steuerliche Präferenzregelung im Sinne der deutschen Lizenzschranke darstellt, gemäss welcher aus Deutschland stammende Lizenzzahlungen in Abweichung von der Regelbesteuerung privilegiert besteuert werden.</p>
<p>Die bisherigen Verlautbarungen und Diskussionen in der Praxis lassen den Schluss zu, dass der Anwendungsbereich der Lizenzschranke über Patentboxen oder anderweitige spezifische IP-Regimes hinausgeht.<sup><a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">27</a></sup> Hintergrund hierfür ist die besondere Strukturierung des Gesetzestextes: Es wird kein Abzugsverbot gegenüber solchen Lizenzzahlungen ausgesprochen, die an Nexus-konforme Patentboxen gezahlt werden. Das Gesetz macht aber nicht den einfachen Umkehrschluss, dass entsprechend auch nur Lizenzzahlungen an nicht-Nexus-konforme Patentboxen vom Abzug ausgeschlossen würden. Vielmehr tritt eine Abzugsbegrenzung bei Lizenzzahlungen insoweit ein, als kumulativ keine qualifizierende Patentbox vorliegt und die Einnahmen beim Lizenzgeber abweichend von der Regelbesteuerung mit weniger als 25% besteuert werden. Die Präferenzbesteuerung muss in diesem Fall aber nicht auf einer Patentbox basieren.</p>
<p>Das <a href="https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Koerperschaftsteuer_Umwandlungsteuer/2020-02-19-Nicht-Nexus-konforme-Praeferenzregelungen-VZ-2018.html" target="_blank" rel="noopener">Anwendungsschreiben der Deutschen Finanzverwaltung vom 19. Februar 2020</a> hat diesbezüglich auch keine umfassende Klarheit geschaffen. Es bleibt mithin festzuhalten, dass u.E. grundsätzlich zwar gute Gründe dafür bestehen, dass es sich aus dogmatischer Sichtweise selbst beim Sondersteuersatz um eine im Gesetz verankerte Regelbesteuerung handelt und rein unter diesem Blickwinkel keine schädliche Präferenzregelung vorliegen sollte. Dennoch ist derzeit nicht völlig auszuschliessen, dass der deutsche Fiskus in einem konkreten Anwendungsfall die Sondersatzlösung unter Berücksichtigung des offensichtlich bewusst offen formulierten Begriffs als Präferenzregelung gemäss <a href="https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__4j.html" target="_blank" rel="noopener">§ 4j EStG</a> einstuft.</p>
<p>Eine mögliche Entschärfung der Problematik könnte darin bestehen, die aus Deutschland stammenden Lizenzeinkünfte separat der ordentlichen Besteuerung zu unterstellen und nur den Restgewinn nach Massgabe der einschlägigen Quote aufzuteilen oder gar auf die Sondersatzlösung gänzlich verzichten und stattdessen – sofern möglich – für die Aufdeckungslösung (altrechtlicher Step-up) zu optieren. Inwiefern eine freiwillig erfolgende höhere Steuerlast unter dem Blickwinkel der Regelbesteuerung in Deutschland anerkannt wird, wurde soweit ersichtlich noch nicht abschliessend beurteilt.<sup><a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">28</a></sup> Diesbezüglich gilt es aber zu beachten, dass die Anwendung der schweizerischen Übergangsregelungen im Ermessen des Steuerpflichtigen liegt und insbesondere nicht von Amtes wegen, sondern nur auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgt.</p>
<h3>4.3 Altrechtlicher Step-up</h3>
<h4>4.3.1 Berücksichtigung der Zahlung als ordentliche Einnahme</h4>
<p>Die im Rahmen der Sondersatzlösung gemachten Ausführungen gelten grösstenteils auch für den altrechtlichen Step-up.</p>
<p>Ausgangslage für die Ermittlung des steuerbaren Einkommens bei Anwendung des altrechtlichen Step-up ist wiederum der Reingewinn nach Steuern gemäss statutarischer Jahresrechnung inklusive allfälliger steuerlicher Korrekturen. Im Gegensatz zur Sondersatzlösung ist jedoch offen, ob beim altrechtlichen Step-up aufgrund der jährlich erfolgenden dynamischen oder linearen Abschreibung der aufgedeckten stillen Reserven (einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts) letztlich auch tatsächlich sämtliche Einnahmen für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage als berücksichtigt gelten.</p>
