<article class="rz"><h2>1. Teilrevision MWSTG</h2>
<h3>1.1 Elektronische Plattformen</h3>
<p>Die 2019 eingeführte Versandhandelsregelung hatte nur mässigen Erfolg. Versandhändler, welche pro Jahr mindestens CHF 100'000 Umsatz aus einfuhrsteuerbefreiten Kleinsendungen (Einfuhrsteuerbetrag bis CHF 5) erzielen, die sie vom Ausland ins Inland befördern oder versenden, wurden neu mehrwertsteuerpflichtig und mussten sich im MWST-Register eintragen lassen.<sup><a title="" href="#_ftn1" name="_ftnref1">01</a></sup> Momentan finden sich erst ca. 400 mehrwertsteuerlich registrierte, ausländische Versandhändler auf der publizierten Liste der ESTV. Diese kommen mehrheitlich aus dem europäischen Raum. Insbesondere asiatische und amerikanische Versandhändler findet man nur vereinzelt auf der Liste. Um die Steuererhebung bei ausländischen Versandhändlern durchzusetzen, wird mit dem teilrevidierten Mehrwertsteuergesetz (revMWSTG), Änderung vom 16. Juni 2023, eine Plattformbesteuerung für Onlineshops eingeführt.</p>
<h4>1.1.1 Definition</h4>
<p>Als elektronische Plattform gilt eine elektronische Schnittstelle, die online direkte Kontakte zwischen mehreren Personen mit dem Ziel ermöglicht, eine Lieferung oder eine Dienstleistung zu erbringen.<sup><a title="" href="#_ftn2" name="_ftnref2">02</a></sup> Die Definition ist weitgefasst, um der Vielfalt an Technologien, Geschäftsmodellen und deren Entwicklung gerecht zu werden. Erfasst werden beispielsweise Marketplaces, Apps oder Portale.</p>
<h4>1.1.2 Plattformbesteuerung</h4>
<p>Die neue Plattformbesteuerung betrifft nur die physische Lieferung von Waren durch inländische sowie ausländische Versandhandelsplattformen. Vermietungen und Dienstleistungen sind von den neuen Regelungen zur Plattformbesteuerung ausgeschlossen.<sup><a title="" href="#_ftn3" name="_ftnref3">03</a></sup> Das Herzstück der neuen Plattformbesteuerung findet sich in Art. 20a revMWSTG. Dieser sieht abweichend von den üblichen Zuordnungsregelungen die Einbindung der Versandhandelsplattform in die Lieferkette zwischen Verkäufer und Käufer vor. Sofern mit Hilfe einer elektronischen Plattform die Lieferung eines Gegenstands ermöglicht wird, gilt der Betreiber der elektronischen Plattform per Gesetzesfiktion als Leistungserbringer gegenüber dem Käufer. In dem Fall liegt für Mehrwertsteuerzwecke dann eine erste Lieferung vom Verkäufer an die Versandhandelsplattform sowie eine zweite Lieferung von der Versandhandelsplattform an den Käufer vor. Als Entgelt der Lieferung der Versandhandelsplattform als Leistungserbringer an den Käufer gilt der Wert, den er dem Käufer des Gegenstandes mitgeteilt hat.<sup><a title="" href="#_ftn4" name="_ftnref4">04</a></sup></p>
<p>Das revMWSTG enthält eine Negativliste. Diese deklariert, wer nicht als Leistungserbringer im Sinn von Art. 20a Abs. 1 revMWSTG gilt, so dass für diese elektronischen Plattformen die neuen Regelungen zur Versandhandelsplattform nicht gelten.<sup><a title="" href="#_ftn5" name="_ftnref5">05</a></sup> Dies betrifft elektronische Plattformen, die</p>
<ul>
<li>weder unmittelbar noch mittelbar am Bestellvorgang beteiligt sind;</li>
<li>keinen Umsatz erzielen, der unmittelbar mit dem Geschäft zusammenhängt;</li>
<li>lediglich die Zahlungsabwicklung im Zusammenhang mit der Lieferung vornehmen;</li>
<li>lediglich Platz für Anzeigen zur Verfügung stellen;</li>
<li>lediglich Werbeleistungen erbringen und/oder</li>
<li>den Käufer lediglich auf andere elektronische Plattformen um- oder weiterleiten.</li>
</ul>
<p>Diese Art von Leistungserbringern hat man von den neuen Regelungen zur Versandhandelsplattform ausgeschlossen, da diese die korrekte Besteuerung des Verkaufsgeschäfts nicht oder nur mit unvertretbar grossem Aufwand durchführen könnten oder sie mangels eigenen Umsatzes die Steuer weder auf den Verkäufer noch den Käufer überwälzen könnten.</p>
<p>Durch die Bündelung der Lieferungen der einzelnen Verkäufer in der Versandhandelsplattform wird es für die Eidgenössische Steuerverwaltung («ESTV») einfacher, die Steuerpflicht zu prüfen. Man geht davon aus, dass die Versandhandelsplattformen in der Regel die Voraussetzungen an die Steuerpflicht erfüllen werden.</p>