<p>Für eine «Full Inclusion» spricht, dass es im Rahmen des altrechtlichen Step-up zu keiner steuerlichen Vorzugsbehandlung oder gar Nichtberücksichtigung bestimmter Einkünfte kommt. Zudem gilt unter Bezugnahme auf den Abschlussbericht zu Aktionspunkt 2 eine Zahlung auch dann als in den Einnahmen berücksichtigt, wenn diese mit abzugsfähigen Ausgaben verrechnet wird.<sup><a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">29</a></sup> Auch wenn nicht abschliessend feststeht, ob die jährlichen Abschreibungen mit Bezug auf die STAF letztlich auch tatsächlich als abzugsfähige Ausgaben im Sinne des Abschlussberichts qualifizieren, ist dies zumindest ein Hinweis darauf, dass Verlustverrechnungen, andere Abzüge oder eben Abschreibungen nicht per se schädlich sind.</p>
<p>Unterstützend kann in diesem Zusammenhang auch die Besteuerung der Einkünfte auf Bundesebene sein, da auf Stufe Bund in der Regel eine «Full Inclusion» des Einkommens ohne eine vergleichbare Kürzung der Bemessungsgrundlage mittels Abschreibung von aufgedeckten stillen Reserven erfolgt. Unter diesen Umständen wäre zumindest eine «Full Non-inclusion» ausgeschlossen.</p>
<p>Massgebend ist vorliegend aber insbesondere, ob die Einnahmenkürzung überhaupt auf einer hybriden Gestaltung beruht und, falls ja, inwiefern zwischen den Abschreibungen der aufgedeckten stillen Reserven (einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts) und der Zahlung überhaupt ein ausreichender Kausalzusammenhang (Nexus) besteht. Das Erfordernis eines hinreichenden Nexus lässt sich implizit aus dem <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Abschlussbericht zum Aktionspunkt 2</a> herauslesen. Demnach behandelt der Abschlussbericht «nur Inkongruenzen […], die auf einem hybriden Element zur Erzielung solcher Ergebnisse basieren»<a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30"><sup>30</sup></a>. Eine ähnliche Bestimmung findet sich überdies auch in der <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32016L1164&from=EN" target="_blank" rel="noopener">ATAD-Richtlinie</a>, wonach die «Inkongruenz auf Unterschiede bei der Zuordnung von Zahlungen»<sup><a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31">31</a></sup> zurückzuführen sei.</p>
<p>Vorliegend mangelt es bei der Aufdeckungslösung gleichermassen wie bei der Sondersatzlösung jedenfalls an einer hybriden Besteuerungsinkongruenz, da die blosse Aufdeckung und anschliessende Abschreibung von stillen Reserven weder auf einem hybriden Instrument beruht noch auf einen hybriden Rechtsträger zurückzuführen ist. Entsprechend sollte auch bei Anwendung des altrechtlichen Step-up keine schädliche Inkongruenz im Sinne des Geltungsbereichs der Anti-Hybrid-Regeln vorliegen.</p>
<h4>4.3.2 Fazit</h4>
<p>Wie vorstehend ausgeführt, gibt es verschiedene gute Argumente, wonach es bei der Anwendung des altrechtlichen Step-up zu keiner hybriden Konstellation kommt (auch hinsichtlich der positiv zu erfüllenden Bedingung der Besteuerung der Zahlungen zum vollen Grenzsteuersatz). Die individuelle Umsetzung von <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> ist indessen sehr vielfältig und unterschiedlich, weshalb es ratsam ist, die Frage nach dem Vorliegen einer schädlichen Besteuerungsinkongruenz im Einzelfall und unter Berücksichtigung der lokalen Umsetzungen der Vorschriften im Quellenstaat zu beurteilen.</p>
<h3>4.4 Immigrations-Step-up bei Prinzipalgesellschaften</h3>
<h4>4.4.1 Berücksichtigung der Zahlung als ordentliche Einnahme</h4>
<p>Die bei Ende der Prinzipalbesteuerung bestehenden stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts können im Rahmen der Auflösung der ausländischen Betriebsstätten und der damit einhergehenden Rückübertragung auf das Schweizer Stammhaus im Umfang der bisherigen Freistellungsquote gewinnsteuerneutral in der Steuerbilanz aufgedeckt werden.<sup><a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32">32</a> </sup>Die steuerwirksame Abschreibung der aufgedeckten stillen Reserven (einschliesslich Goodwill) führt in der Folge zu einer steuerlichen Entlastung während der Abschreibungsdauer. Der überwiegende Teil der Einkünfte einer schweizerischen Prinzipalgesellschaft dürfte indessen der vollen Gewinnbesteuerung unterliegen, da der Umfang des Step-ups und in der Folge der proportionale Abschreibungsbetrag infolge der 2015 eingeführten Praxisverschärfung erheblich begrenzt worden ist.</p>