<p>Für Versandhandelsplattformen gelten die allgemein gültigen Voraussetzungen für die Steuerpflicht. Entsprechend werden ausländische Versandhandelsplattformen steuerpflichtig, wenn sie mit Kleinsendungen, die von der Einfuhrsteuer befreit sind, im Kalenderjahr einen Umsatz von mindestens CHF 100'000 erzielen. In das revMWSTG wurde eine Übergangsbestimmung aufgenommen, mit der erreicht werden soll, dass Plattformen, über die in grossem Umfang Waren in die Schweiz geliefert werden, bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes steuerpflichtig werden.<sup><a title="" href="#_ftn6" name="_ftnref6">06</a></sup></p>
<p>Sofern die Versandhandelsplattform für MWST-Zwecke registriert ist, ist die Lieferung des Verkäufers an diese von der Mehrwertsteuer befreit.<sup><a title="" href="#_ftn7" name="_ftnref7">07</a></sup> Diese Steuerbefreiung betrifft inländische Lieferungen und stellt insbesondere für inländische Verkäufer einen neuen Geschäftsfall dar, der in dessen System entsprechend abzubilden ist.</p>
<p>Bei Lieferungen aus dem Ausland wird die Versandhandelsplattform Importeurin der Waren in die Schweiz bzw. Liechtenstein. Sie hat die Möglichkeit der Anwendung des Verlagerungsverfahrens, sofern gegen sie keine administrative Massnahme angeordnet worden ist.<sup><a title="" href="#_ftn8" name="_ftnref8">08</a></sup></p>
<p>Die korrekte Umsetzung der Plattformbesteuerung stellt Versandhandelsplattformen vor grosse Herausforderungen. So muss sie sicherstellen, dass sie vom Verkäufer alle produktspezifischen Informationen und Angaben zum Lieferweg erhält, um einen allfälligen Import der Waren ordnungsgemäss deklarieren sowie die Besteuerung des Veräusserungsgeschäfts gegenüber dem Käufer korrekt vornehmen zu können. Entsprechend sind Verträge und Systeme der Versandhandelsplattform rechtzeitig anzupassen.</p>
<p>Im Entwurf der teilrevidierten Mehrwertsteuerverordnung (E-MWSTV), deren Vernehmlassungsfrist bis zum 8. Februar 2024 läuft, ist vorgesehen, dass eine Verkäuferin, die entweder selbst bereits als Versandhandelsunternehmen steuerpflichtig ist oder über eine Unterstellungserklärung Ausland verfügt, als einfuhrsteuerpflichtige Person gelten kann, selbst wenn die von ihr involvierte Plattform steuerpflichtig ist.<sup><a title="" href="#_ftn9" name="_ftnref9">09</a></sup> Dies hätte dann zur Folge, dass die Verkäuferin keine Lieferung im Ausland an die Plattform vornimmt, sondern eine von der MWST befreite Inlandslieferung.</p>
<h4>1.1.3 Durchsetzung der Besteuerung</h4>
<p>Der Gesetzgeber hat erkannt, dass der ESTV neue Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, um die korrekte Versteuerung von Leistungen sicherzustellen, die mit Hilfe von elektronischen Plattformen zustande gekommen sind. </p>
<h5>1.1.3.1 Auskunftspflicht</h5>
<p>Hierzu sieht das revMWSTG eine Auskunftspflicht von Betreibern elektronischer Plattformen vor, auf denen Leistungserbringer und -empfänger zusammengebracht werden.<sup><a title="" href="#_ftn10" name="_ftnref10">10</a></sup></p>
<p>Die Auskunftspflicht betrifft nicht nur elektronische Plattformen, über die Waren veräussert werden, und somit von der Plattformbesteuerung betroffen sind. Auch elektronische Plattformen, auf denen Dienstleistungen und Vermietungen «vermittelt» werden, sind zukünftig auskunftspflichtig. Der ESTV wird hierdurch die Möglichkeit gegeben, insbesondere auch die Steuerpflicht von Personentransportdienstleistern und Vermietern von Ferienunterkünften zu prüfen, die ihre Leistungen über solche Plattformen vertreiben. </p>
<h5>1.1.3.2 Administrative Massnahmen</h5>
<p>Gegenüber Versandhändlern, die einen Umsatz von mindestens CHF 100'000 im Jahr aus einfuhrsteuerbefreiten Kleinsendungen erzielen, kann die ESTV zudem sogenannte administrative Massnahmen anordnen.<sup><a title="" href="#_ftn11" name="_ftnref11">11</a></sup></p>
<p>Sofern sich eine Versandhändlerin bzw. eine Versandhandelsplattform nicht in das Register der steuerpflichtigen Personen eintragen lässt oder ihrer Deklarations- und Zahlungspflichten nicht oder nur teilweise nachkommt, kann die ESTV ein Einfuhrverbot von einfuhrsteuerbefreiten Kleinsendungen verfügen. Kommt die Versandhändlerin trotz Einfuhrverbot ihrer Pflichten weiterhin nicht nach, kann die ESTV sogar die entschädigungslose Vernichtung der Gegenstände verfügen. Vor Verfügung administrativer Massnahmen ist die steuerpflichtige Person durch die ESTV anzuhören. Zudem hat die ESTV zuerst das mildere Mittel des Einfuhrverbots zu verfügen. Die Käufer sind mangels Praktikabilität vorgängig nicht anzuhören, obwohl die administrativen Massnahmen einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht darstellen. Damit diese sich jedoch vor Eingriffen in ihr Eigentumsrecht schützen können, wird die ESTV die Namen der Versandhändler bzw. Versandhandelsplattformen veröffentlichen, gegen die mit rechtskräftiger Verfügung administrative Massnahmen verhängt worden sind. Den Konsumenten wird so vor einem Kauf der Ware die Möglichkeit gegeben zu prüfen, ob sie bei einer Versandhändlerin bzw. einer Versandhandelsplattform bestellen, die sich gesetzeskonform verhält.</p>
<h3>1.2 Internationalisierung</h3>
<p>Bei den Ortsbestimmungsregelungen von Dienstleistungen kommt es zu zwei Anpassungen, um dem Gehalt der Dienstleistung und dem Ort ihrer Verwendung besser gerecht zu werden.</p>
<h4>1.2.1 Organisationsdienstleistungen</h4>
<p>Die Dienstleistungen von Organisatoren werden unter dem derzeit noch gültigen Gesetz dort besteuert, wo der Organisator den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.<sup><a title="" href="#_ftn12" name="_ftnref12">12</a></sup> Mit Inkrafttreten des revMWSTG unterliegen Organisationsdienstleistungen neu dem Empfängerortsprinzip.<sup><a title="" href="#_ftn13" name="_ftnref13">13</a></sup></p>
<h4>1.2.2 Streamingleistungen</h4>
<p>Auch der zunehmenden Digitalisierung von Dienstleistungen im Bereich der Kultur, der Künste, des Sports, des Unterrichts, der Wissenschaft und der Unterhaltung trägt das revMWSTG Rechnung.</p>
<p>Das Tätigkeitsprinzip zur Ortsbestimmung wird nur noch dann zur Anwendung kommen, wenn die Dienstleistungen unmittelbar gegenüber vor Ort physisch anwesenden Personen erbracht werden.<sup><a title="" href="#_ftn14" name="_ftnref14">14</a></sup> Werden diese online erbracht, z.B. Fernkurse bildender Art, findet neu ebenfalls das Empfängerortsprinzip Anwendung.<sup><a title="" href="#_ftn15" name="_ftnref15">15</a></sup></p>
<h3>1.3 Steuerreduktionen</h3>
<h4>1.3.1 Mehrwertsteuerausnahmen</h4>
<p>Das revMWSTG enthält zudem Ausweitungen bestehender Steuerausnahmen sowie neue Steuerausnahmen.</p>
<h5>1.3.1.1 Gesundheits- und Sozialwesen</h5>
<p>Im Bereich des Gesundheitswesens wird neu auch die Zurverfügungstellung von Infrastruktur an Belegärzte durch Ambulatorien und Tageskliniken für die ärztliche Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin von der Steuerausnahme umfasst.<sup><a title="" href="#_ftn16" name="_ftnref16">16</a></sup> Ebenso von der Steuer ausgenommen wird inskünftig die koordinierte Versorgung im Zusammenhang mit Heilbehandlungen (sog. «Managed Care Services»).<sup><a title="" href="#_ftn17" name="_ftnref17">17</a></sup> Die Steuerausnahme für Leistungen von Organisationen der Krankenpflege und der Hilfe zu Hause (Spitex) wird erweitert und ist gem. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 8 revMWSTG nicht mehr auf gemeinnützige Spitex Organisationen beschränkt. Auch beim Zurverfügungstellen von Personal durch nichtgewinnstrebige Einrichtungen für Zwecke der Krankenbehandlung etc. ist die Steuerausnahme nicht mehr auf Einrichtungen religiöser oder weltanschaulicher Art beschränkt.<sup><a title="" href="#_ftn18" name="_ftnref18">18</a></sup></p>
<h5>1.3.1.2 Kultur</h5>
<p>Eine Gleichbehandlung mit dem Sport erfahren Entgelte für die Zulassung zur aktiven Teilnahme an kulturellen Anlässen (z.B. Einschreibegebühren) samt den darin eingeschlossenen Nebenleistungen wie Medaillen, T-Shirts, Verpflegung sowie dem in Verbindung mit der kulturellen Veranstaltung stehende Personentransport. Auch diese sind neu von der Steuer ausgenommen.<sup><a title="" href="#_ftn19" name="_ftnref19">19</a></sup></p>
<h5>1.3.1.3 Bildung und Erziehung</h5>
<p>Eine Anpassung hat es in der Formulierung der Steuerausnahme für Leistungen im Bereich der Bildung und Erziehung gegeben. Der Begriff der «Fortbildung» ist in Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 lit. a revMWSTG durch den Begriff der «Weiterbildung» ersetzt worden. Welche materiellen Änderungen sich hierdurch ergeben, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Auch in der E-MWSTV sind diesbezüglich keine Ausführungsbestimmungen enthalten, so dass die überarbeitete Verwaltungspraxis der ESTV abzuwarten ist.</p>