<p>Im Gegensatz zum altrechtlichen Step-up dürfte der Immigrations-Step-up bei Beendigung der Prinzipalbesteuerung gemäss <a href="https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/direkte-bundessteuer/direkte-bundessteuer/fachinformationen/kreisschreiben.html" target="_blank" rel="noopener">KS 8</a> ein gewisses Potential für kontroverse Diskussionen haben. Zunächst gilt es positiv festzuhalten, dass die im Ausland teils etwas kontrovers beurteilte Besteuerungspraxis gemäss <a href="https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/direkte-bundessteuer/direkte-bundessteuer/fachinformationen/kreisschreiben.html" target="_blank" rel="noopener">KS 8</a> seitens der Eidgenössischen Steuerverwaltung mit Wirkung per 31. Dezember 2019 definitiv aufgehoben worden ist. Damit sind Schweizer Prinzipalgesellschaften steuertechnisch spätestens seit dem 1. Januar 2020 von der schädlichen Fessel einer mutmasslich hybriden Gestaltung befreit.</p>
<p>Die Frage bleibt, inwiefern ein Step-up auf der Grundlage einer Immigrationsfiktion allenfalls zu einer schädlichen Inkongruenz im Sinne der Anti-Hybrid-Regeln führen könnte, also sozusagen die transformierte temporäre Fortsetzung der hybriden Gestaltung (inexistente Betriebsstätte) in die Gegenwart darstellt. Die spezifische Beurteilung ist komplex und hängt wesentlich von der individuellen Implementierung und Anwendung der neuen Regelungen im jeweiligen Quellenstaat ab. So fallen Abschreibungen von Vermögenswerten beispielsweise nicht in den Geltungsbereich der Anti-Hybrid-Regeln von Grossbritannien, welches bekanntlich als eines der ersten Länder bereits Anfang 2017 ein umfassendes Regelwerk zur Bekämpfung von hybriden Gestaltungen einführte.</p>
<p>Im Gegensatz dazu steht der Referentenentwurf des deutschen Bundesministeriums der Finanzen zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (<a href="https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/ATADUmsG/0-Gesetz.html" target="_blank" rel="noopener">deutsches ATAD-Umsetzungsgesetz</a>).<a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33"><sup>33</sup></a> Dieser sieht für die Anti-Hybrid-Regel einen erweiterten Anwendungsbereich vor, indem diese auch Abschreibungen von Vermögenswerten erfassen soll, sofern die aktivierten Vermögenswerte ihrerseits auf einer hybriden Gestaltung (hybrides Instrument oder hybrider Rechtsträger) beruhen. Die Regelung dürfte in erster Linie auf sogenannte «IP Onshoring»-Transaktionen abzielen, bei welchen Immaterialgüterrechte innerhalb des Konzerns von einem typischerweise substanzschwachen und in einer Steueroase ansässigen umgekehrt hybriden Rechtsträger («Reverse Hybrid») zu Verkehrswerten übertragen werden. Der Erwerber der Immaterialgüterrechte verbucht diese zum Verkehrswert und nimmt in der Folge steuerlich wirksame Abschreibungen vor, welche er mit künftigen Lizenzeinkünften verrechnet. Da derartige Strukturbereinigungen fiskalpolitisch allgemein zu begrüssen sind, will der deutsche <a href="https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/ATADUmsG/1-Referentenentwurf_2.pdf?__blob=publicationFile&v=2" target="_blank" rel="noopener">Referentenentwurf (2. Fassung)</a> grundsätzlich nur diejenigen Transaktionen erfassen, welche ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes umgesetzt werden, und jene Transaktionen von der Regelung ausnehmen, welche bereits vor Inkrafttreten vollzogen worden sind. Bestimmte Gegenausnahmen sind allerdings für sogenannte Dauerschuldverhältnisse vorgesehen, die ohne wesentliche Nachteile hätten gekündigt werden können. Nach dem letzten <a href="https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/ATADUmsG/1-Referentenentwurf_2.pdf?__blob=publicationFile&v=2" target="_blank" rel="noopener">Referentenentwurf (2. Fassung)</a> betrifft dies grundsätzlich hybriden Aufwand ab dem und einschliesslich des 1. Januar 2020, was für Schweizer Prinzipalgesellschaften insofern relevant sein könnte, wenn man beim Immigrations-Step-up die Perpetuierung einer schädlichen hybriden Struktur erkennen möchte. Tatsächlich hat der deutsche Gesetzgeber aber nicht (mehr) die Kraft gefunden, den Referentenentwurf noch vor Jahresende 2020 in ein förmliches Gesetzgebungsverfahren zu überführen. Es wird damit eher unwahrscheinlich, dass Deutschland die Anti-Hybrid-Regeln noch mit einer Rückwirkung für das Jahr 2020 einführen wird. Es ist allerdings dennoch nicht auszuschliessen, dass die neuen deutschen Besteuerungsregeln – selbst wenn sie erstmalig für das Jahr 2021 zur Anwendung gelangen – bezüglich der Frage, ob schädlicher Aufwand vorliegt, womöglich trotzdem zum Stichtag 1. Januar 2020 zu prüfen wären.</p>