<h5>1.3.1.4 Anlagegruppen von Anlagestiftungen</h5>
<p>Neu in die Liste der Steuerausnahmen wurde das Anbieten und die Verwaltung von Anlagegruppen von Anlagestiftungen gemäss Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) aufgenommen.<sup><a title="" href="#_ftn20" name="_ftnref20">20</a></sup> Hier kam der Gesetzgeber einem seit langem bestehendem Anliegen von Anlagestiftungen und unterschiedlichen Interessenverbänden nach.</p>
<h5>1.3.1.5 Reisebüros</h5>
<p>Ursprünglich hatte der Gesetzgeber vorgesehen, ausländischen Reisebüros und Tour Operator, die Reiseleistungen im Inland anbieten, von der Steuer zu befreien. Dies hätte inländische Anbieter benachteiligt, die ihre Leistungen weiterhin zu versteuern gehabt hätten. Neu sind durch Reisebüros weiterverkaufte Reiseleistungen und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen der Reisebüros an dem Ort zu versteuern, an dem die das Reisebüro betreibende Person den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit hat.<sup><a title="" href="#_ftn21" name="_ftnref21">21</a></sup> Die durch das Reisebüro weiterverkauften Reiseleistungen und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen der Reisebüros werden zudem von der Steuer ausgenommen.<sup><a title="" href="#_ftn22" name="_ftnref22">22</a></sup> Sofern diese Leistungen im Ausland bewirkt oder genutzt werden, kann ein steuerpflichtiges Reisebüro den Vorsteuerabzug vornehmen.<sup><a title="" href="#_ftn23" name="_ftnref23">23</a></sup></p>
<h5>1.3.1.6 Gemeinwesen</h5>
<p>Leistungen zwischen Anstalten oder Stiftungen und den an der Gründung beteiligten Gemeinwesen und deren Organisationseinheiten sind momentan nur dann von der Steuer ausgenommen, wenn die Anstalten oder Stiftungen ausschliesslich von Gemeinwesen gegründet wurden. Neu wird nicht mehr der Umstand ausschlaggebend sein, dass bei der Gründung ausschliesslich Gemeinwesen beteiligt gewesen sind. Vielmehr müssen die Gründer oder Träger, also die aktuellen Beteiligten, ausschliesslich Gemeinwesen sein, damit die Steuerausnahme Anwendung finden kann.<sup><a title="" href="#_ftn24" name="_ftnref24">24</a></sup></p>
<p>Zudem sind Steuerpflichtige regelmässig vor die schwierige Abgrenzung gestellt, ob es sich bei Mitteln der öffentlichen Hand um ein Leistungsentgelt oder aber um eine Subvention handelt, die eine Vorsteuerkürzung zur Folge hat. Um den Steuerpflichtigen im Bereich der Subventionen und anderer öffentlichen Beiträge Rechtssicherheit zu geben, sieht das Gesetz neu eine Fiktion für Mehrwertsteuerzwecke vor.<sup><a title="" href="#_ftn25" name="_ftnref25">25</a></sup> Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber der Empfängerin ausdrücklich als Subvention oder als anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als Subvention oder als anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag im Sinne der Mehrwertsteuer. Die E-MWSTV sieht hierzu vor, dass ein Gemeinwesen Mittel gegenüber der Empfängerin bis zum Ablauf der Finalisierungsfrist<sup><a title="" href="#_ftn26" name="_ftnref26">26</a></sup> jener Steuerperiode, in der die Auszahlung erfolgte, als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag bezeichnen kann.<sup><a title="" href="#_ftn27" name="_ftnref27">27</a></sup></p>
<p>Dies gilt nicht für den umgekehrten Fall, in dem ein Gemeinwesen Mittel als Leistungsentgelt bezeichnet. In diesem Fall gelten die allgemeinen Nachweis- und Beweisführungspflichten.</p>
<h4>1.3.2 Steuersätze</h4>
<p>Auf Produkte für die Monatshygiene findet neu der reduzierte Mehrwertsteuersatz Anwendung.<sup><a title="" href="#_ftn28" name="_ftnref28">28</a></sup></p>
<h3>1.4 Betrugsbekämpfung</h3>
<p>Das revMWSTG sieht zwei wesentliche Massnahmen zur Betrugsbekämpfung vor.</p>
<h4>1.4.1 Handel mit Emissionsrechten</h4>
<p>Durch internationalen Karussellbetrug beim Handel mit Emissionsrechten und ähnlichen Rechten wurden insbesondere in der EU jährlich finanzielle Schäden von mehreren Milliarden Euro verursacht. Zur Betrugsverhinderung hat die EU bereits im Frühjahr 2010 die Mitgliedsstaaten ermächtigt, die subjektive Steuerpflicht auf den Leistungsempfänger zu übertragen (Reverse Charge).</p>
<p>Bis zum Urteil des Bundesgerichts vom 9. April 2019<sup><a title="" href="#_ftn29" name="_ftnref29">29</a></sup> stufte die ESTV die Übertragung derartiger Emissionsrechte oder -zertifikate als von der Steuer ausgenommenen Handel mit Wertrechten ein. Seit diesem Bundesgerichtsurteil werden solche Übertragungen nun jedoch als steuerbare Dienstleistungen qualifiziert, die nach dem Empfängerortsprinzip zu versteuern sind.</p>
<p>In Anlehnung an die europäischen Rahmenbedingungen wird durch die Einführung der Bezugsteuer auf alle Übertragungen derartiger Rechte, Zertifikate und dergleichen<sup><a title="" href="#_ftn30" name="_ftnref30">30</a></sup> sichergestellt, dass die Steuerschuld und der Vorsteuerabzug stets beim gleichen Steuersubjekt anfallen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der oder die Übertragende Sitz im Ausland oder im Inland hat. Durch die Bezugsteuerpflicht auch bei inländischen Transaktionen kann keine Vorsteuer mehr zurückgefordert werden, die nicht auch als Umsatzsteuer entrichtet wurde.</p>
<h4>1.4.2 Serienkonkurse</h4>
<p>Zur Bekämpfung des organisierten Betrugs mit Serienkonkursen wird die ESTV in Art. 93 Abs. 1bis revMWSTG ermächtigt, von einem Mitglied des geschäftsführenden Organs einer juristischen Person unter gewissen Voraussetzungen eine Sicherheit für Steuern, Zinsen und Kosten, die von dieser juristischen Person geschuldet sind oder voraussichtlich geschuldet werden, zu verlangen. Voraussetzung hierfür ist, dass das betreffende Mitglied dem geschäftsführenden Organ von mindestens zwei weiteren juristischen Personen angehörte, über die innerhalb einer kurzen Zeitspanne der Konkurs eröffnet worden ist und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich das betreffende Mitglied im Zusammenhang mit diesen Konkursen strafbar verhalten hat.</p>
<h3>1.5 Vereinfachungen</h3>
<h4>1.5.1 Jährliche Abrechnung</h4>
<p>Für KMUs bedeutet die quartalsweise Abrechnung der Mehrwertsteuer einen hohen administrativen Aufwand. Um diese, aber auch die ESTV, zu entlasten, können KMUs mit einem jährlichen Umsatz aus steuerbaren Leistungen von nicht mehr als CHF 5'005'000 unabhängig von der gewählten Abrechnungsmethode auf Antrag die Mehrwertsteuer jährlich abrechnen.<sup><a title="" href="#_ftn31" name="_ftnref31">31</a></sup> Unterjährig sind entsprechend der bisherigen Abrechnungsperioden, d.h. bei effektiver Abrechnungsmethode sowie der Abrechnung nach Pauschalsteuersätzen quartalsweise und bei der Abrechnung nach Saldosteuersätzen halbjährlich, Ratenzahlungen zu leisten. Die Raten werden durch die ESTV entsprechend der Steuerforderung der letzten Steuerperiode festgesetzt, können auf Antrag der steuerpflichtigen Person jedoch angepasst werden. Die unterjährig bezahlten Raten werden dann an die Steuerforderung gemäss eingereichter Jahresabrechnung angerechnet.<sup><a title="" href="#_ftn32" name="_ftnref32">32</a></sup> </p>
<p>Ein Wechsel zur jährlichen Abrechnung mittels Raten ist jeweils auf den Beginn einer Steuerperiode möglich.<sup><a title="" href="#_ftn33" name="_ftnref33">33</a></sup> Steuerpflichtige, die bereits mit dem voraussichtlichen Inkrafttreten des revMWSTG am 1. Januar 2025 jährlich abrechnen möchten, haben dies bei der ESTV bis zum 1. März 2025 zu beantragen.</p>
<h4>1.5.2 Verzicht auf Steuerstellvertreter</h4>
<p>Ausländische Unternehmen, die sich im Inland für Mehrwertsteuerzwecke registrieren möchten, haben bisher einen Steuerstellvertreter zu bestellen. Die Pflichten des Steuerstellvertreters sind rein administrativer Art. Er nimmt die Korrespondenz der Steuerverwaltungen entgegen und leitet diese dem Steuerpflichtigen weiter. Besondere Relevanz hat dies bei der Zustellung von amtlichen Schriftstücken, namentlich Verfügungen, welche grundsätzlich im Inland zu erfolgen hat, da dies im Ausland ausschliesslich der territorial zuständigen Behörde zusteht.</p>
<p>Die ESTV kann inskünftig auf die Bestimmung eines Steuervertreters verzichten, sofern die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug des Mehrwertsteuergesetzes auf andere Weise gewährleistet sind.<sup><a title="" href="#_ftn34" name="_ftnref34">34</a></sup> Damit sollen für ausländische Unternehmen die Hürden für eine Mehrwertsteuerregistrierung im Inland weiter gesenkt und die Gleichbehandlung mit inländischen Unternehmen sichergestellt werden. </p>