<p>Auch wenn man gewisse Parallelen zur steuersystematischen Aufdeckung von stillen Reserven bei Beendigung der Prinzipalbesteuerung erkennen will, so sind die folgenden Fragekriterien bei der Beurteilung, ob eine schädliche hybride Besteuerungskongruenz vorliegt oder nicht, zu prüfen:</p>
<ul>
<li>Sind steuerwirksame Abschreibungen von Vermögenswerten (bzw. aufgedeckten stillen Reserven) vom Geltungsbereich der im Quellenstaat anwendbaren Anti-Hybrid-Regel erfasst?</li>
<li>Ist für die steuerliche Beurteilung der Vollzugszeitpunkt der Onshoring-Transaktion massgebend? Die Bundespraxis der Prinzipalbesteuerung wurde per 31. Dezember 2019 aufgehoben und die Rechtsgrundlage für die Aufdeckung der stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwertes auf Vermögenswerten, welche in die Schweiz überführt werden, wurde mit Inkrafttreten der STAF per 1. Januar 2020 geschaffen.</li>
<li>Besteht ein hinreichender Nexus zwischen der Zahlung aus dem Quellenstaat und der von der Empfängerin steuerwirksam vorgenommenen Abschreibung in der Schweiz? Besteht eine direkte Abhängigkeit zwischen der Vornahme der Abschreibung und der Zahlung aus dem Quellenstaat? Eine solche Abhängigkeit liegt beim schweizerischen Step-up klarerweise nicht vor; die Abschreibung hat von Gesetzes wegen und unabhängig von den vereinnahmten Erträgen zu erfolgen.</li>
<li>Erfolgt eine volle (d.h. ungekürzte) Besteuerung der Zahlung aus dem Quellenstaat für Zwecke der Kantons- und Gemeindesteuern? In dieser Hinsicht könnte das Ergebnis bei Anwendung der Sondersatzlösung im Kanton – im Gegensatz zur Aufdeckungslösung – unter Umständen begünstigt werden.</li>
</ul>
<h4>4.4.2 Fazit</h4>
<p>Es zeigt sich, dass die Fragestellung, ob es bei einem Step-up gestützt auf die Immigrationsfiktion zu einer schädlichen Inkongruenz im Sinne der Anti-Hybrid-Regeln kommen kann, vielschichtig ist und sich nicht in allgemein gültiger Weise beantworten lässt. Eine verlässliche Antwort darauf lässt sich nur dann ergründen, wenn alle massgebenden Aspekte (insbesondere die oben dargelegten Fragestellungen) sachgerecht in die Beurteilung einbezogen und entsprechend gewürdigt werden.</p>
<h2>5. Schlussfolgerung</h2>
<p>Die Schweiz hat mit der STAF ihre Steuergesetzgebung den internationalen Entwicklungen angepasst. Insbesondere die hierbei erlassenen Übergangsbestimmungen für bisher privilegiert besteuerte Gesellschaften erlauben einen schonenden Übertritt von der privilegierten in die ordentliche Besteuerung. Die Übergangsbestimmungen sind letztlich aber nur so viel Wert, als dass sie mit den internationalen Regelungen – jeweils in Bezug auf den konkreten Einzelfall – im Einklang stehen.</p>
<p>In Anbetracht der obigen Ausführungen gibt es gute Argumente dafür, dass die Sondersatzlösung, der altrechtliche Step-up sowie der Immigrations-Step-up für Prinzipalgesellschaften zu keinen hybriden Gestaltungen im Sinne von <a href="https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralisierung-der-effekte-hybrider-gestaltungen-aktionspunkt-2-abschlussbericht-2015_9789264263185-de#page1" target="_blank" rel="noopener">Aktionspunkt 2</a> des OECD BEPS-Projektes führen sollten. Das Ermessen der Länder bei der Umsetzung der entsprechenden Bestimmungen lässt diesbezüglich aber keine allgemein gültige Aussage zu. Die jeweiligen Gestaltungen sind daher stets im Einzelfall und aufgrund der lokalen Gesetzgebung im Quellenstaat auf deren Konformität mit den einschlägigen Anti-Hybrid-Bestimmungen zu überprüfen. Daneben sind auch stets weitere Abzugsbeschränkungen im Ausland im Auge zu behalten, wie zum Beispiel die deutsche Lizenzschranke, die nicht (primär) von dem Vorliegen eines hybriden Elements abhängt.</p></article>
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