<p>Bisher sieht nur das Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit Frankreich die Möglichkeit einer direkten postalischen Zustellung von amtlichen Schriftstücken und Dokumenten betreffend die Eintreibung von Steuern ins Ausland vor.<sup><a title="" href="#_ftn35" name="_ftnref35">35</a></sup> Die praktische Relevanz dieser Erleichterung bleibt daher abzuwarten.</p>
<h3>1.6 Inkrafttreten</h3>
<p>Das im Rahmen der Teilrevision der Mehrwertsteuer geänderte Gesetz unterlag dem fakultativen Referendum. Nachdem die Referendumsfrist am 5. Oktober 2023 unbenutzt verstrichen ist, sollen das revMWSTG wie auch die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung, deren Entwurf sich noch bis zum 8. Februar 2024 in der Vernehmlassung befindet, am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Im Verlauf des Jahres 2024 sollen dann auch die neuen Praxisbestimmungen der ESTV folgen. Insbesondere zur Umsetzung der neuen Regelungen zur Besteuerung von Versandhandelsplattformen wird den Steuerpflichtigen somit nicht viel Zeit bleiben, sollte der Bundesrat am Inkrafttreten per 1. Januar 2025 festhalten.</p>
<p>Aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein bilden die Gebiete beider Staaten ein gemeinsames «Mehrwertsteuerinland». Liechtenstein hat sich dabei verpflichtet, das materielle Schweizer Mehrwertsteuerrecht zu übernehmen. Die Änderungen des Schweizer Mehrwertsteuergesetzes im Rahmen der Teilrevision sind daher auch in das liechtensteinische Mehrwertsteuergesetz zu übernehmen. Ein Entwurf von diesem liegt bis anhin noch nicht vor.</p>
<h2>2. Aktuelle Entwicklungen</h2>
<h3>2.1 Erhöhung der Steuersätze</h3>
<p>Bereits am 1. Januar 2024 wurden die Mehrwertsteuersätze wie folgt erhöht:</p>
<p><img src="https://images.ctfassets.net/bgpaxzxi3eyz/7jDxyAzavvP89AOdVHM6gP/4c0628da1da0b16092e14ecc4fc812e8/2024_Grafik_A2.png" alt="Die neuen Sätze der Mehrwertsteuer (MWST) ab 1. Januar 2024. Eine Tabelle aus dem Artikel von Thomas Patt und Martin A. Meyer." width="900" height="171" /></p>
<p>Die Steuersatzerhöhung hat auch Auswirkungen auf die Saldosteuer- und Pauschalsteuersätze, welche der Homepage der ESTV entnommen werden können.<sup><a title="" href="#_ftn36" name="_ftnref36">36</a></sup></p>
<p>Massgebend für den anzuwendenden Steuersatz sind weder das Datum der Rechnungsstellung noch der Zahlung, sondern der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Bei periodischen Leistungen (z.B. Abonnement) ist der Zeitraum der Leistungserbringung entscheidend.</p>
<p>Bis zum 31. Dezember 2023 erbrachte Leistungen unterliegen den bisherigen Steuersätzen, ab dem 1. Januar 2024 erbrachte Leistungen den neuen Steuersätzen. Werden Leistungen, die aufgrund des Zeitraumes ihrer Erbringung sowohl den bisherigen als auch den neuen Steuersätzen unterliegen, auf derselben Rechnung aufgeführt, sind das Datum oder der Zeitraum der Leistungserbringung und der jeweils darauf entfallende Betragsanteil getrennt auszuweisen. Andernfalls sind die gesamten fakturierten Leistungen mit den neuen Steuersätzen abzurechnen.</p>
<p>Bei Leistungen, welche der Bezugsteuer nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_45" target="_blank" rel="noopener">Art. 45 MWSTG</a> unterliegen, ist einzig der Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) des Leistungsbezugs massgebend dafür, welcher Steuersatz anzuwenden ist. Das Datum der Zahlung oder Rechnung ist nicht massgebend für den anwendbaren Steuersatz, jedoch für die Bestimmung der Entstehung der Bezugsteuerschuld.</p>
<p>Werden Leistungen, die aufgrund des Zeitraumes ihrer Erbringung (bzw. des Zeitraumes ihres Bezugs) sowohl den bisherigen als auch den neuen Steuersätzen unterliegen, auf derselben Rechnung aufgeführt, sind das Datum oder der Zeitraum der Leistungserbringung und der jeweils darauf entfallende Betragsanteil getrennt auszuweisen.</p>
<p>Weitere Informationen zur korrekten Umsetzung der Steuersatzerhöhung können der <a href="https://www.gate.estv.admin.ch/mwst-webpublikationen/public/pages/taxInfos/tableOfContent.xhtml?publicationId=1003601" target="_blank" rel="noopener">MWST-Info 19 «Steuersatzerhöhung per 1. Januar 2024»</a> entnommen werden.</p>
<h3>2.2 Verzugs- und Vergütungszins</h3>
<p>Das Eidgenössische Finanzdepartement hat die Vergütungs- und Verzugszinsen für Bundessteuern und -abgaben an das gestiegene Zinsniveau angepasst. Am 1. Januar 2024 wurde im Bereich der Mehrwertsteuer sowohl der Verzugszins als auch der Vergütungszins von 4.0% auf 4.75% angehoben.</p>
<h3>2.3 Vermittlung im Finanzbereich</h3>
<p>Im Bereich der von der Steuer ausgenommenen Vermittlung von Finanzdienstleistungen nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_21" target="_blank" rel="noopener">Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 MWSTG</a> sind die bestehenden Unklarheiten, insbesondere betreffend das Eigeninteresse des Vermittlers, auch durch zwei neue Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts («BVGer») nicht beseitigt worden.</p>
<p>In einem Entscheid hat das BVGer<sup><a title="" href="#_ftn37" name="_ftnref37">37</a></sup> festgehalten, dass die namentliche Erwähnung der Ablieferungspflicht nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/27/317_321_377/de#art_400" target="_blank" rel="noopener">Art. 400 Abs. 1 OR</a> als Vorliegen eines Eigeninteresses in Ziff. 5.10.1 der MWST-Branchen-Info 14 keine abschliessende Aufzählung darstellt. In seinem Entscheid hat das BVGer sich leider nicht weiter damit auseinandersetzen müssen. Es hat jedoch zumindest angemerkt, dass im vorliegenden Fall offenbleiben kann, ob sich diese Ablieferungspflicht als geeignetes Kriterium zur Abgrenzung des Eigeninteresses im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_21" target="_blank" rel="noopener">Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 MWSTG</a> erweist. Die Ablieferungspflicht als Abgrenzungskriterium wird in der Praxis vielfach kritisiert. In seinem Entscheid ist das BVGer erstmals der Konkretisierung des Eigeninteresses im Sinne des mehrwertsteuerlichen Vermittlungsbegriffs am Inhalt des Vertrags durch das Bundesgericht («BGer»)<sup><a title="" href="#_ftn38" name="_ftnref38">38</a></sup> in einem Urteil zur Stempelabgabe gefolgt. Darin hatte das BGer im Sinne eines obiter dictums festgehalten, dass die Frage, welches (Eigen-) Interesse der vermeintliche Vermittler am Geschäft habe, ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt sei. Das Urteil des BVGer wurde nicht weitergezogen und ist rechtskräftig. </p>
<p>In einem weiteren Fall<sup><a title="" href="#_ftn39" name="_ftnref39">39</a></sup> musste sich das BVGer mit der Frage auseinandersetzen, ob ein ausgenommener Vermittlungsumsatz eines ebenfalls ausgenommenen Grundumsatzes im Finanzbereich bedarf. Konkret ging es um die steuerliche Behandlung einer Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegebenen Aktien, welche ein Nicht-Entgelt nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_18" target="_blank" rel="noopener">Art. 18 Abs. 2 lit. e MWSTG</a> darstellt. Entsprechend seiner Auslegung kam das BVGer zum Schluss, dass eine Vermittlungsleistung nur dann von der Steuer ausgenommen sein kann, wenn ein von der Steuer ausgenommener Umsatz von Wertpapieren, Wertrechten und Derivaten sowie von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen vermittelt wird. Damit verhält sich eine Vermittlungsleistung im Sinne von <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_21" target="_blank" rel="noopener">Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG</a> akzessorisch zum vermittelten Grundgeschäft und teilt somit dessen mehrwertsteuerliches Schicksal. Dieser Entscheid ist nicht rechtskräftig und wurde an das BGer weitergezogen.</p>
<h3>2.4 Domizilgesellschaften</h3>
<p>Am 20. Juni 2023 hat die ESTV einen Entwurf zur Anpassung ihrer Verwaltungspraxis betreffend die Besteuerung von Domizilgesellschaften veröffentlicht.</p>
<p>Die vorgesehene neue Definition einer Domizilgesellschaft deutet auf eine Begriffsausweitung hin. Neu soll unter einer (in- oder ausländischen) Domizilgesellschaft für die Belange der Mehrwertsteuer eine Gesellschaft verstanden werden, welche lediglich einen statutarischen Sitz aufweist, mithin nicht über substanziell ausreichend Infrastruktur verfügt, also auch nicht über genügend und hinreichend qualifiziertes Personal, und vor Ort keine eigentliche Geschäftstätigkeit ausübt. Nicht als Geschäftstätigkeit im hiervor beschriebenen Sinn gilt namentlich das Erwerben, Halten und Veräussern von Beteiligungen und Wertschriften, sofern die Beteiligungen resp. Wertschriften lediglich der Verwahrung des Vermögens des wirtschaftlich Berechtigten dienen und die Domizilgesellschaft somit nicht am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Die Rechtsform der zur Beurteilung stehenden Gesellschaft ist unerheblich. Mit der expliziten Nennung des Erwerbens, Haltens und Veräusserns von Beteiligungen scheinen insbesondere Holdinggesellschaften neu in den Fokus der ESTV zu rücken.</p>
<p>Zudem scheint die ESTV ihre Praxis zur Besteuerung von empfängerortsbesteuerten Dienstleistungen an ausländische Domizilgesellschaften zu verschärfen. Im Praxisentwurf wird festgehalten wird, dass der Nachweis des ausländischen Leistungsorts als steuermindernde Tatsache den steuerpflichtigen Leistungserbringern obliegt. Bisher hatten insbesondere Banken und sonstige Finanzintermediäre ihre empfängerortsbesteuerten Leistungen an ausländische Domizilgesellschaften zu versteuern, sofern sie aufgrund der Informationen, welche sie nach ihren Standesregelungen und Sorgfaltspflichten zu den wirtschaftlichen Berechtigten einzuholen haben, nicht eine mehrheitlich ausländische Beherrschung nachweisen konnten. Nun mehr scheint die ESTV diesen Nachweis von jedem steuerpflichtigen Leistungserbringer zu fordern, damit dieser seine Leistung an eine ausländische Domizilgesellschaft ohne inländische Mehrwertsteuer abrechnen kann. </p>
<p>Auch bei den weiteren Besteuerungsfolgen würden sich Änderungen ergeben. Momentan lässt die ESTV den Gegenbeweis im Fall eines Durchgriffs zu. Dies bedeutet, dass im Fall einer ausländischen Domizilgesellschaft der Nachweis möglich ist, dass diese durch eine inländische passive Investmentgesellschaft gehalten wird, deren Mehrheit der Beteiligungsrechte durch Personen mit Geschäfts- oder Wohnsitz im Ausland gehalten werden. Der Ort der Leistung von Dienstleistungen nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_8" target="_blank" rel="noopener">Art. 8 Abs. 1 MWSTG</a>, welche durch einen inländischen Leistungserbringer an die ausländische Domizilgesellschaft erbracht wurden, befindet sich dann im Ausland und wird folglich im Inland nicht besteuert.</p>
<p>Gemäss Änderung von Beispiel 3 im Praxisentwurf beabsichtigt die ESTV den Gegenbeweis inskünftig nicht mehr zuzulassen und eine Besteuerung von Dienstleistungen nach <a href="https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_8" target="_blank" rel="noopener">Art. 8 Abs. 1 MWSTG</a> vorzunehmen, die von inländischen Leistungserbringern an eine ausländische Domizilgesellschaft erbracht werden, welche mehrheitlich von einer inländischen passiven Domizilgesellschaft gehalten wird. </p>
<p>Die Publikation der definitiven neuen Praxis zu Domizilgesellschaften steht noch aus, nachdem die Frist zur Stellungnahme zum Praxisentwurf bereits am 31. Juli 2023 abgelaufen ist. Betroffene Steuerpflichtige sollten die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich eng verfolgen.</p>
<h2>3. Fazit und Ausblick</h2>
<p>Mit der Mehrwertsteuer werden wirtschaftliche Vorgänge besteuert. Da sich die Wirtschaft, die Geschäftsmodelle und auch Arten des Konsums durch die Verbraucher in einem steten Wandel befinden, ist der Gesetzgeber in immer kürzeren Abständen gezwungen, auch das Mehrwertsteuergesetz zu reformieren. Die nächste Anpassung scheint sich mit der Aufnahme der elektronischen Dienstleistungen in die Plattformbesteuerung bereits am Horizont abzuzeichnen.</p>
<p>Da es sich bei der Mehrwertsteuer um eine Selbstdeklarationssteuer handelt, ist es die Pflicht und Aufgabe der Steuerpflichtigen herauszufinden, von welchen Änderungen sie betroffen sind, und sicherzustellen, dass sie auch zukünftig die Steuer gegenüber der ESTV wie auch der liechtensteinischen Steuerverwaltung korrekt abrechnen.</p>
<p>Die Einführung von neuen Steuerausnahmen und insbesondere die neue Besteuerung von Versandhandelsplattformen erfordern zum Teil erhebliche Anpassungen in den ERP-Systemen sowie Prozessen der Kreditoren- und Debitorenabteilungen. Diese erfordern sorgfältige Planung sowie entsprechende Vorlaufzeiten und sollten daher zeitnah in Angriff genommen werden. </p>
<p>Die Umsetzung der Steuersatzerhöhung musste hingegen schon vor dem Jahresende erfolgen, da Kreditoren- wie auch Debitorenrechnungen zum Teil Leistungsperioden umfassten, die bereits bis in das Jahr 2024 reichten.</p></article>
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